Viele Mosaiksteinchen ergeben ein Bild
Zeugenbefragungen im Seligsprechungsverfahren für Luise Löwenfels abgeschlossen
Ist die Dernbacher Schwester Maria Aloysia Löwenfels wegen ihres Glaubens, wegen ihres Zeugnisses für Christus gestorben? Diese Frage spielt eine große Rolle im derzeit laufenden Seligsprechungsverfahren für die Ordensfrau mit jüdischen Wurzeln, die 1942 aus den Niederlanden deportiert und in Auschwitz ermordet wurde. Vor sieben Monaten hat der Apostolische Administrator des Bistums Limburg, Weihbischof Manfred Grothe, das Seligsprechungsverfahren eröffnet. Jetzt sind die Befragungen von mehr als 50 Zeugen abgeschlossen. Auch das erste Treffen der historischen Gutachter hat stattgefunden.
"Mein Eindruck nach den Zeugenbefragungen ist: Ja, wir können hier von einem Martyrium reden. Luise Löwenfels wusste um die Gefahr für ihr Leben, wenn sie als katholische Ordensfrau mit jüdischen Wurzeln nach der deutschen Besetzung in den Niederlanden bleibt. Angebote ihrer Familie, ins Exil in die USA zu gehen, hat sie abgelehnt", erklärt Pater Dr. Georg Schmidt SJ, der Bischöfliche Delegat im Seligsprechungstribunal, dem die Befragung der Zeugen oblag, die sich mit der Person von Luise Löwenfels intensiver auseinandergesetzt haben. "Sie hat sich für ihre Berufung und ihren Glauben entschieden. In den Zeugenaussagen tauchte mehrmals Luises Satz auf, dass sie bereit gewesen sei, diesen Weg zu gehen."
"Eine ganz authentische Konversion"
Darüber hinaus sei die Zeugenbefragung auch hinsichtlich ihrer Konversion zum katholischen Glauben aufschlussreich gewesen. Pater Schmidt geht von einer "ganz authentischen Konversion" aus. Ganz offensichtlich sei sie schon früh vom katholischen Glauben und der katholischen Kirche fasziniert gewesen. Der Wunsch ihrer Mutter, ihr eine höhere Schulbildung zukommen zu lassen und ihr eigener Wunsch, eine Ausbildung als Erzieherin zu machen, hätten sie in Schulen geführt, die von katholischen Schwestern geleitet wurden. Auch suchte sie, davon zeugten sowohl die Ergebnisse der Befragungen als auch die historischen Dokumente, später immer wieder den Kontakt zu katholischen Ordensgemeinschaften, bis sie sich schließlich gegen den Willen ihrer Familie für die katholische Kirche entschied.
Zeugenaussagen sind wie Mosaiksteinchen
Insgesamt seien die vielen Aussagen über Luise Löwenfels wie Mosaiksteinchen, die zusammengesetzt ein Bild ergeben, erklärt Pater Schmidt. Ähnlich ergäben die historischen Recherchearbeiten ein Bild von der Person Luise Löwenfels. Und im besten Falle stimmten diese beiden Bilder überein, resümiert der Jesuit.
Angestoßen hat das Seligsprechungsverfahren der Orden der Dernbacher Schwestern, allen voran die niederländischen Schwestern und in Deutschland Schwester Christiane Humpert. Die ehemalige Leiterin der Marienschule Limburg lebt in Dernbach und beschäftigt sich seit mehreren Jahren intensiv mit der Biographie und dem Glaubenszeugnis ihrer Mitschwester. Sie ist die Postulatorin des Verfahrens.
Recherche-Reise durch Deutschland
"Wir müssen alle historischen Dokumente, beispielsweise auch Unterlagen der Gestapo durcharbeiten, ob ihr Name auftaucht. Die historischen Recherchen sind sehr umfangreich," erzählt Schwester Christiane Humpert, die auf den Spuren Luise Löwenfels' quer durch Deutschland gereist ist. Von Trabelsdorf über Nördlingen und Ingolstadt bis nach Mönchengladbach und Recklinghausen. Dabei haben sie und die Historikerin Dr. Barbara Wieland auch mit Menschen vor Ort gesprochen, zum Beispiel mit der Familie, die das Haus der Familie Löwenfels in Trabelsdorf erworben hatte. Über diesen Kontakt wiederum haben sie Menschen gefunden, die über die Kindheit von Luise Löwenfels berichten konnten.
