Abgerungen
„Wir brauchen Menschen, die für andere Partei ergreifen, wenn sie ausgegrenzt werden. Die Missstände ansprechen, wenn Grundrechte eingeschränkt werden.“ Mit diesen Worten hat der Landtagspräsident Hendrik Hering am Donnerstag, 16. März, um 19 Uhr einen Theaterabend im rheinland-pfälzischen Landtag in Mainz eröffnet. In der Reihe „Theater im Landtag“, die wegen Corona lange ausfallen musste, wurde im neuen Plenarsaal des Landtags das Solo-Theaterstück „Abgerungen“ von Boris Weber mit dem Schauspieler Bruno Lehan über den Pallottinerpater Richard Henkes aufgeführt. Der Pallottinerpater kam am 22. Februar 1945 im KZ Dachau ums Leben und wurde am 15. September 2019 im Limburger Dom seliggesprochen. Etwa 80 Gäste waren der Einladung des Landtagspräsidenten gefolgt.
Im Mittelpunkt des Ein-Personen-Stückes steht ein Schriftsteller, der mit dem Auftrag ringt, ein Theaterstück über Pater Richard Henkes zu schreiben. Der in Ruppach im Westerwald geborene Richard Henkes war im Konzentrationslager Dachau inhaftiert, weil er das Unrecht der Nationalsozialisten unter anderem in seinen Predigten öffentlich beim Namen nannte. In Dachau begleitete er ehrenamtlich typhuskranke Mithäftlinge in die Quarantäne, um ihnen Pflege und menschliche Nähe zu geben. Die Auseinandersetzung mit diesem Lebenseinsatz fordert den Autor in „Abgerungen“ nicht nur als Schauspieler heraus, sondern lässt ihn auch über sein eigenes Leben neu nachdenken. Wie Henkes ringt er selbst immer intensiver um Fragen der Menschlichkeit, der Liebe und der Wahrheit und bezieht die Zuschauer in sein leidenschaftliches Ringen mit ein. Die Rollen des Schriftstellers und des Paters verschmelzen im Laufe des Stücks immer mehr.
Einsatz für die Menschenwürde
Bruno Lehan verwandelte mit seinem schauspielerischen Können den Landtag in eine ganz besondere „politische Bühne“. Das hohe Haus der Demokratie wurde für 45 Minuten zur Schreibstube, zur Kirche und gleichzeitig zur Gefängniszelle im Konzentrationslager. Dadurch erhielt der Theaterabend eine einzigartige atmosphärische Aufladung: Im Haus des freien Wortes und der Demokratie rang ein Mensch mit seinem Schicksal und mit Gott, weil er nur die Wahrheit ausgesprochen und das Unrecht beim Namen genannt hatte. Trotz Lebensgefahr hatte er Haltung gezeigt und dem Naziregime widerstanden. Er stand den Kranken bei und brachte so Wärme und ein Stück Menschlichkeit in die menschenverachtende Welt der Konzentrationslager. Seinen Einsatz für die Menschenwürde bezahlte Richard Henkes mit dem Leben. Die eigene Haltung zu reflektieren und zu hinterfragen, dazu regte das Theaterstück an diesem Abend an.
Hendrik Hering betonte: „Vor dem Hintergrund, dass unweit von Deutschland ein grauenhafter Krieg tobt, müssen wir dankbar sein, dass wir in einer friedlichen Demokratie leben, ohne Entbehrungen und ohne Angst um das eigene Leben oder das unserer Lieben. Demokratie funktioniert allerdings auch nur, wenn wir Haltung zeigen und für demokratische Werte eintreten.“ Dazu gehöre, dass wir auch dann unsere Stimme erheben, wenn Menschen beispielsweise aufgrund ihrer Herkunft, Religion oder ihrer Lebensweise angegriffen oder ausgegrenzt würden. „Auf diese Missstände hinzuweisen und Ausgrenzungen deutlich zurückzuweisen, heißt Haltung in einer Demokratie zeigen“, so der Landtagspräsident, der dem Theaterstück zum Schluss wünschte, an viel mehr Orten aufgeführt zu werden.
Mehr Infos zum Theaterstück und zur Buchung gibt es unter www.haltung-heute.de/theater.