Begeistert enttäuscht / Rückblick auf die Weltsynode
Wen soll das alles eigentlich noch interessieren? Auch Bischof Dr. Georg Bätzing hat sich diese Frage schon oft gestellt, wie er bei der Podiumsdiskussion „Weltsynode- Was hat’s gebracht?“ in Sankt Georgen am Mittwochabend sagte. Zumindest vor und auch während der Synode, die gerade in Rom zu Ende gegangen ist. Doch dann bot sich ihm nach seiner Rückkehr ins Bistum ein überraschendes Bild: Die Aula in der Philosophisch-Theologischen Hochschule war mit rund 150 Interessierten voll besetzt, und auch digitale Veranstaltungen zur Weltsynode, bei denen der Bischof zugeschaltet war, konnten zum Teil mehrere hundert Teilnehmende verzeichnen. So zieht Bätzing für sich den Schluss: „Ich bin bekehrt, die Menschen interessieren sich tatsächlich.“ Eine schöne Überraschung.
In Sankt Georgen diskutierte Bätzing, der Deutschland auch als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und Präsident des Synodalen Weges bei der Weltsynode vertrat, mit Dr. Claudia Lücking-Michel (Synodaler Ausschuss Deutschland) und Jesuit Clemens Blattert (Gruppenmoderator bei der Synode) über die beiden großen Generalversammlungen im Oktober 2023 und Oktober 2024 in Rom. Fachkundig, wach und schlagfertig moderiert wurde der Abend von Britta Baas, Pressesprecherin des Zentralkomitees der deutschen Katholischen (ZdK). Gerade Lücking-Michel, die selbst nicht in Rom dabei war, aber die Geschehnisse von Deutschland aus aufmerksam verfolgte, legte bei der gut zweistündigen Veranstaltung immer wieder den Finger in die Wunde und konfrontierte den Bischof. Denn dieser zeigte sich insgesamt inspiriert davon, dass die Synode strittige Punkte zumindest offengehalten habe und sagte: „Es ist eine Frage der Deutung, ob das Schwäche oder Stärke ist.“
Wer kann sich das noch leisten?
Aber Bätzing machte auch keinen Hehl daraus, dass der Aufwand im Vergleich zum Outcome der Weltsynode durchaus kritisch betrachtet werden müsse: „Wenn man den Ressourceneinsatz hochrechnet, kann man sich schon fragen, welches Wirtschaftsunternehmen sich das sonst leisten könnte.“ Immerhin bescheinigte er, die Synode habe einen „Kulturwandel“ angestoßen. Nun müsse über die Beschlüsse des Abschlussdokuments und die damit verbundenen Möglichkeiten nachgedacht werden.
„Ich bin Strategin genug, zu erkennen, dass mit dem was möglich ist, gearbeitet werden kann. Aber ich bin auch Politikerin und Theologin, die fragt: Was hat denn da begonnen?“, antwortete Claudia Lücking-Michel in seine Richtung. „Herr Bischof, ich nehme Sie beim Wort: Wo ist Ihr Schwung bei dem, was zumindest nicht verboten wurde? Wie geht es weiter?“ Sie selbst rede theologisch schon gar nicht mehr über den Zugang zum Diakonat, weil sie es systematisch unredlich finde, das Weiheamt aufzusplitten: „Und da soll es mich freuen, dass das nicht verboten wurde?“ Das Weiheamt muss und werde sich verändern, wenn Frauen dort hineinkämen – „Frauen, die geschätzt werden für ihre Leidensfähigkeit – meine ist zu Ende“, so Lücking-Michel ärgerlich. „Wann werden wir denn mal geschätzt dafür, dass wir Kirche gestalten? Und wer formuliert überhaupt so: ,Es gibt keinen Grund…‘ In anderen Kontexten weiß man längst, dass man alles dafür tun muss, Frauen zu fördern. Aber unsere Kirche hat es einfach nicht nötig.“
Keinen Grund für keine Führung
