Adveniat bringt Lateinamerika nach Wiesbaden
Ein Stück Lateinamerika in Wiesbaden: Zur bundesweiten Auftaktveranstaltung der Weihnachtsaktion von Adveniat am Sonntag, 2. Dezember, haben im Gottesdienst in der Jugendkirche Kana und beim anschließenden Bühnenprogramm vor dem Rathaus Musik, Tanz und Trachten, vor allem aber weitgereiste Gäste für eine ganz besondere Atmosphäre gesorgt. „Jugend will in Lateinamerika wie hier in Europa Verantwortung übernehmen“, sagte Adveniat-Bischof Franz-Josef Overbeck zu Beginn des Gottesdienstes in der stimmungsvoll beleuchteten Jugendkirche. „Wachsen können, sich entfalten dürfen, die Ideale nicht verlieren, die in ihnen brennen“: Das wünschten sich junge Menschen, bekräftigte Bischof Georg Bätzing in seiner Predigt.
Christen leben echt alternativ
„Der Idealismus dieser jungen Leute, das ist die Realität einer Welt, wie Gott sie vor Augen hat“, betonte er. Entschieden wandte sich der Bischof gegen die Vorstellung, die „Spur zur neuen Welt, die Gott verheißt“ sei ein esoterisches, versonnen-versponnenes, gefühlsduseliges Nebengleis, auf dem man die großen und kleinen Nöte umschiffe. Für den Weg, der mitten in die oft erschreckenden Zustände dieser Welt hinein und hindurch führte, brauche es Mut und Ermutigung, die von Jesus kämen. So gesehen lebten die Christen echt alternativ: „Wir hoffen unbändig. Wir glauben daran, dass Recht und Gerechtigkeit wachsen. Wir setzen uns ein mit dem, was wir sind und haben, nehmen Rückschläge in Kauf und unsere Verantwortung ernst.“ Und immer wieder gebe es Vorbilder dafür, dass es richtig sei, sich aufzurichten, den Kopf zu heben in Erwartung einer anderen Welt, sagte der Bischof und verwies auf Katharina Kasper und auf Oscar Romero, der nicht nur für Lateinamerikaner ein so wichtiger Zeuge Jesu sei.
Als Kirche müssen wir helfen
Einer der engen Weggefährten Romeros, Kardinal Gregorio Rosa Chávez aus El Salvador, schilderte hier wie auch bei verschiedenen anderen Veranstaltungen im Bistum Limburg in eindringlichen Worten, wie dringend die Unterstützung der Spender in seinem Heimatland gebraucht wird. Das kleinste Land Zentralamerikas hat mit 108 Morden auf 100.000 Einwohner pro Jahr eine der höchsten Mordraten außerhalb von Kriegsgebieten. Vor allem Jugendliche werden Opfer dieser Gewalt, werden bereits als Kinder von Kriminellen als Handlanger missbraucht. „Als Kirche müssen wir helfen, Jugendlichen die Chance auf ein würdevolles, selbstbestimmtes Leben zu geben.“, sagte der Kardinal und prangerte die große soziale Ungerechtigkeit an, die die Gewalt verursache. Ohne Unterstützung aus Deutschland wäre die Arbeit mit den Jugendlichen in dieser Form nicht möglich, sagte er und dankte schon einmal im Vorhinein, von den Gottesdienstbesuchern mit herzlichem Applaus unterstützt, „für Ihre großherzige Weihnachtsgabe in der Kollekte in den Gottesdiensten an Heiligabend und am ersten Weihnachtstag.“
Verantwortung übernehmen
Zu viele Jugendliche würden aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe oder fehlender Bildung diskriminiert, hatte der Weihbischof aus El Salvador erklärt: Diese Erfahrung ist auch Jeroncio Manuel Osorio Campos aus Panama vertraut. Der 19-Jährige, der dem indigenen Volk der Kuna angehört, sagte: „Ich möchte Verantwortung für unser Volk übernehmen, damit wir unsere Traditionen, unser Wissen und unser Leben mit der Natur bewahren können.“ Der junge Student, dessen Volk dem Festland vorgelagerte Koralleninseln in der Karibik bewohnt, sprach später auch auf der Bühne vor dem Sternschnuppenmarkt zu den Besuchern. Seine ernsten Worte zu den existentiellen Folgen der Berge von Plastikmüll, die nach dem Besuch der riesigen Kreuzfahrtschiffe auf seiner Heimatinsel zurückbleiben, werden sicher dem einen oder anderen Teilnehmer im Gedächtnis bleiben.
Gemeinsam auf Mutter Erde aufpassen
Regelrecht zum Bühnenstar avancierte Briceida Iglesias, eine weise Frau aus dem Volk der Kuna, mit ihrem energisch vorgetragenen Plädoyer, die eigene Kultur wertzuschätzen, und auf „Mutter Erde“ aufzupassen. Die Menschen sollten geschwisterlich und geeint gemeinsam unterwegs sein, rief sie dem Publikum zu und erntete mit ihrem „Wir gehören alle zusammen in diesem einen Universum“ viel Beifall. Auch junge Leute aus Wiesbaden und Umgebung meldeten sich zu Wort. Nicht nur Oberbürgermeister Sven Gerich zeigte sich beeindruckt davon, wie poetisch und tiefgründig drei Schülerinnen der Oranienschule von ihren - verblassenden - Träumen sprachen und den Erwachsenen ins Gewissen redeten. „Ihr habt das gemacht, was wir sonst von den Propheten kennen“, meinte anerkennend Bischof Bätzing. „Strahlt weiter! Seid optimistisch!“ hatte in seinem Grußwort Oberbürgermeister den Anwesenden gewünscht. Dazu passte das Schlusswort von Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Michael Heinz, der die Menschen auf dem Platz zum großzügigen Spenden an Weihnachten mit den Worten ermutigte: „Wir alle wollen doch schließlich Sterne sein.“