„Der liebe Gott meint es gut mit mir“
„Gott zum Gruße“, schallt es regelmäßig durch die Gänge des Bischöflichen Ordinariats. Für die Mitarbeitenden der bischöflichen Verwaltung das eindeutige Signal, dass Weihbischof em. Gerhard Pieschl wieder unterwegs ist und sich informiert hält. Für jede und jeden hat er dabei ein freundliches und heiteres Wort auf den Lippen und zeigt Interesse an seinem Gegenüber. Am Dienstag, 23. Januar 2024, wird der rüstige Jubilar 90 Jahre alt und blickt dankbar auf ein erfülltes Leben zurück.
„Der liebe Gott meint es gut mit mir“, sagt Pieschl und ergänzt, dass er jeden Tag, der ihm geschenkt werde, genieße. Der Jubilar erfreue sich einer guten Gesundheit. Das war nicht immer so, denn vor einigen Jahren sorgten sich viele um ihn, da ihn eine schwere Krankheit heimsuchte, von der er sich aber gut erholte. „Das Alter bringt natürlich Einschränkungen mit sich, aber ich komme gut zurecht“, berichtet Pieschl. Er fahre immer noch gerne Auto und es sei ihm wichtig, Kontakt zu Menschen zu halten.
Ein Gemeinschaftsmensch mit gutem Netzwerk
„Ich habe keine Langeweile“, antwortet er, wenn er gefragt wird, was er so mache. Er habe eine große Zahl an Büchern. Er lese, studiere und bete viel. Viel Zeit verbringe er in Bensberg bei Köln, da er Gesellschaft sehr schätze und sie ihn im Alltag gut unterstützt werde. „Ich bin ein Gemeinschaftsmensch und eingebunden in ein gutes Netzwerk“, so Pieschl. Aktuelle kirchliche Entwicklungen und Themen nimmt er wahr und ordnet sie mit Blick auf seine Erfahrung und die Kirchengeschichte ein.
„Ich scheue die Mühen nicht“
Als Pieschl 1977 zum Bischof geweiht wurde, war politisch und kirchlich vieles in Bewegung. Es herrschte Aufbruchsstimmung und als Weihbischof übernahm er Verantwortung. Er wählte damals als Wahlspruch „Non recuso laborem“ (Ich scheue die Mühen nicht). Der Spruch ist vom Heiligen Martin von Tours entliehen und Pieschl ist ihm bis ins hohe Alter treu geblieben. Lange nahm er auch noch im Auftrag von Bischof Georg Bätzing wichtige Aufgaben wahr. „Jetzt ist Beten meine Hauptaufgabe. Ich bereite mich vor auf das, was vor mir liegt. Und ich bin überzeugt, es wird etwas ganz Neues und Großartiges sein“, sagt Gerhard Pieschl.
Gerne und voll Begeisterung blickt der Jubilar auf die Jahrzehnte als Priester und Weihbischof zurück. Er war viel im Bistum zu Firmungen und Pastoralbesuchen unterwegs. Samstags gehörte er zur Stammkundschaft auf dem Limburger Wochenmarkt. „Zwischen Kraut und Rüben habe ich tiefe religiöse Gespräche gehabt. Das hat mich geprägt“, so der Jubilar.
Vertreibung und Flucht sind seine Lebensthemen
Geprägt hat ihn und zum Lebensthema geworden ist für ihn die Erfahrung von Vertreibung und Flucht. Pieschl wurde als tschechoslowakischer Staatsbürger deutscher Volkszugehörigkeit geboren. Im Alter von elf Jahren musste er gemeinsam mit seiner Mutter und seinen Geschwistern aus der Heimat fliehen. Sein Vater wurde 1944 als Offizier bei den Kämpfen um Budapest getötet. Über Umwege landete die Familie im Bistum Limburg. Er studierte Philosophie und Theologie in Königstein und wurde am 8. Dezember 1961 im Hohen Dom zu Limburg zum Priester geweiht. Er war Kaplan in Bad Ems, Bad Schwalbach und Frankfurt. Im Jahr 1968 wurde er Militärseelsorger in Diez und später Militärdekan am Zentrum für Innere Führung in Koblenz. Nach seiner Bischofsweihe 1977 durch Bischof Wilhelm Kempf im Frankfurter Dom übernahm Pieschl auch das Amt des Domdekans. Zum 1. Januar 1978 ernannte ihn Bischof Kempf zum Bischofsvikar für den synodalen Bereich und zum Leiter des Diözesansynodalamtes. Als Weihbischof übernahm er schnell auch Verantwortung in der Deutschen Bischofskonferenz. Von 1979 bis 2000 war er der Beauftragte für die katholische Polizeiseelsorge. Ab 1983 wurde er zusätzlich Beauftragter für die katholische Vertriebenen- und Aussiedlerseelsorge. Im Jahr 2009, mit Vollendung des 75. Lebensjahres, nahm Papst Benedikt XVI. das Rücktrittsgesuch Pieschls an.
Seinen 90. Geburtstag wird der Jubilar in Limburg im kleinen Kreis mit Mitbrüdern des Domkapitels feiern.