Integration braucht langen Atem
OBERURSEL. ? Für ein Verständnis von Integration als gegenseitigen Prozess hat sich Domkapitular Dr. Wolfgang Pax, Leiter des Kommissariats der katholischen Bischöfe in Hessen, in Oberursel ausgesprochen. Beim Jahresempfang des Bezirks Hochtaunus am Donnerstag, 8. September, plädierte Pax vor rund 75 Gästen aus Kirche, Politik und Gesellschaft dafür, die anstehende Aufgabe verantwortungsvoll anzunehmen, auch wenn dies nicht ohne Konflikte abgehe. "Das rüttelt uns alle heftig durch und der Ausgang ist ungewiss", sagte er. Aus dem christlichen Glauben heraus gelte die "Option für die Armen" und in besondere Weise die Zugewandtheit zu den Fremden. Eine deutliche Absage erteilte er der Vorstellung, Probleme der globalen Migration durch die einseitige Festlegung von Obergrenzen lösen zu können.
Gesellschaftliches Konzept
Integration werde vor Ort geschehen, in Kitas, Schulen, Betrieben und in Kommunen, sagte Pax in seinem Vortrag, und unterstrich damit seine Überzeugung, dass diese Aufgabe „die Stunde der föderalen Struktur unserer Gesellschaft ist“. Die Akteure vor Ort und das Bundesland spielten eine wichtige Rolle, haupt- und ehrenamtlich, „ausgestattet mit Motivation, gutem Willen und langem Atem“. Hessen habe die im vergangenen Jahr vorrangige Unterbringungsfrage gut gelöst, meinte Pax, der im Hessischen Asylkonvent die katholische Kirche vertritt. Jetzt gelte es, ein langfristig angelegtes gesellschaftliches Konzept zu entwerfen mit Spracherwerb und Integration in den Arbeitsmarkt als unverzichtbaren Elementen.
In der Demokratie heimisch werden
Mit am drängendsten gehöre in eine solche Konzeption die Frage, „wie die, die Deutsch gelernt haben und eine Arbeit gefunden haben, Demokraten werden“. In diesem Sinne müsse die Rechtsordnung vermittelt und erklärt und die Freiheit „als unser Lebensmodell“ dargestellt werden, „von dem wir keine Abstriche machen wollen“. Es brauche Erfahrungsräume, in denen Menschen dies erleben und darin heimisch werden könnten. Dass die wissenschaftliche Befassung mit der Bibel Fundamentalismus und Ideologisierung aufgebrochen habe, diese Erfahrung sollten die Christen weitergeben und in das Gespräch mit dem Islam einbringen.
Veränderungen sind gestaltbar
Eindringlich forderte Dr. Pax dazu auf, die sichtbare Gruppe von Menschen, die Angst um den Fortbestand des Erreichten und Gewohnten habe, nicht zu übersehen und zu verschweigen. Ihnen müsse Mut gemacht werden, dass ? unvermeidliche ? Veränderungen gestaltbar seien. Es sei noch nie leicht gewesen, mit Veränderungen umzugehen, die immer mit Risiken einhergingen: Doch gehörten sie zum Leben in dieser Welt einfach dazu.
"Schöpfung bewahren" wird Jahresthema
Zum ersten Mal in ihrer Amtszeit hatte Dr. Ruth Funk, neue Vorsitzende der Bezirksversammlung, die Teilnehmer des traditionellen Empfangs begrüßt, darunter für die Evangelische Kirche unter anderem Dekan Michael Tönges-Braungart, aus der Politik Staatsminister a.D. Jürgen Banzer, die Kreisbeigeordnete Katrin Hechler, Bürgermeister Gregor Sommer und Kämmerer Thorsten Schorr, Vertreter des gesellschaftlichen Lebens, der Schulen, Gemeinden und Kirchorte. Die Stimme der Kirche und des christlichen Glaubens in die Gesellschaft hinein zu tragen, sei Aufgabe der gewählten Vertretung der Katholiken im Hochtaunus, sagte sie. Als Schwerpunkt für das kommende Jahr kündigte sie das Thema „Schöpfung bewahren“ an. Wie auch Bezirksdekan Paul Lawatsch in seinem Schlusswort lobte Dr. Funk das gute Miteinander von politischem Mandat und kirchlichen Interessen auf Kreisebene. (rei)