Am Individuum ansetzen fürs Gemeinwohl
Der Begriff des „ökologischen Fußabdrucks“ ist in der Diskussion um Nachhaltiges Handeln mittlerweile zu einem feststehenden Begriff geworden. Er bildet ab, wie viel biologische Kapazität des Planeten von einer gegebenen menschlichen Aktivität oder Bevölkerungsgruppe in Anspruch genommen wird. Der Begriff ist vielen bekannt - doch dass es auch einen "ökologischen Handabdruck" gibt, ist vielen neu.
„Der ökologische Fußabdruck schiebt die Verantwortung für negative Umweltauswirkungen weitgehend den Konsument:innen zu. Der ökologische Handabdruck bietet dazu einen Gegenentwurf“, erklärt Brigitte Molter vom Hilfswerk „Brot für die Welt“. „Der Handabdruck zielt nicht auf individuelles Handeln, sondern will Menschen befähigen, ihre kollektive Gestaltungsmacht in gesellschaftlichen Strukturen zu nutzen“, ergänzt ihr Kollege Winfried Montz vom Bistum Limburg.
Beide begrüßten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei der Veranstaltung „Kirchen auf dem Weg zu einer Kultur der Nachhaltigkeit“ in der Evangelischen Akademie in Frankfurt. Dazu eingeladen hatten die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Landeskirchen EKKW und EKHN und der hessischen Bistümer Limburg, Mainz und Fulda. Etwa 50 Interessierte waren der Einladung gefolgt und informierten sich bei einem abwechslungsreichen Nachmittag über das Modell des ökologischen Handabdrucks und diskutierten Beweggründe, Chancen und Grenzen des kirchlichen Engagements.
In mehreren Panels mit vier Impulsgeber:innen und Austauschrunden waren die Teilnehmer:innen an dem Nachmittag eingeladen, sich der Frage zu nähern: Wie kommt es aus dem Wissen zum veränderten Handeln?
Es gilt, Menschen dazu zu ermächtigen, sich direkt und aktiv an gesellschaftlichen Prozessen zu beteiligen!
Stefan Rostock, Germanwatch
Den Anfang machte dabei Thomas Schmidt, Referent für Nachhaltigkeit und schöpfungsverträgliche Pastoral der Region Taunus, mit einem gelungen Theologischen Einstieg. In diesem machte er deutlich, dass nachhaltiges Handeln im Sinne der christlichen Schöpfungsbewahrung und die Nachhaltigkeitsziele (SDGs) untrennbar zusammengehören. Die Anschlussfähigkeit belegte er in praktischen Beispielen, von der Nachhaltigen Kita bis zu klimaneutralen Wallfahrten.
Stefan Rostock von Germanwatch aus Bonn stellte in seinem Vortrag das Konzept des Handabdrucks vor und appelliert dabei an die Zuhörer:innen, sich aktiv in Prozesse einzubringen, um damit strukturelle Veränderungen mitzugestalten. Nur so könne es gelingen, von einmaligen Aktivitäten zu festen Rahmenbedingungen zu kommen. Zu oft werde Nachhaltigkeit im Alltag noch als „Bonus“ oder Alternative gedacht. Die nachhaltige Option müsse aber zur Standartoption werden.
Sabine Yacoub vom BUND Rheinland-Pfalz erklärte ihre Vision einer „Kultur der Nachhaltigkeit“ und zeigte Beteiligungsmöglichkeiten auf, vom Carsharing bis zum Repair-Cafe. Die Psychologin Janna Hoppmann stellt in ihrer Keynote fest, dass wir nur mit systemischen Veränderungen zu echter Selbstwirksam gelangen können. Wichtig dabei sei besonders, das Gemeinschaftsgefühl zu stärken. „Raus aus der individuellen Ohnmacht!“ lautet dabei ihr eindringlicher Appell.
Nur in kollektiver Dimension können wir uns wirksam fühlen!
Janna Hoppmann, Climate Mind
Im abschließenden Podium hatten die Teilnehmerinnen Gelegenheit, mit den Impulsgeber:innen direkt in den Austausch zu kommen. Die leitende Frage dabei war, wie Kirche als authentisches Vorbild, auch in ihrer christlichen Schöpfungsverantwortung Vorreiter für Nachhaltigkeitsfragen werden kann. Janna Hoppmann sprach den Diskutierenden dafür Mut zu: „Die Kirche ist der perfekte Ort, um sozial gerechten Klimaschutz zu betreiben!“
Mit einem zuversichtlichen Ausblick konnten so auch die Teilnehmer:innen mit neuen Impulsen und Ideen aus der informativen Veranstaltung zum „Handabdruck“ gehen. Ein entsprechend positives Fazit zog auch Christoph Krauß vom Bistum Mainz, der als Zuhörer einige Denkanstöße mitnehmen konnte: „Mich hat besonders die psychologische Dimension der Diskussion beeindruckt. Wir müssen am Individuum ansetzen, um eine Gemeinwohl- Idee zu entwickeln!“
Die Veranstaltung zum Handabdruck macht eindrucksvoll deutlich, dass die christlichen Kirchen in Hessen beim Thema Nachhaltigkeit einen hohen Anspruch an sich stellen. Ihre eigene Zukunftsfähigkeit werden sie auch bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele unter Beweis stellen müssen. Die gelungene Veranstaltung endete mit einem gemeinsamen Gebet und einem Reisesegen für alle Anwesenden.
Text: Steffen Jahn / Bistum Fulda