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25.03.2015

"Das Bistum hat die nötige Kraft"

Grothe ist seit einem Jahr Apostolischer Administrator

LIMBURG - Seit einem Jahr ist der Bischofsstuhl in Limburg vakant: Am 26. März 2014 hat Papst Franziskus den Rücktritt von Bischof em. Dr. Franz-Peter Tebartz-van Elst angenommen und Weihbischof Manfred Grothe als Apostolischen Administrator im Bistum Limburg eingesetzt. Seitdem ist die Diözese auf dem Weg der Aufarbeitung und des Neubeginns. "In den vergangenen Monaten habe ich das Bistum und die Menschen, die hier leben, kennengelernt. Bei meinen Besuchen in den Bezirken konnte ich mit Ehren- und Hauptamtlichen ins Gespräch kommen und einen Einblick in das kirchliche Leben vor Ort gewinnen. Ich habe den O-Ton der vergangenen Jahre vernommen und weiß, was die Menschen im Bistum Limburg belastet und was sie erwarten", resümiert Grothe. Gerade auch diese "Mut machenden Begegnungen" hätten sein erstes Jahr in Limburg zum Geschenk werden lassen. "Das Bistum ist reich an Menschen, reich an Glauben und Traditionen und hat die nötige Kraft, um weitere Schritte in Richtung Neuanfang zu gehen", sagt Grothe.

Menschen gewinnen, den Weg mitzugehen

Der 75-Jährige, der in jeder Woche zwischen Limburg und Paderborn pendelt und auf den auch in seiner Heimat zahlreiche Aufgaben warten, sieht aber auch Herausforderungen, vor denen die Diözese Limburg und die katholische Kirche in Deutschland stehen. "Es gibt viele Menschen, die durch die Ereignisse der vergangenen Jahre verletzt sind und die darunter leiden, als Katholikinnen und Katholiken nur auf bestimmte Themen der Vergangenheit reduziert zu werden", sagt Grothe. Zuhören, reden und vermitteln sei hier wichtig. "Wir müssen als Kirche nah bei den Menschen sein und wir dürfen uns ihren Fragen, Sorgen und Nöten nicht entziehen", so der Administrator. Dies gelte auch im Prozess der Pfarreiwerdung. Die Hälfte der angezielten 45 neuen Pfarreien ist mit Beginn des Jahres bereits gegründet. Damit verbinden sich mehrheitlich positive, aber auch einige schwierige Erfahrungen, an denen sich andere Pastorale Räume, die den Weg erst beginnen, orientieren können. "In den kurialen und synodalen Gremien haben wir uns intensiv mit dem Pfarreiwerdungsprozess befasst. "Der Prozess als Ganzes soll nicht umgekehrt und nicht gestoppt werden. Gleichwohl sind die Fragen der Menschen in den Pfarreien und Bezirken zu hören und gut zu bedenken", so Grothe. Es solle nun grundsätzlich den Fragen nachgegangen werden, wie Seelsorge in der Pfarrei neuen Typs aussehen und gelingen kann. "Das erfordert von uns allen einen Aufbruch. Wir müssen Menschen gewinnen, diesen Weg mitzugehen. Das heißt auch, dass wir neu nachdenken müssen über Partizipation in der Leitungsverantwortung und Delegation, über Leitungsstile und auch über Befähigung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Laienstand zur wirklichen Übernahme von Verantwortung und auch Teilhabe an der Aufgabe der Diözese", erklärt Grothe.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind wertvollstes Kapital

