Limburg, 29.04.2024
Frieden darf keine Utopie bleiben
Im Patrozinium am Sonntag, 28. April 2024, verlieh der Bischof zudem die Georgsplakette, die höchste Auszeichnung des Bistums für ehrenamtliches Engagement, an vier Frauen und zwei Männer.
Wieder friedensfähig werden
Bischof Georg Bätzing machte in seiner Predigt deutlich, dass das Böse in der Welt, dass Krieg, Gewalt und Terror nicht zur Normalität werden dürften. Vielmehr müsste alles dafür getan werden, wieder friedensfähig zu werden und keine Gewalt anzuwenden. „Es bedrückt mich zunehmend, wie wir uns in der offenkundigen Enttäuschung über die Wirkung politischer Maßnahmen von Verständigung, Einbindung und globaler Vernetzung auf die Stabilisierung im globalen Kräftespiel eingelassen haben, auf militärische Muskelspiele in der Logik von Gewalt und Gegengewalt“, sagte Bätzing mit Blick auf den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Er stellte klar, dass ein Land und ein Volk, dessen Souveränität durch einen ungerechten Aggressor fundamental infrage gestellt und angegriffen werde, das Recht zur Selbstverteidigung habe. „Wie wir uns aber in kurzer Zeit auf die neuen Verhältnisse eingestellt haben und über Waffenlieferungen, den Ausbau der Rüstungsindustrie und eine neue ‚Kriegstüchtigkeit‘ unseres Landes sprechen, das erschreckt mich“, so der Bischof. Angesichts dieser Entwicklung frage er sich, in was für einer Welt der Mensch aufgewacht ist, nachdem in Europa in den vergangenen Jahrzehnten die Utopie globaler Verständigung durch größere Gerechtigkeit für alle, die wahrlich christliche Utopie eines gerechten Friedens nicht bloß geträumt, sondern konkret angestrebt und mit großen Anstrengungen aufgebaut worden sei. „Offenbar aber haben wir die Rechnung ohne die machtgierigen Despoten dieser Welt, ohne die neuen, rein national agierenden Eigenbrötler und vor allem ohne die hasserfüllten Terroristen dieser Welt gemacht, die Feuer spucken wie Drachen, wann immer sie können, um unschuldiges Leben zu vernichten“, so Bätzing. Und nahm so Bezug zur Legende des Heiligen Georg, der den Drachen tötete.
Spirale von Gewalt und Gegengewalt überwinden
Christinnen und Christen, die in der Nachfolge des Auferstandenen stehen, seien mehr denn je angefragt, die zwangsläufige Spirale von Gewalt und Gegengewalt und wieder neuer Gewalt zu unterbrechen. Die Knoten müssten entflochten werden, auch wenn es mühsam sei und langen Atem erfordere. Dann würden Verbindungsfäden wieder belastbar. „Zwischen den scheinbar alternativlosen Gegensätzen ein Drittes suchen, einen Gedanken, eine Initiative, eine Idee, die löst, statt zu verhärten, die verbindet, statt zu unterwerfen, die entflechtet, statt in altbekannter Manier zu verwickeln, das bedeutet, in der Spur des österlichen Friedensbringers zu gehen, der seinen Sieg in Leben umzuwandeln weiß, in Leben für alle“, erklärte der Bischof. Es sei wahrlich nicht leicht, dieser Spur zu folgen, aber nur so werde sich etwas am Lauf der Dinge ändern und der ewige Kreislauf, der immer nur Leben verschlinge statt ihm großzügig Freiraum zu schaffen, laufe endlich ins Leere. Der Drache, das Böse, erliege. Das müsse, ja, es dürfe keine Utopie bleiben.
Festakt und Georgsplakette
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Der Heilige Georg ist der Patron eines sehr lebendigen Bistums mit tausenden stark engagierten Katholikinnen und Katholiken. Alle zwei Jahre werden Frauen und Männer für ihr jahrzehntelanges, außerordentliches ehrenamtliches Engagement mit der Georgsplakette ausgezeichnet. Sie ist die höchste Auszeichnung der Diözese. Am Sonntag verlieh Bischof Georg Bätzing die Ehrung an Franziska Baumgartl (Frankfurt), Christina Kreis (Solms), Ute Schäfer (Idstein) und Harald Schwalbe (Steinbach). Die Georgsplakette geht zudem an Ingrid Noll (Frankfurt) und Dietmar Horsmann (Eltville), die nicht am Festakt im Limburger Priesterseminar teilnehmen konnten.
