Als Volunteer in Krakau
KRAKAU.- Zwei Millionen Jugendliche werden in Krakau erwartet. Vom 27. bis zum 31. Juli wird dort der Weltjugendtag gefeiert. Etwa 40.000 Freiwillige - "Volunteers" - sorgen für einen reibungslosen Ablauf, geben den Pilgern Auskünfte und verteilen Pilgerpakete. Eine dieser Freiwilligen ist Lena Hecht.
"Ich habe mich relativ spontan dazu entschlossen, weil ich unbedingt selbst zum Weltjugendtag wollte", erzählt Lena Hecht. Leider habe es in ihrer Heimatgemeinde im Ruhrgebiet zu wenige Anmeldungen gegeben. "Und da ich gehört habe, dass es in Polen zu wenig freiwillige Helfer gibt, habe ich nicht lange überlegt." Bereits zum dritten Mal sei die Anmeldefrist verlängert worden, erklärt die Studentin.
Für die 22-Jährige ist es nicht der erste Weltjugendtag, 2011 war sie mit einer Gruppe in Madrid. "Das war so ein tolles Erlebnis, Jugendliche aus aller Welt feiern miteinander, jeder auf seine Art - Nationalität spielt keine Rolle, hier sind alle Freunde. Das musste ich wieder erleben. Und als Volunteer kann ich nun auch anderen ermöglichen, diese Erfahrung zu machen, denn ohne die Freiwilligen funktioniert ja nichts."
Nun arbeitet Lena alle zwei Tage für jeweils zwölf Stunden in einer Packstation. Das bedeutet, dass sie Pilger registriert und ihnen das offizielle Pilgerpaket zusammenstellt: Rucksack, Regencape, Gebetbücher und natürlich die Essensmarken. Zwischen den Schichten hat sie einen Tag frei - Zeit, die zweitgrößte Stadt Polens zu erkunden: "Die Stadt ist wirklich schön, das jüdische Viertel, der Wawelshügel und die vielen Kirchen der Stadt."
Anti-Terror-Training gehört zur Ausbildung
Die Sicherheitsvorkehrungen in Krakau sind sehr hoch. Polizisten patrouillieren in der gesamten Stadt, auch die Militärpolizei zeigt Präsenz und Hubschrauber des Militärs kreisen über der Stadt. Konkrete Warnhinweise gäbe es jedoch nicht, versichern die Veranstalter. Dennoch möchten die Polen kein Risiko eingehen.
"Wir hatten einen Tag lang eine spezielle Ausbildung, wie wir uns im Falle eines Angriffs verhalten sollen, dazu kam extra ein Soldat von einer Anti-Terror-Einheit", sagt Lena. So sind die Freiwilligen dazu angehalten, Verdächtige zu melden - und keinesfalls Blickkontakt mit einem potentiellen Angreifer aufzunehmen. "Wir sollen uns nicht anmerken lassen, wenn wir eine Bedrohung wahrnehmen, sondern uns entfernen und möglichst die anwesenden Gruppen mitnehmen."
Bei einer Panik nach einem Anschlag werden Kinder und behinderte Menschen zuerst an die Seite genommen. "Wenn zum Beispiel ein Rollstuhlfahrer in einer Menge ist, denken die anderen Menschen, dort sei eine Lücke - den Rollstuhl sieht man ja erst einmal nicht. Dann drängen alle dort rein - für behinderte Menschen oder eben Kinder ist das sehr gefährlich." Aber Sorgen macht Lena sich nicht: "Diese Ausbildung war schon ein krasses Erlebnis, aber man sieht ja, wie gut die Polizei hier für Sicherheit sorgt."
1000 Mädchen - fünf Duschräume
Untergebracht ist Lena mit etwa 1000 anderen Mädchen in einer Trainingshalle am Fußballstadion. "Wir sollten extra Stirnlampen mitbringen, weil das Licht immer aus ist. Wir arbeiten ja in Schichten, auch nachts. Deshalb schlafen einige der Mädchen auch tagsüber." Das sei schon manchmal schwierig, habe aber auch Vorteile. "Es gibt nur fünf Duschräume mit jeweils acht Duschen - bei 1000 Mädchen würde das dauern, wenn alle gleichzeitig Feierabend hätten", lacht Lena.
Dagegen sei die Verpflegung manchmal ein Problem: "Es gibt Verpflegungsstationen, die verbrauchen ihre Vorräte für drei Tage schon an einem Tag. Aber wir Volunteers tauschen uns dann untereinander aus, wo es noch Essen gibt, schwierig ist es nie. Und notfalls gibt es immer belegte Brote und Obst in der Unterkunft."
Keine Vorurteile gegenüber Deutschen
Die Verständigung in Polen ist für Lena kein Problem, sie spricht fließend Englisch und ein bisschen Russisch. Ein Problem wegen ihrer Nationalität habe sie ebenfalls nicht gehabt: "Natürlich fragen einige danach, wie ich mich so als Deutsche dabei fühle, das Konzentrationslager Auschwitz zu besichtigen. Ich sage dann immer, dass ich zur vierten Nachkriegs-Generation gehöre. Ich kenne die Verbrechen der Nazis auch nur aus dem Geschichtsbuch. Trotzdem hat es mich sehr mitgenommen und ein komisches Gefühl bleibt."
Im Gegenteil, Lena wurde auch als Deutsche sehr herzlich aufgenommen: "Das hat mich schon überrascht, wie freundlich die Menschen hier sind. Ich werde auf der Straße gegrüßt, man hält mir die Türen auf, alle sind einfach freundlich und hilfsbereit. Polen ist ein unglaublich faszinierendes Land." Bevor sie Polen verlässt, wird sie noch zur großen Papstmesse am 31. Juli gehen. Im Anschluss an den Gottesdienst wird der Papst den Freiwilligen persönlich für ihre Hilfe danken - ein weiteres Highlight in Lenas Reisetagebuch. (hm)