LIMBURG, 01.11.2022
Ein guter Startpunkt vom Glauben zu sprechen
Allerheiligen ist für Bischof Dr. Georg Bätzing ein Fest, das Mut macht und einlädt, über die Gründe zu sprechen, die einen treu zum Glauben und zur Kirche stehen lassen. Dies sei zwar angesichts der erschreckend hohen und belastenden Zahl von bundesweit 360.000 Kirchenaustritten im Jahr 2021 nicht leicht, aber auch nicht unmöglich. Der Grund für den mutigen Blick liege vielmehr im Zeugnis der vielen Menschen, die sich vom Glauben berührt in die Nachfolge Jesu gestellt haben, damit das Reich Gottes wachsen könne.
„Wir nennen sie mit gutem Recht ‚heilig‘, denn ‚der Heilige‘ selbst, unser Gott, war ihre Triebfeder und ihre innere Mitte. Viele kennen wir mit Namen. Wir wissen, wie ihr Leben verlaufen ist; wie Gott oft genug auf krummen Zeilen gerade schreibt, wie sie Menschen gesammelt, deren Leben zum Guten verändert und damit zugleich die Kirche erneuert haben“, so Bätzing. Es sei für ihn wirklich eine Freude, an Allerheiligen auf die unermessliche Schar der Heiligen zu schauen und auf ihre Fürsprache zu vertrauen. Es mag gute Gründe geben, sich aus der Kirche zu verabschieden, aber für Bätzing gebe es viel mehr Grund zu bleiben und sich für die Umkehr und Erneuerung der Kirche zu engagieren. All die vielen Frauen und Männer, die durch ihr heiliges Leben die Kirche früherer Zeiten gereinigt und wiederbelebt hätten, seien für ihn Zeichen dafür, dass Jesus seine Kirche nicht im Stich lasse. Jesus liebe seine Kirche und brauche sie, um sein Evangelium in die Welt zu tragen.
Gesicht zeigen für den Glauben und die Kirche
Der Bischof blickte auf zwei aktuelle Initiativen, die öffentlichkeitswirksam nach Gründen fragen beziehungsweise sie benennen, sich in der Kirche zu engagieren und in dieser Gemeinschaft zu bleiben. Mit der Kampagne „1000 gute Gründe“ des Erzbistums Paderborn werde versucht, das Gute zur Sprache zu bringen und das Bild des Jammers, das die Kirche häufig darstelle, in ein anderes, buntes Bild zu verändern. Die zweite Kampagne trage den Slogan „Die Caritas zeigt Gesicht“. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den sieben regionalen Caritasverbänden im Bistum Limburg zeigten ihr Gesicht und erzählten als Motiv auf großen Plakatwänden sehr persönlich von ihren Erfahrungen mit der Caritas. „Finden solche Aktionen Ihre Zustimmung, liebe Geschwister im Glauben? Ich finde, Allerheiligen ist ein super Startpunkt, selber Gesicht zu zeigen und gute Gründe für den Glauben und die Kirche ins Spiel zu bringen. Ich fände es großartig, wenn wir uns auf diese Weise gegenseitig bestärken und den guten Ruf Jesu, unseres Herrn, verbreiten“, sagte Bätzing.
Bei allem Mut, aller Hoffnung und den vielen guten Gründen, die es gebe, in der Kirche zu bleiben, belaste ihn, so der Bischof, die erschreckend hohe Zahl der Kirchenaustritte sehr. Die Gründe für diese Entscheidung seien sehr verschieden. Viele hätten einfach Bilanz gezogen und Ertrag und Aufwand abgewogen. Andere haben sich über Jahre entfremdet und keinen Bezug mehr zur Kirchengemeinschaft und zum Gottesdienst. Wieder andere wollten bewusst ein Zeichen setzen und mit ihrem Kirchenaustritt ihr Unverständnis über den Missbrauch und seine jahrzehntelange Vertuschung in der Kirche signalisieren. „Deutlich zugenommen hat die Zahl derer, die sich jahre- und jahrzehntelang für die Kirche engagiert haben, die nun aber gehen, weil sie enttäuscht sind, weil sie nicht erkennen können, dass sich die Kirche in wichtigen Fragen wirklich bewegt“, so Bätzing. Ihn bewege die Frage, wie man mit all diesen Menschen neu in Verbindung kommen könne. Womöglich am ehesten über gute Angebote in Kitas, Schulen, Beratungsstellen und karitativen Einrichtungen und über das Erleben, dass sich Kirche bewege und sich gesellschaftlich relevanten Fragen stelle.
An Allerheiligen (1. November) gedenkt die katholische Kirche allen Heiligen. An Allerseelen (2. November) wird allen Verstorbenen gedacht. Die Gläubigen sind an diesen Tagen zu Friedhofsgängen und Gräbersegnungen eingeladen.