Frühzeitig kümmern!
„Meine Familie versteht sich prächtig, die regelt das schon“ oder „Das ist doch alles im Gesetz festgelegt“: Solche Gedanken sind weit verbreitet, wenn es um die Zeit nach dem eigenen Tod und die Themen Erben und Vererben geht. Laut einer repräsentativen Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach hat nicht einmal die Hälfte aller Menschen hierzulande ein Testament verfasst. Wie wichtig das ist, darüber klärte der Rechtsanwalt Dr. Björn Meuer in einem Vortrag der Reihe „Zeitzeichen‘‘ am Montag, 16. September 2024, in Limburg auf.
Selbst gestalten, nicht abwälzen
Der Jurist appellierte vor rund 30 Teilnehmenden im Missionshaus der Pallottiner, dass frühzeitiges Kümmern um das Erbe essentiell sei. Die Annahme, dass sich alles von selbst regeln werde, erweise sich nämlich oft als Irrtum. Selbst bei geringwertigen Besitztümern könne ein Todesfall häufig zu Konflikten führen, die bis hin zu heftigen Familienstreitigkeiten reichten. Im Erbfall kämen oft alte Konflikte innerhalb der Familie ans Licht und Emotionen sowie Streitpunkte hervor, die zuvor verborgen gewesen seien. Daher sollten auch diejenigen, die annähmen, dass die Hinterbliebenen sich einig seien, unbedingt selbst aktiv werden. So könne jede und jeder zum Frieden in der Familie beitragen, auch nach dem eigenen Ableben. Vor allem aber könne man selbst viel gestalten – und man sollte es auch tun, so Meuer.
Grundsätzliches
Im Zeitraum 2015 bis 2024 wurden in Deutschland mehr als drei Billionen Euro vererbt. Neben Bargeld beinhaltet die Summe auch Immobilien. Der Jurist klärte auf über die Grundsätze des Erbrechts, beispielsweise wie man überhaupt ein Testament verfasst. Um sicherzugehen, dass der letzte Wille rechtlich einwandfrei und gültig ist, sollte man sich von einem Notar beraten lassen. Wer jedoch die Kosten scheue und sein Testament lieber selbst verfassen wolle, müsse einige wichtige Regeln beachten: Es muss vollständig eigenhändig und handschriftlich geschrieben und unterschrieben werden. Ein Datum hinzuzufügen, ist ebenfalls ratsam, falls es später mehrere Versionen des Dokuments geben sollte. Und ganz wichtig: Das Testament sollte so aufbewahrt werden, dass es im Ernstfall auch wirklich gefunden wird. Ideal ist die Hinterlegung beim örtlichen Amtsgericht. Auch Details über Erbfolge, Pflichtteil und Erbengemeinschaft kamen zur Sprache.
Digitales Erbe
Eine Seite bei Instagram, den privaten E-Mail-Account oder auch die Cloud, in der man Bilder speichert: Es ist wichtig, auch den digitalen Nachlass zu regeln. Denn die Erben erhalten alles, was man hinterlässt, beispielsweise auch Konten in sozialen Medien oder Geldanlagen in Kryptowährungen. Abonnements, zum Beispiel bei Streaming-Anbietern wie Amazon und Spotify, laufen nach dem Tod des Nutzers weiter. Das heißt, es wird weiterhin Geld vom Konto abgebucht. Diese Verträge müssen von den Erben aktiv gekündigt werden. Was aber, wenn niemand Zugang hat, weil die Passwörter fehlen? Hier könne sich ein Passwort-Manager lohnen, so Meuer. Passwort-Manager sind Programme, die dabei helfen, Benutzernamen und verschiedene Passwörter zu verwalten. Wer sich auch hier rechtzeitig kümmert, kann festlegen, welche virtuellen Informationen im Internet bleiben. Denn unter Umständen sei es erschütternd, wenn Freunde jährlich von Facebook auf einen Geburtstag hingewiesen würden, der Jubilar aber längst verstorben sei.
Nächster Vortrag
Die Reihe „Zeitzeichen“ ist eine Kooperation der Katholischen Erwachsenenbildung Limburg und Wetzlar, Lahn-Dill-Eder (KEB) und der Pfarrei Katharina Kasper Limburger Land.
Beim kommenden Zeitzeichen-Vortrag am Montag, 28. Oktober, um 20 Uhr geht es um eine entscheidende Phase der bundesdeutschen Geschichte: 1948 ließen die Außenminister der alliierten Siegermächte den neu installierten Ministerpräsidenten im Nachkriegsdeutschland ihre Pläne für die zukünftige politische Gestaltung des besiegten Deutschland mitteilen. Im Hotel Rittersturz suchten in hohem Maße fachkundige und erfahrene politische Köpfe nach den richtigen Orientierungspunkten für die neu zu schreibende Geschichte des entstehenden westdeutschen Staates.
Die Veranstaltungsreihe Zeitzeichen findet statt im Pater-Andreas-Stock-Raum im Missionshaus der Pallottiner, Wiesbadener Straße 1, 65549 Limburg. Der Eintritt ist frei.