"Eure Rede sei: Ja ja, nein nein"
Das Evangelium dränge Christen dazu, klar Stellung zu beziehen zum Leben der Gesellschaft. Es sei nicht neutral und keine reine Betrachtung für das individuelle Wohlergehen. Dies hat Pfarrer Dr. Matthias Leineweber aus Würzburg in seiner Fastenpredigt am ersten Fastensonntag, 10. März, im Hohen Dom zu Limburg, betont. Gott habe mit der Geburt seines Sohnes in die Geschichte der Menschheit eingegriffen und gestalte das Leben der Welt mit. Leineweber ist Mitglied der Gemeinschaft Sant’ Egidio, die 1968 in Rom gegründet wurde und sich der karitativen Arbeit, der Diplomatie in Bürgerkriegsgebieten sowie dem Dialog der Religionen widmet.
Das Evangelium ist nicht neutral
So wie das Evangelium nicht neutral sei, könne auch das Leben der Christen nicht neutral und gleichgültig sein. Gott fordere vom Menschen von Anfang an ein klares „Ja“ oder ein klares „Nein“. Dies habe Gott auch von seinem Sohn Jesus erwartet: Das öffentliche Wirken Jesu beginne mit einem klaren „Nein“ Jesu zu den Verlockungen des Teufels und mit einem klaren „Ja“ zu Gott und seinem Wort. Gott habe zum Menschen „Ja“ gesagt und dieses „Ja“ sei ein „Ja“ der bedingungs- und grenzenlosen Liebe Gottes, das immer gültig sei und bleibe. „Dieses ‚Ja’ schließt daher das ‚Nein’ zu allem ein, was im Gegensatz zur göttlichen Liebe steht und sich damit gegen Gott selbst stellt“, sagte Leineweber.
Diese klare Positionierung spiegle sich in eindrucksvoller Weise in den Worten und Taten Jesu wider. Die Hinwendung Jesu, sein „Ja“, habe den Armen, den Kranken, den Ausgestoßenen und Sündern gegolten. „Das ‚Ja’ Jesu bezieht sich unbedingt auf den Menschen, ohne Ausnahme. Er kann sozusagen nicht ‚Nein’ zum Menschen sagen. Sein ‚Nein’ gilt der Sünde, dem Bösen, allem, was im Gegensatz zur Liebe steht“, so der Theologe. Gerade in einer Welt, für die alles gleich gültig sei und die keine Orientierung mehr schenke, brauche es mehr denn je Christen, die „Ja“ und „Nein“ sagten und die ein „Pro“ und „Contra“ lebten.
Christen grenzen niemanden aus
Papst Franziskus fordere eine Kirche, die hinausgehe und an den Rändern anwesend sei. Die Gemeinschaft Sant’ Egidio versuche dies seit ihrer Gründung, um das „Ja“ Gottes zu den Armen und Leidenden zu leben. In Deutschland seien dies vor allem die alten Menschen, besonders dann, wenn sie unter Einsamkeit und Isolation leiden. „Eine Gesellschaft, die ‚Nein’ zu den alten Menschen sagt, erkennt nicht, den Schatz eines langen Lebens und vor allem nicht, dass Gebrechlichkeit und Leid ein Teil des Lebens sind und uns helfen, Mitleid zu zeigen und Barmherzigkeit zu leben“, so Leineweber. Wer Mitleid und Barmherzigkeit aus dem Leben ausgrenze, verurteile sich selbst zu einem traurigen Schicksal und baue eine Welt voller Einsamkeit auf, in der man im Leid allein gelassen werde.
Ein weiteres Beispiel für den Einsatz, der heute vielleicht von besonderer Bedeutung für Christen sei, bestehe in der Gastfreundschaft gegenüber den Fremden und Flüchtlingen. „Leider erleben wir eine zunehmende Tendenz, die ‚Nein’ zu den vielen Menschen sagt, die aus unterschiedlichen Gründen ihre Heimat verlassen müssen. Dieses ‚Nein’ wird sichtbar in Mauern, Grenzzäunen, Schiffen, die tagelang im Mittelmeer warten müssen, während die Flüchtlinge unter unmenschlichen Zuständen leben...“, sagte Matthias Leineweber. Das „Nein“ der reichen Welt werde für viele zur Hölle und leider werde es auch zu einem „Ja“ zu Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Hass.
Gesandt zu den Menschen
Jesus sei der, der zuerst „Ja“ zu den Menschen und „Nein“ zu seiner Verlorenheit gesagt habe, damit Christen das „Ja“ der Liebe Gottes heute dort sagen könnten, wohin sie gesandt seien.
Die Fastenpredigt von Dr. Matthias Leineweber war der Auftakt der Fastenpredigten 2019 im Hohen Dom zu Limburg. Die Predigtreihe steht in diesem Jahr unter dem Leitwort: „Wofür Christen sich einsetzen: Pro und Kontra“. Am zweiten Fastensonntag, 17. März, 17 Uhr, spricht Jugendseelsorger Marco Rocco zum Thema: „Pura Vida! – Weniger ist mehr“.