Ein legendärer Festtag im Bistum


„Der Verlobte Tag in Flörsheim ist legendär im Bistum Limburg“: Die Besonderheit dieses kirchlichen Feiertages, die Weihbischof Thomas Löhr am Morgen im Festgottesdienst hervorhebt, ist an diesem letzten Montag im August, an dem sich das Gelöbnis zum 353. Mal jährt, überall in der Stadt zu spüren. An einem ganz normalen Werktag gehen hier die Uhren anders, das wird nicht nur in der bis auf den letzten Platz besetzten St. Gallus-Kirche deutlich, sondern vor allem auch bei der anschließenden Prozession. Hunderte folgen der Monstranz durch die liebevoll geschmückten Straßen der Altstadt, durch die die Klänge des titelgebenden Kirchenliedes schallen: "Da wohnt ein Sehnen tief in uns." Anwohner haben Blumen vor die Häuser und in die Hofeinfahrten gestellt. Rote Gladiolen, Sonnenblumen, ein großer Oleanderbusch. Auf kleinen, weiß gedeckten Tischen stehen Muttergottes-Statuen, Kreuze, ein kleiner Engel mit einer Kerze in der Hand.


Wie immer sind auch viele ehemalige Pfarrer von Flörsheim im langen Zug mit dabei, genauso wie Vertreter der evangelischen Kirche und Stadtpolitker, aktuelle – darunter Bürgermeister Dr. Bernd Blisch - und ehemalige. Unter den vielen Fahnen, die den Weg markieren, weht auch das Stadtwappen auf blauem Grund und weist daraufhin, dass hier ein Fest von all denjenigen gefeiert wird, „denen etwas an Flörsheim liegt“, wie es der Weihbischof in der Kirche formuliert. Auch für Pfarrer Franz Lomberg, dem derzeitigen Pfarrverwalter der Pfarrei St. Gallus, ist es „beeindruckend und bewegend“ zu sehen, so sagt er in seiner Begrüßung, dass das in der Pestzeit gegebene Versprechen von Generation zu Generation eingehalten werde. Großes Glück haben die Flörsheimer und alle Gäste von nah und fern an diesem Tag wie immer mit der musikalischen Gestaltung. Unter der Leitung von Diözesankirchenmusikdirektor Andreas Großmann unterstreichen die Flörsheimer Kantorei und Manuel Braun an der Orgel perfekt den festlichen Charakter des Tages.

Aus Isolation und Polemik herausfinden
Dass hier „die Hütte brennt“ könnte man an diesem Tag höchstens im positiven Sinne feststellen. Der Satz, wie ihn der Weihbischof in seiner Predigt zitiert, ist aber anders gemeint, bezieht sich auf die Situation der Kirche und Kirchen. Die einen forderten tiefgreifende Neuerungen, die anderen warnten genau davor, sagt er. Es sei gut, dass sich der synodale Weg der Bischofskonferenz zusammen mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken der Frage nach der Stellung der Frauen in der Kirche, vor allem des Weihamtes, stellten. In der Vorbereitung des dritten Ökumenischen Kirchentages 2021 sei die gemeinsame Eucharistiefeier das drängendste Anliegen. Was ihn mit Sorge erfülle, seien nicht die gegensätzlichen Argumente der Menschen zu diesen Themen, sondern „das sie nicht mehr miteinander reden“. Immer öfter begegne er Gruppen, die nur noch unter Gleichgesinnten diskutierten, beklagt der Weihbischof, der die Anwesenden ermahnt, auf Jesus zu schauen, um mit seiner Hilfe aus Isolation und Polemik herauszufinden.

„Ohne Gott geht es nicht“, betont er. Die Flörsheimer des Jahres 1666 hätten das gewusst, hätten um Hilfe gerufen und Dank gesagt. „Sie haben ein Gelöbnis getan, das nicht Gott bindet, sondern uns“, sagt der Weihbischof und macht zum Schluß den Flörsheimern ein großes Kompliment: „Die Freude und Begeisterung, mit der Sie diesen Tag begehen, beweist Ihre Treue. Sie haben verstanden!“