Kategorien &
Plattformen

Beten mit den Füßen

Der Elisabethpfad zwischen Wetzlar und Kloster Altenberg
Beten mit den Füßen
Beten mit den Füßen
Arno Hammer war schon auf vielen Pilgerwegen unterwegs, doch zuhause ist er auf dem Elisabethpfad. © N. Küttner/ Bistum Limburg

Entlang des Wanderwegs klebt Arno Hammer rote Sticker mit weißem „E“ an Laternen, Straßenschilder und Ampeln. Er ist zweiter Vorsitzender des Elisabethpfad e.V. und für die Strecke Frankfurt bis Marburg zuständig. Zu seinen Aufgaben gehört auch die Beschilderung des Pilgerwegs – heute von Wetzlar bis zum Kloster Altenberg. Wanderschuhe und -rucksack, ein neongrünes Sportshirt und eine Kappe auf dem Kopf weisen auf sein Vorhaben hin. Ein Blick auf seinen Ohrring in Kreuzform und den Ketten, an denen ein Kreuz und eine Jakobsmuschel baumeln, verrät, dass Hammer ein Pilger ist. Ein siebenzackiger Stern um seinem Hals steht für den Elisabethpfad.

Aus der Wetzlarer Innenstadt heraus, verläuft der Pfad entlang einiger Schienen und einen Großteil entlang der Lahn. Man trifft Spaziergängerinnen, Fahrradreisende und Jogger, alle grüßen nett. Auf dem Stoppelfeld hocken ein paar Raben, Graureiher fliegen über die Seerosen im ruhigen Fluss, der hin und wieder von Kanus durchzogen wird. Wenn Arno Hammer mit Pilgergruppen unterwegs ist, wird auf diesem Teil der Strecke geschwiegen. Vorher gibt es einen kleinen Impuls aus dem Leben von Elisabeth und dann darf eine Stunde lang nicht gesprochen werden. Erst am Etappenziel, dem Kloster Altenberg, sechs Kilometer von Wetzlar entfernt, dürfen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich über ihre Gedanken austauschen. Da aber heute keine Pilgergruppe dabei ist, erzählt Arno Hammer viel von seinen Pilgerreisen.

Der erste Schritt

Angefangen hat er 2007 auf dem Jakobsweg. Schon früher hat er mit dem Gedanken gespielt, sich auf den Weg zu machen, doch als seine Mutter verstarb, sagte Hammer zu seiner Frau: „Jetzt ist es Zeit.“ 800 Kilometer pilgerte er mit ihr den Camino Francés, den französischen Jakobsweg, bis nach Santiago de Compostela in Spanien. Wenn er von seinen Begegnungen mit Menschen auf dem Jakobsweg spricht, übernimmt er ihre österreichischen oder sächsischen Dialekte. Doch die erste prägende Begegnung hatte Hammer noch vor seinem Flug: Er und seine Frau wollten sich vor ihrer Pilgerreise segnen lassen. Da das in ihrer Heimatgemeinde in Kirchvers nicht möglich war, reiste das Paar nach Marburg, wo ein Gottesdienst zur Eröffnung der Pilgersaison gefeiert wurde. Veranstaltet wurde er von dem Elisabethpfad e.V., in dem Hammer seitdem Mitglied ist und seit 2014 sogar zweiter Vorsitzender.

Nach knapp einer Stunde erreicht Arno Hammer das Kloster Altenberg, dessen Trägerin die Königsberger Diakonie ist. In dieser evangelischen Einrichtung leben Ordensmänner mit verschiedenen Konfessionen, erzählt Hammer. Auf dem Gelände steht eine besondere Kirche, bestehend aus drei Räumen: eine Sommerkirche, ohne Heizung, eine Winterkirche, die beheizt werden kann, und dazwischen das Standesamt. Hier sind noch Stühle einer Trauung aufgebaut, in den Fugen des Pflasters vor der Kirche findet sich noch Reis. In der Sommerkirche liegt die Heilige Gertrude begraben, die Tochter Elisabeths, die in diesem Kloster einmal Äbtissin war. „Mit der Grundschule mussten wir hier einmal im Jahr hinlaufen und die Gertrude besuchen. Damals fand ich das eher lästig. Heute komme ich gerne her“, sagt Hammer nostalgisch. Er ist in einem Nachbardorf aufgewachsen, nicht weit von diesem idyllischen Ort. Hier können Pilgerinnen und Pilger einkehren, Pause machen und auch am Mittagsgebet teilnehmen. Ein kleiner Klostergarten und ein schöner Innenhof runden den Pilgerrastplatz ab.

Begegnungen am Weg

Hammer fühlt sich inspiriert von der Barmherzigkeit der Heiligen. Er nimmt jedes Jahr Jakobspilgerinnen und -pilger bei sich auf: „Wer fragt, bekommt ein Bett und auch was zu essen. Da lebe ich nach den Grundsätzen der Elisabeth.“ Sein Tipp fürs Pilgern, egal ob Jakobsweg oder Elisabethpfad: Hirschtalg. Die Creme hilft vorsorglich gegen Blasen beim Wandern und auch bei wunden Stellen, die durch Reibung entstehen. Außerdem empfiehlt Arno Hammer Wanderschuhe lieber ein bisschen zu groß als zu klein zu kaufen. „Pilgern ist Beten mit den Füßen. Und man muss sie ja nicht schon beim Beginn der Tour malträtieren“, sagt er schmunzelnd.

Viele Menschen hat Arno Hammer auf seinen Pilgerwegen schon getroffen. Die meisten pilgern, um dem Stress zu entfliehen, so war das bei ihm damals auch. Die Strecke zwischen Wetzlar und Kloster Altenberg lädt dazu ein,  ganz stressfrei mal das Handy in der Tasche zu lassen, den roten Schildern mit weißem „E“ zu folgen und vielleicht auch mal für eine gewisse Zeit zu schweigen.

Hintergrund

Das Ziel des Pilgerwegs quer durch Hessen ist die Elisabethkirche in Marburg, in der die Gebeine der Heiligen liegen. Elisabeth von Thüringen lebte 1207 bis 1231 und war die Ehefrau des thüringischen Landgrafen Ludwig. Nach seinem Tod verzichtete die Witwe allerdings auf fürstliche Ehren, Familie und Geld. Stattdessen ließ sie vor den Toren Marburgs ein Hospital bauen und widmete sich der Krankenpflege. Wie Franziskus von Assisi wollte Elisabeth in Nachfolge Jesu in Armut leben, verstarb allerdings bereits mit 24 Jahren. Der um die Jahrtausendwende von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) eingerichteter Fernweg soll Pilgerinnen und Pilger nicht nur physisch näher zur Elisabeth bringen, sondern auch spirituell. Neben dem Pfad von Frankfurt aus, kann man auch von Eisenach und Köln nach Marburg ihren Spuren folgen.

Cookie Einstellungen

Statistik-Cookies dienen der Anaylse, indem Informationen anonymisiert gesammelt werden.

Anbieter:

Bistum Limburg

Datenschutz