Ein Priesterdichter wird 90
WIESBADEN/FRANKFURT. ? „Einen ausdrucksstarken und sprachpfiffigen Priester“ hat ihn Weihbischof Dr. Thomas Löhr einmal genannt, einen, der den Glauben immer mit sprachschöpferischer Kraft vermittelt habe: Pfarrer i.R. Lothar Zenetti feiert am 6. Februar seinen 90. Geburtstag. Lange ist es her, dass er in Wiesbaden auf seinem Lebensweg Station gemacht hat. Von Oktober 1957 bis April 1962 war er Kaplan in der Pfarrei St. Bonifatius. Doch die älteren Gemeindemitglieder erinnern sich immer noch gerne und gut an den Priesterdichter.
Über 60 Jahre Priester
Geboren 1926 in Frankfurt am Main, musste Zenetti das Abitur kriegsbedingt unterbrechen. Nach Verwundung und Kriegsgefangenschaft holte er es im Heimkehrer-Kurs nach und studierte bis 1952 an der Hochschule St. Georgen. Am 28. September 1952 empfing er durch Bischof Wilhelm Kempf die Priesterweihe, seine Primiz feierte er in Frauenfrieden. Im Anschluss an die Kaplansjahre in Wiesbaden wurde er im Mai 1962 Stadtjugendpfarrer von Frankfurt. Dieses Amt übte er bis Juli 1969 aus. Im August 1969 wurde er Pfarrer von St. Wendel/Frankfurt. Von Januar 1982 bis Dezember 1990 war er Katholischer Rundfunkbeauftragter beim Hessischen Rundfunk. Am 1. Februar 1995 ist Pfarrer Lothar Zenetti in den Ruhestand gegangen.
Großartiges Lebenswerk
Zu seinem 88. Geburtstag präsentierten der Limburger Diözesankirchenmusikdirektor Andreas Großmann und der Theologe Stefan Herok im Haus am Dom mit Klavier und Stimme vor über 200 Besuchern ein großartiges Lebenswerk, das sich in Texten, Liedern und Gedichten als religiös und politisch, fromm und polemisch, spirituell und ironisch, provokant und witzig gleichermaßen zeigte. „Seine Texte haben mit dazu beigetragen, dass das Geistliche Lied in den vergangenen 50 Jahren eine Blüte erlebte, wie es seit den Zeiten eines Paul Gerhardt, des evangelisch-lutherischen Kirchenlieddichters aus dem 17. Jahrhundert, nicht mehr der Fall war“, hob Großmann hervor. Herok charakterisierte ihn als einen „progressiven Denker mit frommen Seiten“, geprägt vom Zweiten Vatikanischen Konzil ebenso wie von tiefer Frömmigkeit, dessen Texte ungebrochen aktuell erschienen.
Schatz ganzer Generationen
Weit über das Bistum Limburg hinaus gehören seine Lieder zum Schatz ganzer Generationen von Katholiken. Rund 150 seiner Gedichte wurden bisher vertont, sogar „Was keiner wagt“ von Konstantin Wecker stammt aus Zenettis Feder. In katholischen und evangelischen Gesangbüchern finden sich seine Texte; auch im neuen Gotteslob ist er ? zum Teil neu vertont - wieder vertreten. Zahlreiche Bücher mit poetischen und politischen Texten hat er veröffentlicht. (rei/dw)