20.11.2014
Heilsam für die Menschen
FRANKFURT.- Ein Raum, der Ruhe ausstrahlt, der „heilsam für die Menschen“ sein kann, wo es in existenzieller Weise um Lebensfragen geht - das ist die neue ökumenische Kapelle im Frankfurter Universitätsklinikum. Am Donnerstag, 20. November, wurde sie von den beiden katholischen und evangelischen Stadtdekanen, Johannes zu Eltz und Achim Knecht, in einem Festgottesdienst eingeweiht.
In seiner schlichten Gestaltung, für die der Wiener Künstler Leo Zogmayer verantwortlich zeichnet, sei hier ein “großartiger Raum“ entstanden, unterstrich der Ärztliche Direktor der Uniklinik, Prof. Jürgen Schölmerich. Hier könnten Menschen, die voller Angst seien, die unter schweren Krankheiten litten oder um einen Freund oder Angehörigen bangten, aber auch die Mitarbeiter der Kliniken, die viele belastende Situationen in ihrem Arbeitsalltag erlebten, neue Kraft und Trost schöpfen.
„Zarte Präsenz des heilenden Gottes“
Die „zarte Präsenz des heilenden Gottes“, die der katholische Stadtdekan Johannes zu Eltz in der Kapelle wahrnimmt, könne Kranken, Angehörigen und Mitarbeitern außerhalb des durchorganisierten, diagnostischen und therapeutischen Klinikalltags eine dringend benötigte Auszeit in Stille gewähren. Zu Eltz zeigte sich „sehr dankbar“, dass die Universitätsklinik als ganz und gar säkulares Gebilde den beiden christlichen Kirchen das Vertrauen ausspreche, in seelsorglicher Verantwortung hier einen Raum des Gebets, der Stille und Einkehr zu eröffnen.
Der evangelische Stadtdekan Achim Knecht zeigte sich glücklich, dass die Kapelle an zentraler Stelle im Haupthaus der Uniklinik am Theodor-Stern-Kai leicht zu finden und rund um die Uhr geöffnet sei. So gebe es auch spontan die Möglichkeit kurz haltzumachen, zu beten, eine Kerze anzuzünden oder einen Wunsch in das Fürbittbuch einzutragen.
Kontemplative Ausstrahlung
Wie sehr die zurückhaltende künstlerische Ausstattung der Kapelle zu ihrer beruhigenden Wirkung beiträgt, wurde deutlich, als der Künstler Zogmayer auf Details der Gestaltung verwies, etwa das leicht zum Betrachter geneigte Kreuz an der Stirnseite, das zwar abstrakt und ohne Christuskorpus aus Nussholz gearbeitet ist, dessen Querbalken aber doch wie ausgebreitete Arme auf den Betrachter wirken. „Das ist ein Ort, wo Menschen zusammenkommen, sich im Kreis sammeln können, da braucht es keine große künstlerische Intervention“, so Zogmayer. Der schlichte Holztisch in der Mitte als Altar, über dem durch eine große runde Öffnung Tageslicht in den Raum strömt, unterstreicht diesen Anspruch. Auch die aus zwölf Farbblättern bestehende lichtdurchlässige Glaswand in intensivem Blau an der Eingangsseite verstärkt die kontemplative Ausstrahlung des Raumes.
Für die Leiterin der evangelischen Klinikseelsorge, Pfarrerin Elisabeth Knecht, spiegelt die Kapelle die Aufgabe der Krankenseelsorge wider: „Da sein, Angst, Hoffnung, Ohnmacht aushalten und zeigen, dass Gott heilsam gegenwärtig ist“, das geschehe auf den Stationen wie in der Kapelle. „Und oft gehen die Menschen leichter und hoffnungsvoller aus diesen Begegnungen heraus als sie hineingegangen sind.“ Auch der katholische Klinikseelsorger Pfarrer Matthias Struth sieht das Potential der mehr als zehn Jahre geplanten Kapelle: Wie auf einem Marktplatz, ein Café und die Ambúlanzen in der Nähe, sei man hier mitten im Geschehen und komme schneller in Kontakt mit Patienten, Angehörigen und Angestellten. Auch der muslimische Gebetsraum in unmittelbarer Nachbarschaft zeige die Verbundenheit mit allen Menschen, die sich in der Universitätsklinik aufhalten.
Die Kapelle ist rund um die Uhr geöffnet, samstags um 17 Uhr gibt es eine katholische Messe, sonntags um 09,30 Uhr und freitags um 14.30 Uhr einen evangelischen Gottesdienst. Darüber hinaus sind die Klinikseelsorger jederzeit erreichbar. Während die Klinik den Raum zur Verfügung gestellt hat, haben die beiden christlichen Kirchen die künstlerische Ausstattung mit insgesamt 130.000 Euro je zur Hälfte finanziert.
Reduktion auf Wesentliches
Der österreichische Maler und Bildhauer Leo Zogmayer (65) gilt im Kirchenbau als einer der derzeit wichtigsten Künstler und Ausstatter. In den vergangenen 15 Jahren hat er zwölf Kirchen und Kapellen eingerichtet und zahlreiche Messgewänder, liturgische Geräte und Fenster entworfen. Vor wenigen Wochen wurde sein Vorschlag für die Umgestaltung der St. Hedwigs-Kathedrale in Berlin mit dem ersten Preis ausgezeichnet. Zu seinem Werk gehören aber auch Malerei, Zeichnung, Druckgrafik und Installationen, etwa raumgreifende Kunstprojekte in unterschiedlichen architektonischen und städtebaulichen Kontexten.
Seine künstlerische Arbeit zeichnet sich durch die Reduktion auf Wesentliches aus. Dies war auch das Leitmotiv für seine Gestaltung der ökumenischen Kapelle der Universitätsklinik, ein Feierraum und Gastraum nicht nur für Protestanten und Katholiken, sondern für alle Menschen, die Stille ohne Ablenkung suchen. (dw)