In gute Hände übergeben und fruchtbar werden lassen
Ein Wechselbad der Gefühle. So haben viele den letzten Gottesdienst in der katholischen Kirche St. Josef am Sonntag, 13. Oktober 2024, in Görgeshausen erlebt. Zum einen war da Wehmut und die ein oder andere Träne in Gesichtern zu sehen, denn das Gotteshaus ist mit vielen persönlichen Erinnerungen verbunden. Es war aber auch Hoffnung im Raum, denn die Kirche wird das Ortsbild weiter prägen und soll neu belebt werden und ein Ort, der dem Wohle der Menschen dient, bleiben.
Was braucht es für ein erfülltes Leben?
Pfarrer Wolfgang Rösch griff die Emotionen, die mit der Entscheidung, die Kirche nach 72 Jahren aufzugeben, verbunden sind, in seiner Predigt auf. Er fragte, was es für ein erfülltes und glückliches Leben wirklich braucht. „Es sind nicht Reichtum, Wohlstand oder Eigentum, die uns erfüllen. Es sind vielmehr die Erfahrungen, wirklich angenommen und geliebt zu sein“, so Rösch. Wer sich wirklich bedingungslos geliebt weiß, der lebe erfüllt. Die Sehnsucht nach dieser Erfahrung motiviere Menschen. So hätten Frauen und Männer vor drei Generationen die Kirche in Görgeshausen gebaut, um Gott aus dem Glauben heraus für seine bedingungslose Liebe zu danken. „Unsere Vorfahren haben dieses Gotteshaus gebraucht, um ihren Glauben zu leben. Heute haben wir ein Haus und wir bräuchten Menschen, die es mit Glauben füllen“, sagte Rösch. Vielen Menschen heute falle es schwer, sich für die unendliche Liebe Gottes zu ihnen zu öffnen und die Kirche tue in all ihrem Bemühen gut daran, diese Erfahrung zu vermitteln und von der Liebe Gottes, die sich auch in den Sakramenten ausdrücke, zu sprechen. „Wir müssen uns als Seelsorgerinnen und Seelsorger fragen, für wen sind wir da und was brauchen die Menschen von uns?“, so Rösch.
Die Entscheidung, die Kirche aufzugeben, habe man sich nicht leicht gemacht. „Um uns in der Pfarrei zu entwickeln und um zukunftsfähig zu sein, müssen wir allerdings loslassen, was uns zu sehr bindet“, erklärte Rösch. Es gehe jedoch nicht darum, das Gebäude einfach fallen zu lassen, sondern darum, es in gute Hände zu übergeben und wieder fruchtbar werden zu lassen. „Das Gebäude soll auch künftig dem Wohl der Menschen in Görgeshausen dienen“, betonte Rösch. Es gebe bereits sehr konkrete Ideen, wie das Haus belebt werden solle.
Soziales Wohnprojekt soll entstehen
„Wir wollen mit Freude und Neugier die neuen Chancen in den Blick nehmen und aus der schwierigen Situation etwas Neues, etwas Gutes schaffen“, blickte Ortsbürgermeister Martin Bendel in seinem Grußwort in die Zukunft. Bei einem runden Tisch hätten Bürgerinnen und Bürger aus Görgeshausen erkannt, dass dieses Gute ein soziales Wohnprojekt sein könnte, das von einem Investor umgesetzt werden soll. Das Anliegen, das Wohl der Menschen von Görgeshausen im Blick zu haben, sei anschlussfähig an die Idee der Erbauerinnen und Erbauer der Kirche vor 72 Jahren. Für das Projekt wird das Gebäude weiterentwickelt. Es soll jedoch ein Raum der Stille, der für das persönliche Gebet oder für Andachten geeignet ist, entstehen. In dem Gebäude soll Raum für Konzerte oder Lesungen sein. Und auch sakrale Gegenstände sollen sich künftig in den Räumen finden, um die Erinnerung an die Vergangenheit wachzuhalten.
Das in Görgeshausen wirklich Neues wachsen kann, zeigte sich im letzten Gottesdienst, den hunderte Menschen mitfeierten. Die musikalische Gestaltung übernahm beispielsweise ein Projektchor, der sich für den Anlass gründete und schnell 20 Sängerinnen und Sänger fand. Sehr engagiert wirkten auch die Mädchen und Jungen aus der Kita Regenbogen mit.