Wie geht das Seligsprechungsverfahren weiter?
Mit Hilfe theologischer und historischer Gutachten wird Pater Schmidt voraussichtlich noch in diesem Jahr eine Stellungnahme, Ergebnis des bischöflichen Erhebungsverfahrens, verfassen. Diese Stellungnahme geht dann nach Rom und wird dort, zusammen mit den Unterlagen, von der Kongregation für Selig- und Heiligsprechungen geprüft. Die Seligsprechung selbst würde dann allerdings nicht durch die Kongregation erfolgen, sondern durch den Papst, erklärt Pater Schmidt.
Hintergrund: Seligsprechungstribunal
Die Bischöfe von Limburg und von Roermond (Niederlande), wo Schwester Aloysia Löwenfels die letzten Jahre ihres Lebens verbracht hatte, hatten sich vor Eröffnung des Verfahrens darauf geeinigt, dass der Seligsprechungsprozess für die Dernbacher Schwester in Limburg stattfinden sollte. So hat der Apostolische Administrator des Bistums Limburg, Weihbischof Manfred Grothe, das Seligsprechungsverfahren für Schwester Maria Aloysia (Luise) Löwenfels (1915-1942) im Oktober 2015 eröffnet. Für diese Aufgabe hat er ein Seligsprechungstribunal aus Theologen und Historikern eingesetzt: Dazu gehören als Bischöflicher Delegat Pater Dr. Georg Schmidt SJ (Diözese Limburg), als Notare Prof. Dr. Peter Platen und Anke Schäfer (beide Diözese Limburg), als theologische Gutachter Prof. Pater Dr. Rainer Berndt SJ (Philosophisch-Theologische Hochschule St. Georgen Frankfurt) und Monsignore Dr. M.G.M. Ben Janssens (Diözese Roermond), als historische Gutachter Monsignore Dr. Paul W.F.M. Hamans (Diözese Roermond), Domkapitular Dr. Norbert Jung (Erzdiözese Bamberg) und Dr. Barbara Wieland (Universität Frankfurt) und als Übersetzer Dennis Sutherland. Die Aufgabe des Kirchenanwalts hatte dank der Vermittlung des Bischofs von Roermond, Frans Wiertz, der in Selig- und Heiligsprechungsverfahren sehr erfahrene Monsignore Dr. Stefaan van Calster übernommen. Van Calster war vor drei Wochen im Alter von 79 Jahren gestorben. "Wir sind sehr traurig über die Nachricht, aber auch sehr dankbar, dass er uns in diesem Verfahren unterstützt hat", sagte Pater Schmidt.
Hintergrund: Schwester Maria Aloysia Löwenfels
Luise Löwenfels wurde am 5. Juli 1915 in Trabelsdorf in der Nähe von Bamberg geboren. Schon in jungen Jahren fühlte sie sich zum katholischen Glauben hingezogen. Während ihrer Ausbildung zur Kindergärtnerin in Nördlingen nahm sie am Konvertiten-Unterricht teil. Zum Missfallen ihrer jüdischen Familie konvertierte sie 1935 zum katholischen Glauben. Getauft wurde sie in der Kapelle des Ordens "Arme Dienstmägde Jesu Christi" in Mönchengladbach-Hehn. Als sie dort als Jüdin denunziert worden war, floh sie 1936 nach Geleen in die Niederlande. 1937 trat sie in Geleen in den Orden ein und nahm den Namen Maria Aloysia an. Nach dem Einmarsch der deutschen Besatzungsmacht in die Niederlande war sie auch dort nicht mehr sicher. Dennoch lehnte sie das Angebot ihres Bruders, mit dem sie nach dem Bruch mit ihrer Familie noch in Kontakt stand, ins Exil in die USA zu gehen, ab. Am 2. August 1942 wurde sie in Geleen verhaftet und mit weiteren Priestern sowie männlichen und weiblichen Ordensleuten jüdischer Herkunft, darunter auch Edith Stein, ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Dort wurde sie kurz nach der Ankunft in den Gaskammern ermordet. Ihr Tod wird auf den 9. August 1942 datiert. (fl)