Engagiert für Frieden und Verständigung
Franziska Baumgartl wurde unter anderem für ihren Einsatz rund um die Frauenfriedenskirche in Frankfurt geehrt. Diese Kirche ist den Gefallenen und Toten zum Gedächtnis gewidmet und den Lebenden ein Zeichen der Mahnung. Sie wurde 1929 geweiht und ist die einzige Kirche im deutschsprachigen Raum, die auf die Initiative von Frauen errichtet wurde. Das Ensemble aus Kirche, Ehrenhof und Gemeindehaus gehört zu den bedeutendsten Sakralbauten des 20. Jahrhunderts. Von 2018 bis 2020 wurde die Kirche grundlegend saniert und restauriert. „Dass Frauenfrieden wieder so strahlend dasteht, ist nicht zuletzt auch Ihrem unermüdlichen Einsatz zu verdanken, der natürlich schon vor der Bauzeit begonnen hat und zwar in Ihrer Funktion als Vorsitzende des Verwaltungsrates und des Bauausschusses“, sagte Hildegard Wustmans, Bereichsleiterin Pastoral und Bildung im Bistum Limburg in ihrer Würdigung. Franziska Baumgartl sei nicht nur das Gebäude wichtig, sondern auch der Inhalt, für den diese Kirche stehe, nämlich das fortwährende Bemühen um Frieden und Verständigung. Die Geehrte übernimmt daher regelmäßig Führungen und unterstützt Frauenprojekte. „Sie haben vermutlich hunderte, wahrscheinlich tausende von Arbeitsstunden eingebracht, aber nicht nur das. Sie haben vielfältige Kontakte genutzt und erschlossen, um Spendengelder zu akquirieren, Menschen für das Projekt Frauenfrieden zu begeistern und unzählige Briefe und Emails geschrieben, um das Bewusstsein für diese einzigartige Kirche und diesen Ort inhaltlich zu stärken“, so Wustmans.
Viel Arbeit, viel Expertise und viel Freundlichkeit
Christiana Kreis engagiert sich seit vielen Jahren auf ganz unterschiedlichen Ebenen im Bistum Limburg. Sie ist in ihrer Pfarrei aktiv. Sie war im Bezirkssynodalrat, in der Diözesanversammlung und im Diözesansynodalrat tätig. Sie ist seit 2013 Vorsitzende des KODA-Vermittlungsausschusses, seit 2023 Vorsitzende der Beschwerdeordnungs-Schlichtungsstelle und seit 2008 Mitglied des Hauptausschusses Recht. Die Juristin arbeitete im MHG-Folgeprojekt „Betroffene hören – Missbrauch verhindern“ im Bistum Limburg mit und brachte sich aktiv als Rechtsexpertin in Arbeitsgruppen des Transformationsprozesses ein. „Viele dieser Arbeitsgruppen wirken intern und ihr Titel klingt erstmal langweilig. Es sind jedoch spannende Fälle, die es zu beraten gilt und es steckt viel Arbeit und viel Engagement in diesen Beratungen“, sagte Georg Poell, Mitglied des Bistumsteams und Regionalleitung in der Region Westerwald-Rhein-Lahn. Christina Kreis stelle ihre Expertise als Juristin nicht einfach zur Verfügung, weil sie es fachlich könne, sondern aus einem tiefen Glauben heraus, dass Gott es gut mit dem Menschen meine. Davon zeugt auch ihr Engagement in der Leitung von Wort-Gottes-Feiern. „Sie leisten viel. Sie bringen Zeit, viel Wissen, viel Nachdenken, viel Lesen ein. Wir schätzen Ihre große Freundlichkeit und Ihre Klarheit. Ihnen ist an einem wirklichen Austausch und an wirklicher Verständigung gelegen. Dieses Engagement ist die Georgsplakette mehr als wert“, so Poell.
