Starke Frauen in der XXL-Pfarrei
„Kirchenentwicklung“ ist ein unglaublich sperriges Wort: Das zumindest meint die junge Frau, die in der Stehtischrunde bei der bischöflichen Beauftragten für genau dieses Thema, Juliane Schlaud-Wolf, gelandet ist. „Können Sie mir eigentlich mal erklären, was synodaler Weg bedeutet?“ schließt sich eine ältere Dame an: Die Kritik am „Kirchensprech“ ist damit schon einer der Impulse, den vielleicht der eine oder andere Teilnehmer der zweiten Runde von „Frauen! Um Gottes Willen“ mit nach Hause nehmen kann. Bei der Fortsetzung der Veranstaltungsreihe, mit der die katholische Erwachsenenbildung Wiesbaden-Untertaunus & Rheingau zusammen mit dem katholischen Stadtbüro explizit die weibliche Sicht auf Kirchenfragen zu Wort kommen lassen will, soll es schließlich um einen konstruktiven Austausch von Ideen und Anregungen gehen.
Gemeindeleitung für Gotteslohn
Mit Schlaud-Wolf, der Pastoralreferentin Susanne Degen und Marcelline Schmidt vom Hofe, die zum ehrenamtlichen Gemeindeleitungsteam in St. Crutzen in Oberursel gehört, stehen drei Praktikerinnen Rede und Auskunft – zunächst der Moderatorin Barbara Tambour auf dem Podium und anschließend in kleinen Gruppen im Raum verteilt den Besuchern. Schmidt vom Hofe arbeitet zwar, wie sie augenzwinkernd einräumt, derzeit noch „für Gotteslohn“, vertritt aber zugleich mit Freundlichkeit und großer Überzeugung ihre Sache. Die ehrenamtliche Gemeindeleitung sei zwar aus der Not geboren, aber alles andere als eine Notlösung, sagt sie. „Ich liebe die XXL Pfarrei“, bekennt sie freimütig und benennt einen der Vorteile: „Hier können wir die Frauen ganz anders stark machen.“
Mehr Beinfreiheit für Menschen mit Ideen
Auch Susanne Degen, die hauptamtlich in der Pfarrei St. Ursula in Oberursel/Steinbach arbeitet, beurteilt die Entwicklung in Richtung mehr Partizipation sehr positiv. Eine Kirche, die von mehreren getragen werde, sei nicht nur zeitgemäßer, sondern auch theologisch viel stimmiger. Teilhabe ermöglichen: „Das ist uns doch ins Stammbuch geschrieben“, sagt sie. Auch die Aufgabe der Pastoralreferenten verändere sich dahingehend, „dass wir mehr und mehr in die Rolle desjenigen gehen, der andere ermutigt und befähigt, Dinge zu tun.“ Was sie sich dabei aber erhoffe, sei etwas mehr „Beinfreiheit“ für Menschen, die Ideen hätten und dafür auch finanzielle Unterstützung brauchten. Sie müssten unabhängig Anträge stellen können. Schließlich gehe es um die Frage: „Wie kommt Neues in die Welt?“
Ernst machen mit der Partizipation
Es ernst meinen mit der Partizipation, dazu gehören auch für Schlaud-Wolf die Themen Entscheidungen und Finanzen. Dass Glaube vielfältig sein dürfe, dass Menschen auf unterschiedlichen Hierarchieebenen auf Augenhöhe diskutieren könnten und dass es Raum gebe für Experimente sind weitere Anliegen, die sie mit Kirchenentwicklung verbindet. Engagiert spricht sie von der „großen Chance“ die in dem Prozess liege und appelliert an die Besucher: „Augen auf! Herz auf!“. Kirche passiere nicht nur an den bekannten Orten, sie sei „viel mehr als das, was wir schon kennen“. Rausgehen und sich einbringen in die Gesellschaft mit den Themen, die da sind: Das ist für sie die Aufgabe und die Notwendigkeit, „denn wir haben einiges anzubieten“, ist sie überzeugt. Allerdings brauche es dafür Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Die Herausforderung „in diesen spannende Zeiten“ fasst sie in einem Satz zusammen: „Wir müssen uns verändern.“