„Die christliche Friedensbotschaft angesichts zunehmender Gewalt in der Welt“
„Frieden ist ein hohes Gut, dessen wahren Wert wir erst zu schätzen beginnen, wenn er bedroht ist. Und Menschen haben ihre Ideen und Pläne, wie Frieden gelingen kann.“ Mit diesen Worten hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz und Bischof von Limburg, Bischof Dr. Georg Bätzing am Mittwochabend, 6. November 2024, in Frankfurt für einen umfassenden Einsatz für den Frieden geworben. Bischof Bätzing bezog sich in seinem Vortrag ausführlich auf das neue Friedenswort der Deutschen Bischofskonferenz „Friede diesem Haus“, das im Februar 2024 veröffentlicht wurde.
Der Friede sei kostbar und keineswegs selbstverständlich. „Das entdecken wir in den vergangenen drei Jahren noch einmal besonders, in denen der so weit entfernt scheinende Krieg uns näher gerückt ist. Und wir erleben eine Erosion internationaler Regime und Konventionen – insbesondere im Bereich der Menschenrechte und der Rüstung – sowie von Organisationen; dazu Krisen, die sich wechselseitig verschärfen: Pandemien, Klimawandel, die Zunahme autoritärer Regierungsstrukturen in weiten Teilen der Welt“, so Bischof Bätzing bei seinem Vortrag vor der Frankfurter Gesellschaft für Handel, Industrie und Wissenschaft.
Einsatz für Frieden originär christlich
Bei vielen Konflikten zeige sich die Gemeinsamkeit, dass Fraktionen innerhalb des Konflikts sich stärker als früher auf Identitäten beziehen, ob kulturell, national, ethnisch oder religiös: „Wir erleben, wie Identitätsstrukturen, die Halt geben sollen, genutzt werden, um sich abzugrenzen, Feindbilder aufzubauen und völkischen und nationalistischen Ideologien Raum zu schaffen – im Äußeren wie im Inneren. Eine Strategie, die nicht neu ist, sondern uns Deutschen aus der Geschichte vertraut und aus der Perspektive der Verantwortung zu großer Wachsamkeit rufen muss“, betonte Bischof Bätzing. Dabei erinnerte er daran, dass der Einsatz für Frieden „ein originäres Projekt des Christentums“ sei und Christinnen und Christen dem Frieden verpflichtet seien.
Beim Versuch, den Begriff Frieden zu definieren, reiche es nicht aus, sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu verständigen: „Frieden ist mehr und größer: Friede ist der Zustand eines umfassenden Wohlbefindens, in dem Gerechtigkeit und Solidarität die Basis bilden. Frieden ist zugleich ein Geschenk Gottes und ein Auftrag an die Menschheit. Und der erfordert unser ständiges Bemühen, diesen Zustand erreichen und bewahren zu wollen. In unserer eigenen Gesellschaft und darüber hinaus.“ Dabei gebe es keine schnellen und nachhaltigen Lösungen für Konflikte großen Ausmaßes. „Und doch dürfen wir nicht resignieren angesichts von (zunehmender) Gewalt oder uns gar damit abfinden. Es gilt, Gewalt zurückzudrängen, zu ächten und zu überwinden. Dafür braucht es vor allem wieder verlässliche und vertrauenswürdige internationale Regime – im Bereich des Klimaschutzes, der Rüstungsregulierung und zum Aufbau gerechterer Wirtschaftsbeziehungen“, so Bischof Bätzing.
Dienst der Versöhnung
Der Friedensdienst der Christen sei immer auch ein Dienst der Versöhnung: „Daher sehe ich diesen Dienst der Versöhnung als einen besonderen christlichen Dienst und Auftrag an der Menschheit. Versöhnungsprozesse bedürfen der solidarischen Hinwendung zu den Opfern, der kritischen Auseinandersetzung mit den Tätern und auch mit denen, die zuschauten. Unterschiedliche Erfahrungen und Perspektiven miteinander ins Gespräch bringen, Widerständen begegnen und eine Haltung der Geduld sind Grundlagen von Versöhnungsprozessen, denn Heilung braucht Zeit. Versöhnung muss erbeten und gewährt werden.“ Dabei warnte Bischof Bätzing vor dem oberflächlichen Anschein von Normalität, die leicht wegführe von den Wunden der Menschen und die den Prozess einer langfristigen Versöhnung behindere: „Friedenshandeln wird die Strukturen und konkreten Geschichten der Gewalt nachhaltig ins Wort bringen, geduldig und selbstkritisch. Tiefe Versöhnung und wahrer Frieden sind nicht zu verwechseln mit kurzfristigen Erfolgen wie dem ‚Einfrieren eines Konflikts‘ oder einem Waffenstillstand. Dies sind vielleicht erste Schritte. Aber es gilt, weiterzuarbeiten, nicht beim ersten Schritt zu verharren, sondern eine langfristige Auseinandersetzung mit Gewalt- und Friedensproblemen anzustreben.“