Für wen sind wir da?
Digitalisierung, Landwirtschaft und Pflege in den Bezirken Westerwald und Rhein-Lahn: Um diese drei großen Themen ging es am Donnerstag, 10. September, beim „Forum Arbeit“ in Wirges. Bei der Veranstaltung im Sinne der Kirchenentwicklung stand die Frage, wie Kirche für die Menschen da sein kann, im Mittelpunkt. Dazu gaben Experten aus den drei Bereichen Digitalisierung, Landwirtschaft und Pflege Statements ab, die anschließend in Tischgruppen besprochen wurden. Dr. Thomas Wagner von der Katholischen Akademie Rabanus Maurus in Frankfurt hat als Mitglied des Sozialpolitischen Arbeitskreises teilgenommen. Im Interview erzählt er, was die Menschen im Westerwald aktuell beschäftigt, was sie sich von der Kirche wünschen und was ihn persönlich überrascht hat.
Welche Erkenntnisse ergaben sich beim „Forum Arbeit“?
Im Gegensatz zu beispielsweise den 80er Jahren, wo das Thema Arbeitslosigkeit überwiegend vorherrschend war, gibt es aktuell nicht „das eine Thema“. Stattdessen beschäftigen die Menschen im Westerwald viele Themen. Zum einen ist der Westerwald ja vorwiegend ländlich geprägt, deshalb spielt Mobilität eine wichtige Rolle. Es hat sich aber auch gezeigt, dass ein großer Veränderungsdruck besteht, denn die Digitalisierung wird zunehmend wichtiger. Für die Landwirtschaft und die Pflege ist das zwar eine große Chance, aber auch eine genauso große Herausforderung. Und nicht zuletzt ist auch der Klimawandel, insbesondere für die Landwirtschaft, von großer Bedeutung: Wir haben zunehmend heißere und trockenere Sommer. Der Wasserspiegel sinkt und die Landwirte müssen viel mehr bewässern. Gleichzeitig schrumpfen die Erträge. Im Bereich der Pflege hat aktuell die Coronakrise zu schwierigen Situationen für pflegebedürftige Menschen und zu immensen Belastungen des Pflegepersonals geführt.
Wo wird Kirche in diesen Bereichen gebraucht?
Die anwesenden Pflegefachkräfte, Landwirte und IT-Coaches sehen Kirche in der Aufgabe, am zerbröselnden gesellschaftlichen Zusammenhalt zu arbeiten. Beispielsweise ist es wichtig, dass Pflegebedürftige nicht alleine gelassen werden. Und im Bereich der Landwirtschaft ist es so, dass die meisten der 400 Bauern im Westerwaldkreis oft außerhalb der Dörfer leben. Daher sind sie auch nicht so sehr in das dörfliche Leben integriert. Oftmals kommen die Landwirte aus Zeitgründen nicht in die Kirche und haben das Empfinden, dass die Kirche sich nicht mehr für sie interessiert. Hier besteht der Wunsch, dass Kirche diese Menschen wieder mehr wahrnimmt.
Wie kann sich Kirche zukünftig in diesen Bereichen einsetzen?
Zum Beispiel indem die Nöte der Pflegebedürftigen noch mehr Gehör in der Seelsorge finden. Das ist auch ein Wunsch von unserem Bischof Georg Bätzing, der ebenfalls bei der Veranstaltung anwesend war. Daneben sollen Arbeitnehmer und Unternehmer, die von besonders starken Veränderungen in ihrem Arbeitsfeld betroffen sind, wie das zum Beispiel in der Landwirtschaft der Fall ist, mehr Anerkennung und Wertschätzung erfahren. Nicht zuletzt spielt dabei auch die Digitalisierung eine wichtige Rolle, denn es besteht der Wunsch nach mehr digitalen Angeboten der Kirche.
Gab es für Sie Überraschendes?
Obwohl die eingeladenen Experten sich nicht aktiv in der Kirche engagieren, ist ihnen Kirche keineswegs egal. Für sie ist es wichtig, dass Kirche als Sinnstifter und caritativer Akteur in den rasanten Umbrüchen unserer Tage da ist. Und ich denke, die Experten waren beeindruckt, dass die Kirche sich wirklich für ihre Nöte interessiert.
Mit dem „Forum Arbeit“ führt Bischof Dr. Georg Bätzing regelmäßig ein Treffen durch, bei dem er sich über neue Entwicklungen im Feld der (Erwerbs-)Arbeit informiert. Diese Foren werden vom Sozialpolitischen Arbeitskreis des Bischofs gestaltet. Weitere Informationen gibt es unter www.sozialpolitik.bistumlimburg.de.