LIMBURG/FRANKFURT/BONN.-, 12.02.2020
Kirche im Mentoring- Frauen steigen auf
„Kirche im Mentoring - Frauen steigen auf“: Seit fast vier Jahren gibt es nun das Programm des Hildegardis-Vereins und der Deutschen Bischofskonferenz. In diesem Jahr sind aus dem Bistum Limburg Karin Sawatzki und Ariane Tauber dabei. Sawatzki ist Kita-Koordinatorin in Frankfurt, Tauber arbeitet als Navigatorin für die Pfarrei neuen Typs St. Blasius im Westerwald.
Im Interview ziehen die Geisteswissenschaftlerin und die Betriebswirtin ein Zwischenfazit. Und auch, was sie sich von dem Programm für ihre Kirche erhoffen, ist Thema. Sportlich soll sie sein, die Kirche der Zukunft, damit sie flexibler wird und ihr der ein oder andere Spagat gelingt. Und wach, damit sie die vielen Frauen sieht, die Leitungsqualitäten mitbringen.
Sie wurden ausgewählt, bei dem Mentoring-Programm mitzumachen. Wie fällt Ihre vorläufige Bilanz aus? Was ist das Besondere an dem Programm und was sind Ihrer Meinung nach Stärken und bzw. oder Schwächen des Programms?
Sawatzki: Das Besondere an diesem Programm ist das Zusammenspiel zwischen Seminaren, Einzelgesprächen und somit einer individuellen Begleitung, Projektarbeit und ganz wesentlich Netzwerkarbeit. Ich bin sehr zufrieden und profitiere sowohl fachlich als auch persönlich sehr von diesem Programm. Die Schwäche des Programms liegt meiner Meinung darin, dass es noch nicht nachhaltig angelegt ist und Kompetenzen, die in diesem Jahr entwickelt und intensiviert werden, danach unter Umständen nicht genutzt werden können.
Tauber: Guter Einwand mit der Nachhaltigkeit, genau da setzt meine Projektarbeit an. Dazu kann ich später noch etwas sagen. Zum Mentoring-Programm selbst: Ich finde, dass das Programm durch den Hildegardis-Verein sehr gut organisiert ist. Die Qualität der Fortbildungen und die persönliche Motivation sind besonders nach den bistumsübergreifenden Treffen sehr hoch. Auch die internen Reflexionstreffen bieten Möglichkeiten, das Programm für den Folgejahrgang noch besser aufzustellen. Dennoch könnte das Programm meiner Meinung nach mehr interne Werbung vertragen. Ich bin überzeugt, dass wir im Bistum viele kompetente Frauen haben. Manche von Ihnen benötigen eventuell eine Ermutigung, sich für das Programm zu bewerben.
Zu der Projektarbeit kommen wir noch. Zunächst zu einem der wichtigsten Bausteine des Programms: Das ist das Tandem mit Ihrem Mentor bzw. Ihrer Mentorin. Das sind Dr. Susanne Gorges-Braunwarth und Dr. Werner Otto? Wie kann man sich das vorstellen?
Tauber: Ja, das Tandemprinzip ist ein sehr wichtiges Element des gemeinsamen Lernens anhand Erfahrungen anderer Frauen und Männer in Leitungspositionen. Einmal im Monat treffe ich meine Mentorin und bearbeite und reflektiere verschiedene Themen, für die im Büroalltag meist keine Zeit ist. Für mich ist es sehr nützlich, dass meine Mentorin aus einem anderen Dezernat kommt, um hier explizit die verschiedenen Blickwinkel zu nutzen und dabei meine eigene Sicht zu weiten. Dabei war für mich überraschend zu erleben, dass nicht nur ich als Mentee von der beruflichen Erfahrung als Führungskraft der Mentorin profitiere, sondern dass auch ich meiner Mentorin Impulse in dieser wachsenden Beziehung zurückgeben kann.
Sawatzki: Ja, das erlebe ich ähnlich. Auch wir treffen uns in der Regel einmal im Monat und ich kann dort Themen und Fragen einbringen, die mich allgemein oder auch ganz aktuell beschäftigen. Diese Zeit ist nur für mich da und das tut mir einfach gut.
Ein weiteres Element ist die Projektarbeit. Welches Projekt setzen Sie um?
