Frauen sichtbar machen
In Berlin ist er sogar gesetzlicher Feiertag und weltweit begeht man den Internationalen Frauentag bereits seit 1911. Immer am 8. März sollen die Rechte der einen Hälfte der Weltbevölkerung besonders in den Fokus rücken.
Unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie leiden Frauen in besonderem Maß. Drei Viertel der hierzulande in Sozial- und Pflegeberufen beschäftigten Arbeitnehmer sind Frauen. Zugleich lastet meist ein Großteil der häuslichen Arbeit auf weiblichen Schultern.
Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) will in Limburg die Bedürfnisse von Frauen sichtbar machen. Susanne Winnekens-Udovic und Birgit Köberle von der kfd im Interview – die Fragen stellte Annette Krumpholz von der Katholischen Erwachsenenbildung im Bistum Limburg (KEB):
Am 8. März ist Weltfrauentag – brauchen wir den überhaupt noch?
Susanne Winnekens-Udovic: Der Weltfrauentag dient zur Sichtbarmachung von Missständen. Ich denke schon, dass es immer noch Benachteiligung gibt, gerade von Frauen, die keine Stimme, keine Lobby haben. Es ist ein Tag im Jahr, an dem auf solche Missstände hingewiesen wird: bei unserer Aktion sind es wohnungslose Frauen und auch jene Frauen, die in anderen Gesellschaften benachteiligt werden und die durch den Kauf Fair-Trade-Produkte unterstützt werden sollen.
Das Einstehen für Frauen ist grundsätzlich immer noch notwendig. Das Hinweisen auf Missstände trägt auch dazu bei, dass genauer hingeschaut wird, z.B. auf Stellenanzeigen: Wo die eierlegende Wollmilchsau gesucht wird, werden sich höchstwahrscheinlich keine Frauen bewerben. Im Gegenzug muss man die Qualifikationen von Frauen sichtbar machen und Mädchen/ Frauen darin bestärken, eigene Qualifikationen zu „bewerben“. Dies könnte auch ein Thema für den Weltfrauentag sein.
Welche Aktion plant die kfd in Limburg?
Birgit Köberle: Wir wollen insbesondere wohnsitzlose Frauen in den Blick rücken. Sie haben meist einen spezifischen Hilfebedarf, leiden unter multiplen Erkrankungen und Problemlagen und haben in ihrer Biografie häufig Gewalterfahrungen machen müssen. Wir wollen da nicht mit bloßen Geldspenden helfen, sondern auch der Hilfe ein Gesicht geben. Daher packen wir für den 8. März Geschenktüten für wohnsitzlose Frauen in und um Limburg. Jede Tüte im Wert von rund 25 Euro ist vollgepackt mit einer FFP-2 Maske, einem lieben Kartengruß und köstlichen Leckereien für ein Frühstück. Alle Produkte kommen aus dem „Weltladen Limburg“ und sind fair gehandelt. Damit unterstützen wir auch die Frauen in den Herkunftsländern der Produkte und können durch den Kauf die Lebensbedingungen dort vor Ort verbessern.
Wie kommen die Geschenktüten an die Adressatinnen?
Birgit Köberle: Wir arbeiten eng mit der zuständigen Sozialarbeiterin bei der Wohnungslosenhilfe der Caritas, Frau Lea Jarnicki, zusammen. Ihr übergeben wir die Geschenktüten und sie verteilt sie dann an 26 Frauen in und um Limburg, auch in der Wohnsitzlosen-Unterkunft in der Limburger Altstadt.
In diesem Jahr folgt direkt am 10. März ein weiterer Gedenktag für Geschlechtergerechtigkeit: der Equal Pay Day. Er bezeichnet den Tag im Jahr, bis zu dem Frauen im Vergleich zu Männern hierzulande in gleichen Positionen unentgeltlich arbeiten, während Männer schon seit dem 1. Januar für ihre Arbeit bezahlt werden.
Diese Gehaltslücke ist eine Seite der Medaille – gibt es auch sozusagen „leise“ Gefahren, die damit einhergehen?
Susanne Winnekens-Udovic: Die Höhe der Rente ist abhängig von der Länge des Arbeitslebens, aber natürlich auch von der Höhe des Verdiensts. Deshalb führt ein geringerer Verdienst natürlich auch zu einer geringeren Rente im Alter. Dies ist nicht nur ein Problem für die einzelne, davon betroffene Frau, sondern auch für uns als Gesellschaft. Frauen sind viel öfter von Altersarmut betroffen und bedürfen oft der Unterstützung durch die Gesellschaft. Gleiches gilt auch für andere Beschäftigungsverhältnisse meist von Frauen: Teilzeitmodelle und Minijobverträge. Auch diese führen zu einer erhöhten Armut im Alter. Eigene Vorsorge zu betreiben ist unter diesen Verdienstverhältnissen schwierig. Aber selbst wenn man diese strukturbedingten Unterschiede herausrechnet, beträgt die Lücke zwischen Frauen und Männern immer noch sechs Prozent.
Dieses Problem wird sicher in Zukunft nicht nur ein Problem für Frauen sein. Auch Männer werden aufgrund ihrer Erwerbszeitbiographien (Generation „Praktikum“) von Armut im Alter betroffen sein. Nicht nur deshalb geht dieser Zustand die ganze Gesellschaft etwas an.
Zusätzlich muss die Gesellschaft sich überlegen, ob in Zukunft nicht andere Teilzeitmodelle greifen sollten, die auch eine gerechtere Verteilung und Aufwertung der Sorgearbeit zur Folge hätten. Hier ergeben sich meiner Ansicht nach Chancen für Frauen und Männer für gemeinsames Familienmanagement.
Am Mittwoch, 10. März, von 19 bis 21 Uhr gibt es zum Equal Pay Day eine Online-Gesprächsrunde. Die Referentin Annamaria Stahl stellt die Frage „Wo bleibt der gerechte Lohn für Frauen*?“. Interessierte sind herzlich eingeladen, mitzureden. Die Teilnahme ist an der Videokonfernz kostenlos. Sie benötigen dafür nur eine stabile LAN- oder WLAN-Verbindung am PC, Laptop, Tablet oder Smartphone. Anmeldung bitte bis Dienstag, 9. März, per E-Mail an kfd@ bistumlimburg .de oder telefonisch 06431 295873.
Hintergrund:
Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) ist mit rund 450.000 Mitgliedern der größte katholische Frauenverband und einer der größten Frauenverbände Deutschlands. Die KFD ist Interessenvertretung für Frauen in Kirche, Politik und Gesellschaft. Sie ist eine Gemeinschaft, die trägt und in der sich Frauen in verschiedenen Lebenssituationen wechselseitig unterstützen.
Im Bistum Limburg hat der Verband rund 3000 Mitglieder. Susanne Winnekens-Udovic ist hauptamtliche kfd-Diözesanreferentin, Birgit Köberle ist ehrenamtlich im Limburger kfd-Diözesanvorstand und Schatzmeisterin. Die kfd gehört zu den Mitgliedsverbänden der Katholischen Erwachsenenbildung im Bistum Limburg (KEB).