Gemeinsam gehen, weil nicht einfach alles so bleiben kann



Mit einer Gebetszeit hat im Bistum Limburg der weltweite Synodale Weg, den Papst Franziskus für die katholische Kirche ausgerufen hat, begonnen. Die Gebetszeit am Sonntag, 17. Oktober, stand unter dem Leitwort „Gemeinsam gehen – Gebet um den Geist der Synodalität“.
Nach den Worten von Bischof Dr. Georg Bätzing gehe es in den kommenden drei Jahren darum, Erfahrungen mit Synodalität in der Kirche zusammenzutragen und sie mit Menschen innerhalb und außerhalb der Kirche zu teilen. Es müsse überlegt werden, was es bedeute, gemeinsam zu gehen, gemeinsam zu beraten und gemeinsam zu entscheiden. „Es gibt viele Prozesse der Synodalität. Wir spüren, dass das gemeinsam Gehen viel fordert. Das aufeinander Hören fordert Aufmerksamkeit. Das miteinander Sprechen fordert Ehrlichkeit und das miteinander Entscheiden bedeutet ringen, damit es nicht Sieger und Verlierer gibt. Das braucht den Geist Gottes“, so der Limburger Bischof. Bätzing ist davon überzeugt, dass die Kirche Veränderung und Aufbruch brauche, denn es könne nicht einfach alles so bleiben wie es sei. Es brauche eine wahre Erneuerung, die über Strukturen hinweg, in die Verkündigung hineinwirke.
Sprachfähiger, mutiger und beseelter sein

Diesen nötigen Veränderungsbedarf in der Kirche formulierten auch zwei engagierte Frauen und ein engagierter junger Mann aus dem Bistum in persönlichen Statements. „Wenn ich auf meine Kirche schaue, dann spüre ich Sprachlosigkeit, Verunsicherung und nicht selten Ratlosigkeit“, sagte Hildegard Kaulen. Die Wissenschafts- und Medizinjournalistin, die in einem weitgehend profanen Umfeld, in dem Religion und Kirche wenig Platz haben, arbeitet, beklagte den fehlenden Bezug zur Lebenswirklichkeit in der kirchlichen Sprache. „Wir haben offensichtlich verlernt, beseelt zu sein. Wir finden immer seltener Worte, die Menschen wirklich in ihrem Inneren berühren und ihnen ein Gefühl dafür geben, wer dieser Jesus ist und was er mit uns vorhat“, so Kaulen. Vertreterinnen und Vertreter der Kirche versteckten sich immer öfter hinter lebloser Rhetorik, die viele Menschen nicht mehr verstünden und die keinen Bezug mehr zur Lebenswirklichkeit der Menschen habe. Sie wünscht sich eine Kirche, die bei der Verkündigung sprachfähiger, mutiger, ausgelassener, beseelter und pfingstlicher ist. „Ich wünsche mir sehr, dass wir uns nicht länger hinter verquasten Texten verstecken, die schwer zu verdauen sind und die niemanden außerhalb des inneren, kirchlichen Zirkels interessieren. Lassen Sie uns pfingstlicher werden, sprachfähiger im Glauben und unsere Kirche mit einem mutigen Synodalen Weg voranbringen. Es muss sich vieles ändern. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren“, sagte Kaulen.
Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene hören und ernst nehmen

Die Kirche muss mehr auf Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene hören. Davon ist Max Hanigk, ehrenamtlicher Diözesanleiter der Kolpingjugend im Bistum Limburg, überzeugt. „Wenn ich auf meine Kirche schaue, dann sehe ich die Jugendverbände. Junge, engagierte Menschen, die sich unter anderem stark machen, für Klimaschutz und Geschlechtergerechtigkeit“, sagt Hanigk. Die Stimme der Jugendverbände wolle in der Kirche gehört werden, werde jedoch oft überhört oder als jugendliche Naivität abgetan. „Dabei bildet die Jugend doch das grundlegende Fundament für eine zukunftsfähige Kirche und Gesellschaft. Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene sind die Gruppen, die nachrücken werden. Sie sind die Kirche von Morgen“, so Hanigk. Es müsse daher darum gehen, diese Gruppen zu erreichen und ihnen zu zeigen, dass die Kirche mehr zu bieten habe als Gottesdienste und Gebete. „Kirche ist Gemeinschaft und die Jugendverbände tragen diese Gemeinschaft in die Gesellschaft zu den jungen Menschen hinein. Ich wünsche mir, dass Jugend und Kirche zusammen den Weg in die Zukunft beschreiten. Das sie voneinander lernen und gemeinsam wachsen können.“
Der Weg in die Zukunft ist nicht leicht zu erkennen