Sawatzki: Mein Projekt entspringt direkt aus meinem Arbeitskontext, den Trägerschaftsaufgaben für fünf Kitas. Es geht um den Umgang mit übergriffigem Verhalten gegenüber Kita-Mitarbeitenden und der Fragestellung, wie wir unserer Verantwortung für die Kita-Mitarbeitenden gerecht werden können bei der wachsenden Anforderung an das pädagogische Personal; das heißt, wie wir in unseren Kitas die Mitarbeiterfürsorge gut wahrnehmen können. Denn nur wenn es unseren Mitarbeitenden gut geht und sie sich sicher fühlen, können Kinder und ihre Familien gut in unseren Einrichtungen ankommen. Besonders finde ich, dass das Projekt auch von der Abteilung Kita getragen und unterstützt wird.
Tauber: Bei meinem Projekt „Alumnae“ geht es um die Nachhaltigkeit des einjährigen Programmes „Kirche im Mentoring“. Alumni oder Alumnae-Netzwerke wollen generell die Beziehungen zwischen Ehemaligen erhalten und fördern. Als Mentee habe ich ein Jahr lang die Chance, Netzwerke aufzubauen, verschiedene Einblicke und Fortbildungen zu erhalten. Doch was ist nach Abschluss des Jahres? An dieser Stelle ergänze ich als Initiatorin von „Alumnae“ das Programm in der Hinsicht, dass sich nach der Teilnahme die ehemaligen Mentees des Bistums in regelmäßigen Abständen treffen. So haben wir auch nach dem Jahr die Möglichkeit, in einem Frauennetzwerk dezernatsübergreifend tätig zu sein. Die Ziele meines Projektes sind Erfahrungsaustausch zu ermöglichen und die Sichtbarkeit von Frauen im Bistum zu erhöhen. Somit steuert das Projekt einen wichtigen Beitrag zu mehr Geschlechtergerechtigkeit bei.
Was erhoffen Sie sich von dem Programm persönlich, beruflich, aber auch allgemein, beispielsweise für Strukturen in der Kirche – vielleicht auch vor dem Hintergrund des Synodalen Wegs?
Tauber: Gerade als Mitarbeiterin des Bereiches Finanzen, die keine Theologie studiert hat, wünsche ich mir einen tieferen Einblick, wie Kirche funktioniert, um Antworten auf persönliche Fragestellungen zu erhalten. Ich werde mir durch die drei Treffen mit den Mit-Mentees und Mentoren ein Netzwerk über die Bistumsgrenzen hinaus aufbauen, um mich auszutauschen zu können. Ich erhoffe mir innerhalb des Bistums mehr Aufmerksamkeit für Frauen mit Leitungsqualitäten und Gestaltungswunsch.
Sawatzki: Ich hoffe, dass unsere Kirche die Zeichen der Zeit erkennt und den Synodalen Weg nutzt, um wieder gesellschaftsfähig zu werden. Ich bin davon überzeugt, dass wir Antworten geben können auf viele der Fragen, die das Leben heute stellt. Und ich glaube, dass wir Orientierung in der reizüberfluteten Welt bieten können. Dazu müssen wir unsere Strukturen ändern, uns öffnen und modernisieren - ohne dabei unseren Auftrag in Frage zu stellen. Diesen Spagat halte ich für keinen leichten, aber es ist an der Zeit, dass wir ihn trainieren. Persönlich erhoffe ich mir, meine derzeitige Führungsrolle zu festigen und mich in dieser zu entwickeln; perspektivisch möchte ich diese Rolle gerne erweitern, z.B. in einer Doppelspitze.
Dazu müssen wir unsere Strukturen ändern, uns öffnen und modernisieren - ohne dabei unseren Auftrag in Frage zu stellen. Diesen Spagat halte ich für keinen leichten, aber es ist an der Zeit, dass wir ihn trainieren.
Karin Sawatzki
Hintergrund: Hildegardis-Verein und DBK machen sich für Frauen stark
Das Programm "Kirche im Mentoring – Frauen steigen auf" wird seit 2016 vom Hildegardis-Verein, der sich seit über 110 Jahren für die akademische Aus- und Weiterbildung von jungen Katholikinnen einsetzt, in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bischofskonferenz organisiert.
Das Mentoring-Programm hat das Ziel, den Anteil von Frauen in kirchlichen Führungspositionen zu erhöhen. Es besteht aus insgesamt drei Präsenzveranstaltungen, einem Tandem mit einer Mentorin oder einem Mentor im eigenen Bistum und einer Projektarbeit. Seit dem Start im Jahr 2016 wurden insgesamt 96 Frauen von ihren Bistümern, Verbänden und Hilfswerken zu „Kirche in Mentoring – Frauen steigen auf“ entsandt.
Koordiniert wird das Programm auf Seiten des Bistums von Dr. Beate Gilles und Stephan Menne, die zugleich in der überdiözesanen Steuerungsgruppe sind.
Mehr zum Mentoring-Programm gibt es auf der Seite: www.kirche-im-mentoring.de.