03.02.2012
Singende Hände
FRANKFURT. Gebärdensprache und Musik ? auf den ersten Blick sind das gegensätzliche Welten: Dass Gebärdenlieder aber eine poetische und musikalische Ausdrucksform sein können, beweisen immer mehr Gebärdenchöre. Erstmals gibt es jetzt sogar ein Liederbuch, das auch traditionellen Chören und Musikinteressierten die Möglichkeit eröffnen soll, Grundlagen der Gebärdensprache zu erlernen. Mitglieder des Vereins LUKAS 14 zur Integration von Menschen mit Behinderung und Patrick Dehm, Verleger des Buches und Vorsitzender des Arbeitskreises Neues Geistliches Lied im Bistum Limburg, stellten das Werk am Donnerstag, 2. Februar, in Frankfurt der Öffentlichkeit vor.
Das Liederbuch "Sende uns Engel", herausgegeben von Christina Kupczak vom Verein LUKAS 14, präsentiert bekannte christliche Lieder und Neukompositionen mit Text, Melodie und passenden Gebärden. Sie sind in die Kategorien Liturgische Texte und Lieder, Advent/Weihnachten und Allgemeine Lieder unterteilt. Zu Beginn gibt es eine Einführung in die Gebärdensprache, um diese dann zu den Liedern anwenden zu können. Neben beschreibenden Texten dienen gezeichnete Hände zur Verdeutlichung der jeweiligen Handformen, die für ein Wort stehen. Dazu liegen jedem Exemplar zwei DVDs bei, die die Gebärdensprache auch visuell darstellen, präsentiert von Stefan Richter, einem Gebärdensprachdolmetscher, und Sina Reulein, der Chorleiterin des Gebärdenchors der Liebfrauenkirche. Denn bei dieser dreidimensionalen Sprache spielen die richtige Bewegung der Hände und die Mimik eine sehr große Rolle. Das Liederbuch dient so als Selbsthilfekurs mit dem Ziel, sich durch die Verbindung von Text, Zeichnungen und visuellen Darstellungen Grundlagen der Gebärdensprache selbst beizubringen.
LUKAS 14 wurde 2007 gegründet, um Integration und Kultur für Menschen mit Behinderungen zu fördern. Der Verein ist aus dem Förderverein der Katholischen Gehörlosenseelsorge PAX in Frankfurt entstanden, der auf eine 30-jährige Arbeit mit Gehörlosen zurückblicken konnte. In dessen Nachfolge organisiert auch LUKAS 14 alle drei Jahre das Frankfurter Evangelienspiel, bei dem Menschen mit und ohne Behinderung Szenen aus dem Leben Jesu spielen. Der Vereinsname erinnert an die vier Erzählungen aus dem 14. Kapitel des Lukasevangeliums, in denen es um die Würde der Menschen geht, vor allem jener, die am Rande der Gesellschaft stehen.
Seit seiner Gründung verbindet LUKAS 14 Gebärdensprache und Musik in besonderer Weise: Nachdem die Geschäftsführerin des Vereins, Christina Kupczak, 2003 die Gesänge eines Gospelchors in Gebärdensprache übersetzen ließ, stellte sie fest, dass sich beides gut miteinander verbinden lässt. LUKAS 14 begann Chöre zu gründen, in denen genau das, die Verschmelzung von Gesang und Gebärde, das Ziel war. Heute findet man in diesen Gebärdenchören Menschen aus unterschiedlichen Nationen, mit und ohne Hörbehinderungen und sogar Sehbehinderte. (jop)
Sende uns Engel, Ein Liederbuch mit Einführung in die Gebärdensprache, Christina Kupczak, LUKAS 14 (Hrsg.), Dehm-Verlag Limburg 2012, ISBN 978-3-9812050-8-4, 29,90 ?