Wenn Silke Langner aus Weilburg ihre beiden Töchter fragt, was sie mit der Kirche verbinden, bekommt sie ganz unterschiedliche Antworten. Die eine lobt die Erstkommunionvorbereitung und die Zeit in Kirchähr mit der besten Freundin. Die andere findet das alles langweilig. „Für mich ist Kirche zuerst Gemeinschaft, die prägt und trägt“, berichtet die Religionslehrerin, die sich seit vielen Jahren auch im Diözesansynodalrat des Bistums engagiert. Sie denke an Gottesdienste, die das Herz erfüllten und an solche, die schwer zu ertragen seien. Sie wünsche sich eine Kirche, die auf dem Weg hin zu zeitgemäßen Formen der Verkündigung sei, in der es Beteiligungsmöglichkeiten für alle gebe und die sich den Fragen der Zeit stelle. „Der Weg in die Zukunft ist nicht leicht zu erkennen. Da gibt es keine gut ausgebaute Straße mit großen Hinweisschildern. Da gibt es nicht den einen richtigen Weg“, so Langner. Vielleicht könne der Weg in die Zukunft der Kirche ja eine Art Sternwallfahrt sein? „Christus fest im Blick als gemeinsames Ziel und Orientierung. Unterwegs auf verschiedenen Wegen, je nach Startpunkt und Konstitution“.
Die Gebetszeit anlässlich der weltweiten Eröffnung des Synodalen Wegs war ganz bewusst so gestaltet, dass ein gemeinsames Gehen, ein gemeinsames auf dem Weg sein, zu erleben war. Zu Beginn berichteten drei Engagierte aus dem Bistum Limburg in Statements von ihren Erfahrungen, wenn sie auf die heutige Situation der Kirche blicken. Dann zogen Gottesdienstteilnehmenden gemeinsam in den leeren Dom ein. Jede und Jeder konnte sich einen freien und besetzbaren Platz im Dom suchen, der ihrem und seinem Empfinden der Kirche entspricht. Jeder Platz war frei und besetzbar. Man konnte überall dort hingehen, wo man gerne sein wollte. Über die eigene Platzwahl kam die Gottesdienstteilnehmenden miteinander ins Gespräch. Nach einem gemeinsamen Gebet schloss sich ein Schriftgespräch in fünf verschiedenen Gruppen an.
Nach dem Gottesdienst schloss sich eine Begegnung im Bischofshaus an.
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Ihre Erfahrungen sind gefragt!
Synodale Erfahrungen miteinander teilen. Das ist ein Ziel des Synodalen Weges. Schreiben Sie uns Ihre persönlichen Synodalen Erfahrungen. Als Anregungen können Ihnen auch die Fragen aus dem offiziellen vatikanischen Dokument (siehe unten ab Seite 20) dienen. Herzliche Einladung!
Wir stehen vor dir, Heiliger Geist,
Gebet zum weltweiten Synodalen Weg
in deinem Namen sind wir versammelt.
Du, unser wahrer Ratgeber:
komm zu uns,
steh uns bei,
kehre ein in unsere Herzen.
Lehre uns, wohin wir gehen sollen;
zeige uns, wie wir das Ziel erreichen können.
Bewahre uns davor,
als schwache und sündige Menschen
die Orientierung zu verlieren.
Lass nicht zu,
dass Ungewissheit uns auf falsche Wege führt.
Gib uns die Gabe der Unterscheidung,
dass wir unser Handeln nicht von Vorurteilen
und falschen Rücksichten leiten lassen.
Führe uns in dir zur Einheit,
damit wir nicht vom Weg der Wahrheit und der Gerechtigkeit abkommen,
sondern auf unserer Pilgerschaft dem ewigen Leben entgegenstreben.
Das erbitten wir von Dir,
der du zu allen Zeiten und an allen Orten wirkst,
in der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn
von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Amen.
„Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung“
Die Bischofssynode ist als dreijähriger, weltweiter Prozess geplant. Der Weg der Synode wurde offiziell durch Papst Franziskus am 9./10. Oktober 2021 in Rom eröffnet und am Wochenende darauf in den Bistümern weltweit. In die folgenden Phasen werden die Bistümer, eine Reihe von Organisationen und schließlich die Bischofskonferenzen einbezogen, bevor der Prozess in die eigentliche Bischofssynode im Oktober 2023 in Rom einmündet.
Weitere Informationen zum weltweiten Synodalen Weg gibt es unter www.synod.va/en.html.