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01.07.2019

Zur Seligsprechung von Pater Richard Henkes

Wie ein Seligsprechungsverfahren abläuft und was eigentlich der Begriff „selig“ meint, das beantwortet der Kirchenrechtler Professor Peter Platen im Interview.

(Interview vom 12. Februar 2019)

Bevor Pater Richard Henkes aufgrund seines Martyriums selig ist, fehlt noch ein Schritt: die Seligsprechung selbst im Limburger Dom. Warum das eine Premiere im Limburger Dom ist, wann es soweit ist, wie ein Seligsprechungsverfahren abläuft, und was eigentlich der Begriff „selig“ meint, beantwortet der Theologe und Kirchenrechtler Professor Peter Platen im Interview. Platen leitet im Bischöflichen Ordinariat in Limburg die Abteilung Kirchliches Recht und ist außerplanmäßiger Professor für Kirchenrecht an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster

FRAGE: Premiere im Limburger Dom, das heißt, es gab vorher noch keine Seligsprechung dort?

Platen: Genau. Seit einer Entscheidung von Papst Benedikt XVI. aus dem Jahr 2005 werden Seligsprechungen in den Ortskirchen und nicht mehr - wie dies seit 1662 der Fall war -  in Rom vorgenommen. Katharina Kasper beispielsweise wurde 1978 noch in Rom seliggesprochen. Mit Pater Richard Henkes wird die erste Seligsprechung bei uns im Bistum gefeiert. Auf diese Weise wird die jeweilige Ortskirche sichtbar in die Zeremonie der Seligsprechung einbezogen und zudem an eine alte Tradition angeknüpft.

FRAGE: Mit der Seligsprechung im Dom wird das Verfahren dann kirchenrechtlich abgeschlossen sein. Was sind die wichtigsten Schritte in so einem Verfahren?

Platen:  Bevor das präzise geregelte Verfahren beginnen kann, muss es zunächst ganz schlicht eine Initiative geben, dass eine Seligsprechung in Angriff genommen werden soll. Ein solcher Entschluss kann von einer Einzelperson oder einer Gruppe, einem Orden, einer Pfarrei oder von Diözesanebene ausgehen. Dieses Anliegen wird sodann dem zuständigen Bischof vorgetragen, der vor der Entscheidung über die förmliche Eröffnung des Verfahrens prüfen muss, ob es „Substanz“ hat. Nach dem Beginn des diözesanen Erhebungsverfahren - bei Richard Henkes wurde dies im Jahr 2003 vom damaligen Bischof Franz Kamphaus eröffnet - beginnt eine arbeitsintensive Phase, in der das in Frage kommende Beweismaterial zu sammeln ist. Eine Historikerkommission hat alle relevanten Schriften und Dokumente zu sichten und zu bewerten, einer sogenannten Theologenkommission kommt es zu, die Schriften von und über den Kandidaten zu prüfen. Auch werden – sofern dies möglich ist – Zeitzeugen befragt. Nach Abschluss des diözesanen Verfahrens werden die Akten einschließlich der Voten der Gutachter bei der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse in Rom eingereicht.  Nach der Überprüfung der Verfahrensakten wird sodann die sogenannte Positio erstellt, unter der man sich eine qualifizierte Biographie des Kandidaten vorstellen kann. Diese Positio geht sodann an verschiedene Gutachterkommissionen, die etwa die Tugendhaftigkeit des Lebens oder das behauptete Martyrium zu prüfen haben. Am Ende dieses Verfahrensteils steht eine Entscheidung der Kongregation, die mit der Bitte um Annahme dem Papst vorgetragen wird. Ob der Papst diesem Urteilsvorschlag folgt – was die Regel ist – oder ihn ablehnt, ist die souveräne Entscheidung des Papstes. Ein gestuftes Verfahren bis hin zur Entscheidung des Papstes ist auch zu beachten, wenn im Zusammenhang des Verfahrens einer Selig- oder Heiligsprechung ein behauptetes Wunder zu untersuchen ist. Bei einem solchen Wunderverfahren werden vor allem medizinische Sachverstände beigezogen.

FRAGE: Und der letzte Schritt ist dann die Seligsprechung in der Ortskirche? Wie muss diese gefeiert werden und gibt es schon einen Termin?

