WIESBADEN, 18.10.2019
Klimaschutz geht durch den Magen
Knöterich ist der bessere Rharbarber, weggeworfenes Plastik kann zur Währung werden, der Energieberater macht auch Hausbesuche und bei der Ortsgruppe vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) gibt es sogar eine Kindergruppe: Geballte Informationen rund um den Umweltschutz gab es bei der ersten Klimabörse im Roncalli-Haus am Donnerstag, 17. Oktober. Interessant und anschaulich stellten Akteure aus der Region praxiserprobte, gut umsetzbare und originelle Projekte und Handlungsempfehlungen vor. An 14 Ständen ließen sich vom Nachmittag bis in den Abend hinein rund 120 Besucher informieren und beraten und erlebten dabei hautnah, „dass Umweltschutz schmeckt und Spaß macht“, wie Theresa Weinert, Referentin der Katholischen Erwachsenenbildung, in ihrer Begrüßung einladend sagte.
Wie schmackhaft der Schutz des Klimas sein kann, bewies Peter Becker überzeugend mit Springkraut-Marmelade, Knöterich Mais Streuselkuchen und Eichel-Cookies. Der Koch und Gesundheitsberater ist mit seiner Wildkräuter-Werkstatt buchstäblich „mit Messer und Gabel“ unterwegs, um auf große regionale Ressourcen aufmerksam zu machen. Er kreiert Nachhaltigkeitsmenüs und veranstaltet rund um sein Anliegen Seminare, Workshops und Exkursionen. Ebenfalls um das Essen – aber nicht nur – geht es bei „Vegan in Wiesbaden“, das mit einer munteren Truppe vertreten war. Jeden dritten Dienstag im Monat steht im veganen Restaurant fair.liebt ein Gedankenaustausch zur veganen Lebensweise auf dem Programm.
Ein Rosenkranz aus Fischernetzen
Während Winfried Montz, Leiter der Abteilung Weltkirche, über Ausgleichszahlungen an die gemeinnützige Klima-Kollekte informierte - zum großen Interesse vor allem der kirchlichen Mitarbeiter unter den Besuchern - , ging es gleich am Stand nebenan auf ganz andere Weise um Einzahlungen. In Entwicklungsregionen sammeln Menschen weggeworfenes Plastik ein, um es bei der Plastic Bank, einem 2013 gegründeten Sozialunternehmen, einzutauschen. Das abgegebene Plastik wiederum wird recycelt. Dr. Peter Nitschke hatte zur Anschauung nicht nur Produkte von deutschen Unternehmen mitgebracht, die mit der Plastic Bank kooperieren, sondern auch einen Rosenkranz, der aus auf den Philippinen weggeworfenen Fischernetzen entstanden ist. Nitschke hat dort gerade eine Filiale der Plastic Bank aufgebaut und die Zusammenarbeit mit der Kirche intensiviert, die künftig Räumlichkeiten für das gesammelte Plastik zur Verfügung stellt.
Energieberatung und Fördergelder
Wer wiederum hierzulande die Kosten für Strom und Wärme spürbar senken, vielleicht sein Haus sanieren oder auf moderne Heiztechnik umstellen will, kann sich auf der Suche nach Unterstützung an die Klimaschutzagentur Wiesbaden wenden. Geschäftsführer Rigobert Zimpfer und Tanja Plies warteten unter anderem mit einem übersichtlichen Flyer auf, der im Dschungel der Zuschüsse und Darlehen die dringliche Frage „Wer fördert was?“ verbrauchernah beantwortet. In Kooperation mit der Verbraucherberatung wird außerdem zum Beispiel ein kostenloser Basis-Check Zuhause angeboten.
Austausch und Vernetzung
Über die Fülle an "best practise"-Beispielen zeigte sich Thorsten Schreiner vom Vorstand von Rhein.Main.Fair angetan. Er lobte den "Zugewinn an Erkenntnissen" ebenso wie die Möglichkeit zum Austausch und zur Vernetzung. Die Chance der Präsentation nutzte auch der erst im Dezember vergangenen Jahres konstituierte Klimaschutzbeirat. Dessen Aufgabe sei es, erläuterte der Vorsitzende Dirk Vielmeyer, Einfluss auf Politik und Verwaltung zu nehmen, zu beraten und zu kontrollieren, inwieweit Umweltschutzmaßnahmen umgesetzt werden.
Alle Aktionen und Initiativen in der Landeshauptstadt rund um das Thema will die neue Website des Umweltamtes Wiesbaden unter https://proklima-wiesbaden.de abbilden. Das Klima-Team warb auch im Roncalli-Haus für das Mitmachen und Teilen in den sozialen Netzwerken mit eigens gestalteten T-Shirts - natürlich aus Bio-Baumwolle und fair und klimaneutral produziert. Klimaschutzmanagerin Laura Gouverneur zeigte sich in ihrem Grußwort von der Aktion der katholischen Kirche in Wiesbaden „begeistert und ermutigt": Positiv stimme sie vor allem die große Selbstverständlichkeit, mit der hier das Handeln in den Mittelpunkt gestellt werde. Mit der Klimabörse hat eine einjährige Projektphase begonnen, in der möglichst viele langfristige Klimaschutzprojekte in den Einrichtungen und Gemeinden der Katholischen Kirche Wiesbaden umgesetzt werden sollen. Dass dafür weitere Unterstützung willkommen ist, machte Theresa Weinert in einem Appell an die Besucher deutlich: "Wir freuen uns über Eure Ideen", sagte sie.
Katholische Kirche hat Klima-AG gegründet
Die Klima-Börse ist die erste Veranstaltung der Klima-AG, zu der sich die Katholische Erwachsenenbildung Wiesbaden-Untertaunus und Rheingau, die die AG initiiert hat und koordiniert, das katholische Stadtbüro, die drei Pfarreien (St. Bonifatius, St. Birgid, St. Peter und Paul), das Amt für katholische Religionspädagogik Wiesbaden-Rheingau-Untertaunus, die Katholische Familienbildungsstätte Wiesbaden und die Jugendkirche Kana zusammengeschlossen haben.
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