Konkret bezog sie sich auf Absatz 60 des Synoden-Schlussdokuments, dort heißt es: „Es gibt keinen Grund, warum Frauen keine Führungsaufgaben in der Kirche übernehmen sollten: Was vom Heiligen Geist kommt, kann nicht aufgehalten werden. Auch die Frage des Zugangs von Frauen zum diakonischen Dienst bleibt offen. Diesbezüglich sind weitere Überlegungen erforderlich.“
Der Absatz zur Rolle der Frau im Synoden-Schlussdokument (hier das ganze Dokument in deutscher Übersetzung) war am vergangenen Samstagnachmittag im Vatikan mit 258 Ja- zu 97 Nein-Stimmen verabschiedet worden. Papst Franziskus hatte das Synodendokument anschließend unmittelbar in Kraft gesetzt. Während Bischof Bätzing in der direkten Zustimmung des Papstes „eine neue Art der Synodalität“ sieht und Clemens Blattert lobte, dadurch sei das Schlussdokument „freigelassen“ und die Kurie in ihrer machtvollen Einflussnahme zurückgedrängt worden, äußerte sich Lücking-Michel wenig begeistert dazu: „Papst Franziskus hat nicht approbiert, was die Synode über vier Jahre erarbeitet hat. Eine richtige Wertschätzung sieht anders aus.“
Eine gediegene Form der Verstetigung
Dass die Frage des Frauendiakonats offen bleibt, habe ihn traurig gemacht, sagte Bätzing. Aber er nimmt auch Positives mit aus dem Beschluss des Papstes, das Papier anzunehmen, ohne weiter darüber zu verhandeln: „Man könnte sagen, die Synode bittet uns, einen Synodalen Rat einzurichten. Das Papier spricht über Rechenschaft und Transparenz, Evaluierung. Wir greifen das auf und machen weiter. Wir wollen eine gediegene Form der Verstetigung von Synodalität in unserem Land haben.“
Blattert, der unter anderem in Sankt Georgen am Aufbau eines Berufungscampus arbeitet, stimmte zu: „Ich bin ebenfalls im Team der Begeisterten. Am Anfang waren Widerstand und Skepsis sehr hoch, es hieß, Papst Franziskus mache uns die Kirche kaputt. Doch dass dann bei der Mehrzahl ein Zutrauen da war beim Rausgehen ist eine große Veränderung.“ Er räumte aber auch ein: „Es sind kleine Schritte, und was es bringt, wird entschieden an der Implementierung liegen.“
Zum Schluss fragte Britta Baas nach der Wahrnehmung der Diskutierenden mit Blick aufs Thema Missbrauch. Bischof Bätzing sagte dazu: „Wir mussten erhebliche Energie aufbringen, damit das Wort ,Missbrauch‘ in den Absätzen 46 und 55 drinsteht. Ich habe beiden nicht zugestimmt, weil ich es leid bin, von Unzulänglichkeiten der Kirche zu sprechen. Es ist zwar gelungen, diesen Bezugsrahmen zu benennen, aber nicht in der Weise und Qualität, wie es sich für die krisenhafte Situation angemessen wäre.“
Gefragt, wie es ihr nun gehe, sagte Claudia Lücking-Michel, sie habe „riesige Hoffnungen“ auf die Weltsynode gesetzt. Nun hoffe sie weiter, dass die Netzwerke, Kontakte und Gespräche noch lange lebendig blieben und der Schwung mitkomme nach Deutschland. „Ansonsten erlebe ich in dem katholischen Umfeld wenig Hoffnung auf konkrete Veränderung. Deshalb sage ich: Alle, die etwas tun können, um die Liebe Gottes zu verbreiten, müssen jetzt ran. Aber ich verstehe auch die jüngere Generation, die sagt, katholische Kirche ist kein Ort mehr für uns, auf den wir hoffen.“
Moderatorin Baas rundete den Abend ab und fasste zusammen: „Wir hören den Vorsitzenden der DBK, wir wissen, wir machen weiter. Wer jetzt noch sagt, wir warten auf Rom, dem sagen wir, das ist vorbei, jetzt machen wir.“
Der Abend wurde gestreamt, die gesamte Diskussion kann hier im Ganzen abgerufen werden: https://www.youtube.com/watch?v=b6YULln7NFM