Eine geniale Netzwerkerin
Ute Schäfer ist seit 1997 im Sachausschuss Weltkirche des Bistums Limburg aktiv. Sie ist zudem Mitbegründerin der Kampagne „Rüstungsexporte stoppen – Produzieren für das Leben“. Sie engagiert sich bei Pax Christi und als Leiterin von Wort-Gottes-Feiern und sie ist die treibende Kraft hinter dem bekannten Projekt „Urlaub ohne Koffer“, das Menschen mit wenig Mitteln eine Auszeit ermöglicht. „Es geht Ihnen um Ihre Themen Frieden, Abrüstung, Gerechtigkeit. Sie setzen sich für ein gutes Miteinander ein und tun dies in Netzwerken und Bündnissen“, sagte Georg Poell in der Laudatio. Ute Schäfer zeige klare Kante, erhebe ihre Stimme gegen Unrecht und Krieg, spreche offen, beziehe Stellung, kritisiere und fordere heraus. Dies alles immer aus einem tiefen Glauben heraus. „Sie sind eine geniale Netzwerkerin. Es gelingt Ihnen immer wieder Bündnisse zu schmieden und Themen voranzutreiben“, so Georg Poell.
Ein Gesicht des Transformationsprozesses
Harald Schwalbe mag komplexe Fragestellungen und stellt sich beruflich als Chemieprofessor und privat gerne Herausforderungen. Seit Jahrzehnten engagiert er sich in der Pfarrei. Er ist Mitglied der Bezirksversammlung, im Vorstand des Diözesansynodalrates, in der Diözesanversammlung. Er engagiert sich im Kuratorium des Centre for Dialogue am Campus Riedberg, leitet Wort-Gottes-Feiern, schreibt am Pfarrbrief mit und übernimmt Organistendienste. „Im Transformationsprozess war Professor Schwalbe ein Inspirator, ein Treiber und immer ein verlässlicher Partner“, berichtet Hildegard Wustmans in ihrer Laudatio. Seine kritische Analyse, seine klaren Positionierungen seien herausfordernd und davon geprägt, sachgerechte, gut begründete Lösungen zu finden. Er sei im guten Sinn des Wortes eine streit- und kritikfähige Persönlichkeit. Stets verbindlich und respektvoll. „Das Bistum Limburg hat in Professor Schwalbe einen authentischen und engagierten Partner, dem wir bei der Neuaufstellung unserer Strukturen und Gremien außerordentlich viel zu verdanken haben“, so Wustmans.
Helferin für Frauen nach der Haft
Ingrid Noll engagiert sich seit Mitte der 1960er Jahre in verschiedenen Frankfurter Pfarreien. Mehr als 30 Jahre war sie in einer Frauengruppe in Liebfrauen aktiv, die sich vor allem um alleinlebende und alleinerziehende Frauen kümmert. Sie bringt sich bei den Gesprächen im Turmzimmer in Liebfrauen ein und absolvierte eine Ausbildung zur ehrenamtlichen Seelsorgerin des Ökumenischen Arbeitskreises Seelsorge. Sie arbeitet im Frauengefängnis Preungesheim mit und bietet verschiedene Unterstützungsangebote für Frauen nach der Haftentlassung ein. Sie ist zudem im Bereich der Immobilienverwaltung für die Dompfarrei St. Bartholomäus und den Gesamtverband der Frankfurter Kirchengemeinden engagiert. Hier sorgte sie für soziale Vermietung von Wohnungen und betreute viele Bewohnerinnen und Bewohner. Oft war sie auch als Mediatorin in Wohnhäusern im Stadtgebiet im Einsatz. Ihr aktuelles großes Projekt ist der Aufbau des Frauentreffs F132 der Dompfarrei, in dem sie gemeinsam mit einem Team ehrenamtlicher Frauen ein Kultur- und Bildungsangebot für Frauen jeder Herkunft und jeder Religion anbietet.
Ehrenamtlicher Caritäter
Dietmar Horsmann ist ehrenamtlich stark im Bereich der Caritas tätig. Er hat im Vorstand des Caritasverbandes Wiesbaden die Fusion der Caritasverbände Wiesbaden, Rheingau, Untertaunus kompetent begleitet. Im Jahr 2007 wurde er in den Caritasrat gewählt und war von 2013 bis 2019 Vorsitzender des Gremiums. In seine Zeit fiel unter anderem die Satzungsreform. Er engagiert sich zudem in der Pfarrei St. Bonifatius in Wiesbaden und ist dort im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit, im Ortsausschuss und für die City-Pastoral tätig.
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Die Predigt im Wortlaut
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Georgstag