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LIMBURG, 07.03.2016

Barmherzigkeit stört

Vierte Fastenpredigt mit Vinciane Gräfin von Westphalen.

"Die Selbstsicherheit der guten Katholiken muss in der Garderobe bleiben, sonst ist keine Begegnung möglich. Wenn wir wirklich barmherzig sein wollen, stört das immer unser bequemes Leben." Vinciane Gräfin von Westphalen, Predigerin der vierten Fastenpredigt im Dom zu Limburg, hat klare Vorstellungen, wie Barmherzigkeit gelebt werden muss. Ihr Standpunkt ist geprägt von ihrer Arbeit als früherer Ortsbeauftragten der Frankfurter Malteser und Vizepräsidentin des Malteser Hilfsdienstes Deutschland: Barmherzigkeit ist für sie nicht nur Wort, sondern immer auch Tat.

Ein Wort aus der Mottenkiste

Es sei kein rein theologisches Thema, sondern ein Auftrag an jeden von uns. "Gerade weil die Theologie noch lange brauchen wird, um uns wirklich zusammen zu bringen, benötigen wir andere Momente und Dinge, die uns unsere Gemeinsamkeit immer wieder erfahrbar machen. Barmherzigkeit geht uns alle an. Über Religionsgrenzen hinweg brauchen wir wieder Erfahrungen, die uns gemeinsam berühren und bewegen", sagte sie. "Der Papst holt dieses Wort Barmherzigkeit plötzlich aus der Mottenkiste. Er lädt uns nicht ein auf eine sprachliche Reise, sondern er will uns berühren und verändern."

Die eigene Sicherheitszone verlassen

Die Veränderung sieht Gräfin von Westphalen im Blickwinkel auf den Anderen. Barmherzigkeit fordere die Begegnung auf Augenhöhe. Das Fundament dafür sei der tiefe Respekt für mein Gegenüber. Hilfe dürfe nicht als Mitleidshandlung verstanden werden. "Ein ganz wichtiger Aspekt ist, die eigene Sicherheitszone zu verlassen und ganz auf den anderen einzugehen. Es hat etwas von sich Hingeben." Es sei nicht wichtig, etwas für jemanden zu machen, sondern mit ihm.

Die Achsen der Barmherzigkeit

Für Gräfin von Westphalen kommt zur horizontalen Begegnung zwischen Mensch und Mensch auch die vertikale Dimension zu Gott hinzu. Sie verstehe darunter das Geschenk, das Gott uns mache, um die Herausforderung, die uns gestellt würden, annehmen und umsetzen zu können. Auf einem Gemälde von Caravaggio seien diese Achsen zwischen Gott und dem Menschen und die gezeigten sieben Werke der Barmherzigkeit in die sehr enge Kulisse einer Gosse gemalt. Die Szene besitze eine überwältigende Dramatik, Bewegung und Kraft, so die Gräfin. Man habe das Gefühl, dass in diesem Bild alles in einem Grenzbereich stattfinden würde. So sei es eben auch mit der Barmherzigkeit: "Sie ist nicht ein intellektueller Prozess. Sie ist immer wieder eine neue Herausforderung. Barmherzigkeit ist lieben und Mission." Aus dem Gleichnis des barmherzigen Samariters heraus ergebe sich der klare Auftrag an uns: So gehe hin und tue des gleichen! (ts)

Den Audio-Mitschnitt und den Text der Fastenpredigt von Vinciane Gräfin von Westphalen finden Sie weiter unten.

In der fünften und letzten Fastenpredigt hören Sie am 13. März um 17.00 Uhr Provinzoberin Sr. Helga Weidemann SAC aus Limburg zum Thema "Maria, Mutter der Barmherzigkeit." Die Liturgie feiert Domdekan Dr. Günther Geis.

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