Limburg, 27.02.2024
Quelle der Hoffnung
Wenn Kohlgraf als Präsident von pax christi über das Thema Frieden diskutiere, spüre er viel Ratlosigkeit, Mutlosigkeit und Sprachlosigkeit. Nicht nur in den derzeitigen Kriegssituationen steckten Menschen den Kopf in den Sand, weil sie die Wirklichkeit nicht wahrnehmen wollten oder aushielten, sondern auch aufgrund der kirchlichen Situation.
„Worauf Gott seine Hoffnung setzt, das wage ich“
Der Mainzer Bischof zitierte aus dem Buch „Das fließende Licht der Gottheit“ der mittelalterlichen Mystikerin Mechthild von Magdeburg: „Worauf Gott seine Hoffnung setzt, das wage ich.“ Unzählige Menschen hätten auf Gott ihre Hoffnung gesetzt, sie würden oft nicht enttäuscht, auch wenn Gott anders handle, als der Mensch erwarten könne. Gott sei für Menschen heute nicht mehr die vorrangige Quelle der Hoffnung, sondern Familie, Gesundheit, Erfolg, Frieden und Freundschaft. Viele hätten angesichts ihrer Lebenssituation oder der Lage der Welt die Hoffnung verloren. Auch ehemalige Mitglieder der Kirche hätten die Hoffnungslosigkeit als einen Grund dafür genannt, die Kirche zu verlassen, sie erwarteten nichts mehr von der Glaubensgemeinschaft.
Als Christinnen und Christen Vorbild sein
Dabei wäre, wenn man die biblische Botschaft ernst nehme, die Hoffnung der Markenkern des Glaubens an einen menschenfreundlichen Gott. „Seid jederzeit bereit, Rede und Antwort zu stehen, wenn jemand nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt.“ (1 Petr 3,15) Petrus richtete sich an Christinnen und Christen in einer Situation, die nicht leicht sei: An zerstreute Christengemeinden in der griechischen Diaspora, kleine Gruppen in einer Welt, die geprägt sei von großer Beliebigkeit. „Man kann sich vorstellen, dass die Christen damals ebenso wie wir heute in Versuchung waren, sich einzuigeln“, sagte Bischof Kohlgraf. Nach Petrus gebe es nur einen Weg: Als Christinnen und Christen so zu leben, dass die Nachbarinnen und Nachbarn neugierig würden. „Die einzige Werbung, die andere anzieht, bin ich als gläubiger Mensch“, sagte der Bischof von Mainz und weiter: „Petrus ist überzeugt: Wenn ich ein vernünftiger Mensch bin, gute Kontakte und Freundschaften habe, ein Zeitgenosse bin, den andere akzeptieren, dann wird es in wichtigen Fragen nicht ausbleiben, dass Menschen bemerken: Ich lebe aus einer Quelle, die sie neugierig machen kann.“
Hoffnung statt Hass
Der Mainzer Bischof forderte die Christinnen und Christen heute auf, Profil zu haben: Menschen zu sein, die nicht hassten, hetzten oder ausgrenzten, sondern die aus der Hoffnung Kraft schöpften, etwas verändern zu wollen und zu können. „Wer hofft, hasst nicht. Wer hofft, beginnt keine Kriege. Wer hofft, nimmt andere mit und erfindet keine Feindbilder jeglicher Art. Hoffnung motiviert und führt zusammen. Das wäre der Markenkern der Kirche und ihrer Botschaft.“ Menschen könnten die Welt verändern. Der erste Grund für diese Hoffnung sei das Urvertrauen, von Gott getragen zu sein. Menschen gestalteten Heilsgeschichte mit in einer oft unheilen Welt. Zum Markenkern christlicher Botschaft gehöre auch der Glauben an ein ewiges Leben. „Die gesamte christliche Tradition wusste, dass die Hoffnung auf das ewige Leben im Himmel nicht Vertröstung bedeutet, sondern Einsatz für das Reich Gottes hier und heute. Ich meine, dass unsere Welt dringend Menschen braucht, die diese Hoffnung leben, die kleine Pflänzchen des Friedens, des Miteinanders, der Gemeinschaft setzen; Menschen, die sich nicht enttäuscht zurückziehen, weder aus der Gesellschaft noch aus der Kirche“, sagte Bischof Kohlgraf. Er forderte dazu auf, für eine Welt in Gottes Sinne zu arbeiten und sie zu gestalten. Wenn Gott Hoffnung habe, sollten die Menschen nicht den Mut verlieren. Es lohne sich, für den Markenkern des Glaubens zu leben und zu arbeiten: die Hoffnung. Und im Letzten damit auch für Frieden und Versöhnung.