Ja, erst mit der Feier in der Ortskirche wird Pater Richard Henkes selig sein. Das geschieht in der Regel im Rahmen einer Eucharistiefeier, in der die Biographie des neuen Seligen kurz vorgestellt wird und sodann durch einen Vertreter des Papstes – meist der Präfekt der Kongregation für Heilig- und Seligsprechungsprozesse – das Apostolische Schreiben verliest, mit dem der Papst Pater Richard Henkes den Titel und die Ehren eines Seligen zuerkennt. Mit diesem wenig spektakulären Ritus wird die Seligsprechung vollzogen. Ein Termin ist gerade in Abstimmung, mit Blick auf die notwendige Vorbereitung eines solchen Festes dürfte sich ein Termin im Spätsommer oder Herbst dieses Jahres anbieten.

FRAGE: Sie haben jetzt schon Wunder und Martyrium angesprochen. Was muss – laut Kirchenrecht – gewährleistet sein, damit eine Person seliggesprochen werden kann?

Platen: In diesen Verfahren geht es darum, nachzuweisen, dass die betreffende Person während ihres Lebens, ihres Todes und nach dem Tod im „Ruf der Heiligkeit“ stand und steht, indem er oder sie ein tugendhaftes, vorbildgebendes Leben geführt hat oder im Ruf des Martyriums steht, das heißt, das Leben für den Glauben hingegeben hat. In einer sogenannten Märtyrercausa – und das ist hier bei Pater Henkes der Fall - ist der Nachweis eines Wunders nicht erforderlich. In den anderen Fällen bedarf es über den Nachweis eines tugendhaften Lebens hinaus auch der kirchlichen Anerkennung eines auf Fürsprache der betreffenden Person gewirkten Heilungswunders. Eine weitere Voraussetzung besteht darin, dass der Antrag auf Eröffnung des Verfahrens nicht früher als fünf Jahre nach und nicht später als dreißig Jahre nach dem Tod der betreffenden Person zu stellen ist, allerdings sind Ausnahmen von diesen Vorgaben möglich, wie dies bei Mutter Teresa oder Papst Johannes Paul II. der Fall gewesen ist. Weiter muss die Person nach den Spezialnormen für das diözesane Erhebungsverfahren aus dem Jahr von 2007 katholisch sein, was zuvor in dieser Deutlichkeit nicht ausgeführt war, so dass auch über die Möglichkeit der Heilig- und Seligsprechung von Nichtkatholiken diskutiert wurde.

FRAGE: Wir reden die ganze Zeit von Seligen und Seligsprechung. Etymologisch geht „selig“ auf ein indogermanisches Wort zurück, das so viel wie glücklich bedeutet. Was bedeutet hier der Begriff selig?

Platen: An ein solches Verständnis knüpft auch der religiöse Begriff der Seligkeit an, wenn man damit den Zustand der vollendeten Erfüllung des Menschen in allen seinen Dimensionen fassen will. Bei der Seligsprechung geht es um die kirchenamtliche Anerkennung eines zutiefst gelungenen Lebens, das uns zum Hoffnungszeichen und Vorbild vorgestellt wird.

FRAGE: Was bedeutet es für die Gläubigen, wenn jemand selig gesprochen wird?

Platen: Mit der Seligsprechung ist nun über die jederzeit mögliche private Verehrung hinaus auch die öffentliche liturgische Verehrung des Seligen erlaubt, allerdings örtlich begrenzt. Konkret betrifft die Seligsprechung von Pater Henkes damit auch unseren liturgischen Kalender und das gottesdienstliche Leben im Bistum und die Gemeinschaft der Pallottiner.

FRAGE: Sie begleiten als Kirchenrechtler der Diözese das Seligsprechungsverfahren von Pater Henkes. Aber was nehmen sie von dem Vermächtnis des Pallottinerpaters für sich persönlich mit? Wie aktuell ist sein Vermächtnis?

Platen: Gerade mit Blick auf den zunehmenden Populismus und den vielerorts wieder aufkeimenden Nationalismus wird uns mit Pater Henkes ein besonderes Beispiel vor Augen gestellt. Er ist seinen Überzeugungen bis ins Äußerste treu geblieben, indem er die Gottebenbildlichkeit eines jeden Mitmenschen als handlungsleitend erkannt und danach gelebt hat

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