Berlin
Erinnerung an die Shoah: „Sej a Mensch!“
Im Juni und Juli vergangenen Jahres sprach sie – eingeladen vom Projekt „Zeitzeugen“ im Bistum Limburg - als Zeitzeugin in der Josephine-Baker-Schule und im Haus am Dom in Frankfurt. Am Vormittag des 31. Januar stand sie vor allen Bundestagsabgeordneten, Ehrengästen und Gästen. Eva Szepesi erzählte ihre Lebensgeschichte und ihre Hoffnung des „Nie wieder!“ – eine fragile Hoffnung, wie sie es im Blick auf ihre Erfahrungen nach dem 7. Oktober sah. Als 12 jährige war sie im November 1944 nach Auschwitz-Birkenau gekommen. Am 27. Januar 1945 wurde sie von einem sowjetischen Soldaten befreit – ihre Eltern und ihr jüngerer Bruder wurden ermordet.
Internationaler Holocaust-Gedenktag
Seit 1996 ist dieser 27.Januar ein Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus in der Bundesrepublik, seit 2005 auch international von den Vereinten Nationen eingeführt. Vermutlich war es die Beziehung zu Eva Szepesi, die Dr. Marc Fachinger – Leiter des Projekts „Zeitzeugen“ - eine Einladung der Bundestagspräsidentin Bärbel Bas zu dieser Feier bescherte. Frau Bas eröffnete mit einer Begrüßungsansprache, welche die Bedeutung dieses Tags hervorhob, die Gedenkstunde, nachdem zuvor Studierende der Universität der Künste eine Nocturne von Ferenc Weisz gespielt hatten, welcher Ende September 1944 in Auschwitz ermordet wurde.
Marcel Reif und das Schweigen seines Vaters und "Sej a Mensch!"
Neben Eva Szepesi gab es erstmals auch eine Rede eines Betroffenen aus der sogenannten zweiten Generation Holocaust-Überlebender. Marcel Reif sprach vom Trauma seines Vaters und dem Schweigen darüber. Leon Reif hatte das Glück, von dem Unternehmer Berthold Beitz gerettet zu werden. Sein Sohn erbte lange das Schweigen des Vaters. Doch gab sein Vater ihm auch mit, womit Marcel Reif seine bewegende Rede beendete: „Drei Worte nur in dem warmen Jiddisch, das ich so vermisse: sej a Mensch – sei ein Mensch.“ Danach beendete ein Musikstück der Shoah-Überlebenden Rosy Wertheim diese Feier auf stimmige Weise, jedes weitere gesprochene Wort wäre zu viel gewesen.
Begegnungen rund um die Gedenkstunde
Rund um die Feierlichkeiten gab es Möglichkeiten der Begegnung. So konnte Dr. Fachinger ein paar Worte mit Frau Margot Friedländer wechseln. Die Vorsitzende der „Union progressiver Juden“ – Irith Michelsohn - saß links neben ihm und sprach über das Verhältnis zum Zentralrat der Juden und Josef Schuster. Zu seiner Rechten saßen Aaron Eckstaedt, Direktor des jüdischen Gymnasiums mit der dortigen Schulsprecherin, die von Gedenkformen an ihrer Schule mit rund 500 Schüler:innen erzählten .
Bei einer sich anschließenden Führung durch die Ausstellung "I said 'Auf Wiedersehen“' zu den Kindertransporten 1938 durch die Kuratorin Ruth Ur, die am Tag zuvor eröffnet worden war, machte Dr. Fachinger die Bekanntschaft mit Veronika Nahm. Sie ist Direktorin des Anne Frank Hauses, Berlin. Mit ihr tauschte er sich über die Eindrücke zu der Gedenkstunde aus. So konnten an diesem Tag auch neue Kontakte für das Zeitzeugenprojekt geknüpft werden.
Die eindringliche Botschaft „Sej a Mensch“ von Marcel Reif wird auch in der zukünftigen Arbeit des Projekts „Zeitzeugen“ Motivation sein und lange nachhallen.
Text: Marc Fachinger
Bildergalerie