14.09.2015
Hoffnung schafft Zeugen
LIMBURG. "Leben lieben - Hoffnung sein": Unter diesem Leitwort stand der Tag der Pfarrgemeinderäte 2015 in der 57. Kreuzwoche des Bistums Limburg. Mehr als 50 Mandatsträgerinnen und Mandatsträger waren am Sonntag, 13. September, der Einladung von Prälat Dr. Günther Geis, dem Ständigen Beauftragten für den synodalen Bereich, gefolgt, um auf die im November endende Amtszeit zurückzublicken, um sich in drei Workshops auszutauschen und durch einen geistlichen Impuls inspirieren zu lassen.
Prälat Geis dankte den Frauen und Männern, die sich in den Pfarrgemeinderäten und anderen Arbeitskreisen der Pfarrei einbringen für ihr großes Engagement. Er sieht eine wahrhaft denkwürdige Amtszeit zu Ende gehen. "Wir sind jedes Jahr hier zusammengekommen und konnten uns austauschen über das, was das Bistum bewegt", resümierte Geis. In der Amtszeit habe sich die Struktur der Pastoral spürbar verändert. In vielen Bezirken seien die sogenannten Pfarreien neuen Typs errichtet worden und die Veränderungen seien von den Pfarrgemeinderäten aktiv gestaltet worden. "Die Veränderungen stoßen zunächst bei den Wenigsten auf Begeisterung. Ängste brechen auf, Befürchtungen werden formuliert. Alles in allem sehe ich, dass es immer besser gelingt, das kirchliche Leben auch in den neuen Strukturen im Vertrauen auf den Beistand des Geistes Gottes mit Leben zu füllen", sagte Geis. Die Pfarrei neuen Typs sei nicht der Heilsweg, aber eine mögliche Antwort auf die Herausforderungen, denen sich die Kirche in der heutigen Zeit überall stellen müsse.
Willkommenskultur für Flüchtlinge
Auf eine weitere Herausforderung der heutigen Zeit ging Ingeborg Schillai, die Präsidentin der Limburger Diözesanversammlung, in ihrem Grußwort ein. Sie blickte auf die "Willkommenskultur für Flüchtlinge". Täglich gebe es neue Bilder von Menschen auf der Flucht vor Gewalt und Verfolgung, vor Krieg und Repression, vor Hunger und Elend, vor Krankheit und Tod. Schillai verwies auf die vielen Menschen, die sich aktiv für eine Willkommenskultur engagieren und helfen. "Eine so große Hilfsbereitschaft der Bevölkerung ist nicht selbstverständlich. Das bis heute anhaltende Wohlwollen nahezu der gesamten Gesellschaft grenzt an ein Wunder, denken wir etwa an die Bilder früherer Flüchtlingsströme zurück", sagte Schillai. Ganz grundlegend für den Auf- und Ausbau einer Willkommenskultur sei die Überzeugung, dass Flüchtlinge noch vor jeder anderen Entscheidung zuerst als Menschen mit einem individuellen Schicksal zu sehen und sie so, wie sie sind, anzunehmen seien. Dies meine zum einen, dass sie menschenwürdig untergebracht und versorgt würden. "Zeltlager auf offenen Flächen oder Parkplätzen sind als Notlösung im Sommer vielleicht noch vertretbar, im beginnenden Herbst und im Winter sicher nicht", so Schillai. Sie appellierte an die Anwesenden, sich an der Suche nach geeigneten, auch privaten Unterkünften zu beteiligen. Zum anderen müsste sich diese Überzeugung in politischen Entscheidungen und konkreten Verfahren niederschlagen. Schillai blickte auch auf das Lampedusa-Kreuz, das in der diesjährigen Kreuzwoche und am Kreuzfest ins Zentrum rückt. Dieses Kreuz ist aus Holzplanken von Flüchtlingsbooten gefertigt, die vor der Insel Lampedusa gekentert sind. "Es liegt auch an uns dafür zu sorgen, dass diese rechtwinklig zusammengenagelten Bretter eines schwimmenden Sargs zu Planken einer neuen Hoffnung und zum Symbol unseres Glaubens werden können", so Schillai.
Geistlicher Impuls stand im Zentrum
Im Mittelpunkt des Tages der Pfarrgemeinde 2015 stand ein geistlicher Impuls der bekannten Autorin Andrea Schwarz. Als "Gewächs" des Bistums aus Wiesbaden, die heute unter anderem in der Aus- und Fortbildung von Haupt- und Ehrenamtlichen im Bistum Osnabrück wirkt, ging sie humorvoll, erfahrungsreich und fundiert der Frage nach, wie es Christen heute gelingen kann, Zeugen der Hoffnung zu sein. Grundlegend müssten dafür die Fragen geklärt werden, welche Hoffnung Christen eigentlich erfülle und ob andere spürten, dass sie aus dieser Hoffnung leben. Dafür brauche es eine Vergewisserung, die es ermögliche, Zeugen zu sein. "Zeugen zu sein, ist etwas anderes als Funktionär zu sein", sagte Schwarz. Funktionäre verwalteten den Glauben oder auch die Kirche. Zeugen erzählen von dem, was sie mit Gott erlebt, gesehen und gehört haben.
Andrea Schwarz benannte zehn Ermutigungen aus dem ersten Petrusbrief, die zur Vergewisserung beitragen können. Was es heute unbedingt wieder brauche, sei das Grundvertrauen, dass es Gott mit den Menschen gut meine. "Erinnern wir uns an unsere Großeltern, die uns ein Kreuzchen auf die Stirn zeichneten, wenn wir aufbrachen oder die für uns einen Rosenkranz beteten, wenn wir eine Prüfung zu meistern hatten", so Schwarz. Dieses vor einigen Jahrzehnten noch selbstverständliche Grundvertrauen sei bei vielen verschwunden und müsse neu entdeckt werden. Neben diesem Grundvertrauen brauche es auch die Bereitschaft aufzubrechen. "Aufbruch ist nicht mit Umzug zu verwechseln. Wer aufbricht, kann nicht vorher sagen, welche Erfahrungen er machen wird", erklärte Schwarz. Bei aller Ungewissheit gelte jedoch die Zusage Gottes, die im biblischen Bild spricht und den Mensch ins gelobte Land führen möchte.
Zeugen der Hoffnung müssten aber auch die Realitäten im Blick haben. Wer wolle, dass alles so bleibe wie es ist, der werde scheitern. "Die alten Zeiten sind vorbei und werden nicht wieder kommen", so Schwarz. Dies gelte für die Gesellschaft und für die Kirche. Zweifelsohne gebe es viele Baustellen und diese seien nur mit einer gewissen Gelassenheit auszuhalten. Dies gelte auch für die Baustelle des Himmels. "Mit Blick auf den Himmel können wir uns diese Gelassenheit durchaus leisten, denn fertig wird der Himmel hier auf Erden sowieso nicht. Solange Gott jedoch mit baut, wird es schon werden. Wir dürfen nur die Begeisterung nicht verlieren", so Schwarz. Letztlich ginge es im Leben und im Glauben auch darum, heil und heilig zu werden. Beides gehöre zusammen und müsse von Gott her gedacht werden. Wer heil und heilig lebe, der werde auch gefragt: Wie kannst du so leben? (StS)
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