Das Zuhören ist eine der wichtigsten Aufgaben für Grothe und seinen Ständigen Vertreter, Domkapitular Wolfgang Rösch, im vergangenen Jahr gewesen. "Mein Auftrag in Limburg ist es, in Aufrichtigkeit und Barmherzigkeit einen gemeinsamen Weg für einen Neubeginn im Bistum zu gehen. Wir sind gefordert, Vertrauen und Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen", sagt Grothe. Dafür brauche es Kommunikation und Transparenz. Neben der Aufarbeitung muss es nach Auffassung des Administrators auch einen Heilungsprozess geben. "Es gibt Verletzungen und Wunden in unserem Bistum. Dies haben auch die 107 Anruferinnen und Anrufer ausgedrückt, die das telefonische Gesprächsangebot für Ehren- und Hauptamtlichen genutzt haben", sagt Grothe. Die Ergebnisse seien in einem ersten Schritt zusammengetragen worden. Zurzeit würden die Erfahrungen systematisch von einem externen Team aus Mitarbeitern des Recollectiohauses in Münsterschwarzach und des Instituts für Geistliche Begleitung in Mainz ausgewertet. Sobald Ergebnisse vorliegen, sollen sie publiziert und im Bistum weiter beraten werden. "Als ich von außen nach Limburg kam, habe ich nicht damit gerechnet, dass die Verletzungen in der Diözese so groß sind", erklärt der Apostolische Administrator. Vieles, von dem, was er in Gesprächen und Begegnungen erfahren habe, belaste und fordere ihn heraus. "Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind das wertvollste Kapital, das wir als Kirche von Limburg haben. Ihnen wollen wir uns weiter zuwenden", sagt Grothe. In diesem Prozess der Zuwendung zum Personal, gebe es noch viel zu tun und ein Treffen oder ein Gespräch reiche da bei weitem nicht aus. Auch hier gehe es darum, Vertrauen aufzubauen. "Wir wissen, dass wir hier weiterarbeiten und etwas tun müssen. Am Ende wollen wir auch daran gemessen werden, ob es uns gelungen ist, zu einer Kultur eines neuen Miteinanders zu kommen, die angstfrei ist und wirkliche Begegnung ermöglicht", so der Administrator.

Die Bistumsleitung hat die ersten zwölf Monate der Sedisvakanz dazu genutzt, das Vermögen der einzelnen Körperschaften zu ordnen und zu veröffentlichen. Auch in das Vermögen des Bischöflichen Stuhls sei Ordnung gebracht worden. Anfang April werde der Vermögensverwaltungsrat über dieses Vermögen beraten und dann könnten die Vermögensverhältnisse dieser Körperschaft verlässlich kommuniziert werden. "Wir werden die Vermögenstruktur und die Vermögensaufsicht in unserem Bistum neu ordnen, entflechten und bessere Kontrollinstanzen etablieren", erklärt Grothe. Eine Arbeitsgruppe erarbeite zurzeit Entwürfe für entsprechende Regelungen und Satzungen. Diese Entwürfe sollen dann kurial und synodal beraten werden. Ab April 2014 hat die Bistumsleitung die Erkenntnisse aus dem Prüfbericht aufgearbeitet und 50 Sachverhalte identifiziert, die verändert werden sollten. Diese Arbeit ist nach Auffassung des Administrators nahezu abgeschlossen. Klar ist, dass der Diözese durch den Bau des Bischofshauses ein finanzieller Schaden entstanden ist. "Das Gebäudeensemble ist weniger Wert als 31 Millionen Euro", sagte Grothe. Der genaue Wert werde der Öffentlichkeit bekannt sein, wenn die Vermögensverhältnisse der Körperschaft "Bischöflicher Stuhl" verlässlich offengelegt werden. Es sei auch geprüft worden, ob alle Rechnungen, die gestellt wurden, auch rechtens waren. "Es gab überzogene Rechnungen und wir fordern entsprechende Zahlungen zurück", stellte Grothe klar. Auch die Verantwortung von Bischof em. Tebartz-van Elst am Bau ist genau untersucht worden. "Der Bischof ist nicht schuldlos und trägt die Verantwortung. Wir haben dies im Vatikan zur Sprache gebracht, aber noch keine Antwort erhalten. Das Bistum kann mit Blick auf das Kirchenrecht keinen Strafprozess gegen den Bischof führen. Das kann nur Rom", erklärt der Apostolische Administrator.

Ein neuer Bischof soll in eine aufgeräumte Diözese kommen

Grothe setzt sich dafür ein, dass Limburg bald wieder einen neuen Bischof bekommt. "Wir arbeiten daran, die zuständigen Stellen in Rom zu überzeugen, dass der Prozess zur Findung eines neuen Bischofs jetzt losgehen kann", sagt der Apostolische Administrator. Er erlebe es immer wieder, wie wichtig und bedeutend es für eine Diözese ist, einen Bischof zu haben. Wann es in Limburg jedoch so weit sein wird, weiß Grothe nicht. "Rom interessiert sich wenig für mein Zeitfenster oder meine Planung", sagt er und verweist auf den Auftrag, der ihm und der Diözese vor einem Jahr aufgetragen wurde. Das Bistum soll zur Ruhe kommen und zum Klima der Barmherzigkeit zurückfinden. "Wir müssen uns weiter um Versöhnung bemühen und den Weg zurück zur Normalität weiter gehen. Rom möchte, dass ein neuer Bischof in eine aufgeräumte Diözese kommt. Ich bin mir sicher, dass die Diözese die nötige Kraft für die weiteren Schritte hat", sagt Grothe. (StS)

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