Klares Bekenntnis zu Europa
Ein gemeinsames Bild für Europa auf Basis der christlichen Wertevorstellungen hat Bischof Dr. Georg Bätzing beim Neujahrsempfang der Stadt Limburg gefordert. „Wir brauchen ein einiges Europa und wir brauchen eine weit stärkere Europäische Union, die mehr ist als nur eine Währungs- und Wirtschaftsunion mit gemeinsamen Rechtsnormen“, unterstrich Bätzing. Dazu brauche es eine emotionale Verbindung zu Europa, benötigten die Menschen gemeinsam große Bilder, die „uns tragen und motivieren.“
Das Christentum könne hierzu entscheidend beitragen, so der Bischof. „Europa ist ein Projekt, das aus dem Krieg geboren wurde, um Frieden zu sichern“, wies er auf die Gründungsgeschichte nach zwei Weltkriegen mit millionenfachen Leid und Tod hin. Ein Christ werde immer ein Bote des Friedens sein, oder er sei kein Christ. „Wie also könnte ein Christ, der in Europa lebt, nicht zugleich überzeugter Europäer sein? Ich kann mir das ehrlich gesagt überhaupt nicht vorstellen“, verdeutlichte der Bischof.
Auch auf Gemeinschaft sei Europa angewiesen, verdeutlichte der Limburger Bischof. Und um die scheint es derzeit nicht besonders gut bestellt: Brexit, zeitweise wieder eingeführte Grenzkontrollen, aufkeimender Nationalismus und Rechtspopulismus in vielen Ländern. Nach Einschätzung von Bischof Bätzing sind dies keine guten Voraussetzungen, um die enormen Herausforderungen, vor denen Europa und die Welt stehen, zu meistern.
"Wie schnell Menschenrechte, Frieden und Freiheit jedoch gefährdet sind, wenn der Zusammenhalt im Angesicht der Herausforderung schwindet, auch das konnten wir leider vor kurzer Zeit sehen." Stacheldrahtzäune an innereuropäischen Grenzen, Diskussion über Schusswaffeneinsatz an der deutschen Grenze und Flüchtlinge, denen in EU-Staaten die Nahrung vorenthalten wird. "Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und Rassismus schwelen nicht nur, da wird mittlerweile offen und öffentlich gezündelt. Das dürfen wir nicht hinnehmen!", hielt der Bischof fest.
Bätzing grenzte sich vom Begriff des „christlichen Abendland“ ab. Nach Einschätzung des Bischofs ist die europäische Geschichte in weiten Teilen auch eine Geschichte des Christentums und seiner durchaus ambivalenten Rolle in Gesellschaft, aber der Begriff vom „christlichen Abendland“ unterstelle eine homogene Verbindung, die es nie gegeben habe. Zugleich reduziere er das Christentum auf das geografische Abendland und das Abendland auf das Christentum, dessen Wiege im Orient liege. Vielmehr sei der Begriff ein "Kampfbegriff" und ein "Abgrenzungs- und Ausgrenzungsbegriff, zuerst gegen den Bolschewismus, inzwischen ein von Rechtspopulisten genutzter Begriff gegen den Islam.
Zutiefst chirstliche Werte wie Nächstenliebe, das Streben nach Freiheit und Frieden, nach gegenseitigem Respekt, Toleranz und Teilhabe seien für aufrechte Christen "selbstverständlich, schutzwürdig und schutzbedürftig". Es brauche den Einsatz und Willen der Bürgerinnen und Bürger, um die Vision eines von Werten getragenen Europas voranzubringen.
Europa dürfe nicht scheitern, Europa werde nicht scheitern. Europa ist für den Bischof eine der entscheidenden Ressourcen für die Demokratie seiner Mitgliedstaaten, so Bätzing. „Und Europa selbst ist nach wie vor getragen vom Engagement vieler Christinnen und Christen mit ihrem Welt- und Menschenbild“, sagte der Bischof und forderte dazu auf, die Europawahl am 26. Mai zu nutzen, um den Weg Europas für fünf weitere Jahre zu bestimmen.