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Limburg, 15.05.2023

Und sie verkündigen doch!

An vielen Orten in Deutschland setzen Frauen rund um den 17. Mai beim 4. bundesweiten Predigerinnentag ein Zeichen für eine geschlechtergerechte Kirche. Eine von ihnen ist Christine Mai. Im Interview berichtet sie, was der Predigerinnentag für sie bedeutet.

Zum Tag der Apostelin Junia am 17. Mai organisiert die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) zum vierten Mal einen bundesweiten Predigerinnentag. Fast 70 Frauen lassen sich auch in diesem Jahr nicht den Mund verbieten und setzen sich mit ihrer Predigt für die Gleichberechtigung von Frauen in der Kirche ein. Auch im Bistum Limburg machen Katholikinnen mit. Christine Mai, die stellvertretende Vorsitzende des kfd-Diözesanverbandes Limburg, wird am Samstag, 20. Mai, um 18 Uhr in der Katholischen Kirche Mariä Empfängnis (Kirchstraße 17, 56424 Ebernhahn) predigen.

Annette Krumpholz von der Pressestelle der Katholischen Erwachsenenbildung im Bistum Limburg (KEB) hat mit Christine Mai über über das Thema Frauenpredigt gesprochen.

Frau Mai, Ende März hat der Vatikan das Verbot von Predigten durch Laien bekräftigt. Damit sind Frauen generell außen vor, denn sie dürfen ja auch nicht geweiht werden. Warum predigen Sie trotzdem?

Christine Mai: Wir dürfen predigen. Das wurde nie in Frage gestellt. Bei dem „Predigtverbot“ geht es um das Predigen in der Eucharistiefeier. Ich fühle mich, wie in diesem Jahr 100 andere Frauen deutschlandweit auch, dazu berufen Gottes Gute Nachricht zu verkündigen, zu predigen. Damit stehen wir in der Tradition dieser mutigen Frau Junia. Sie ist dem Ruf Christi gefolgt und hat ihre Gaben zum Wohl für andere eingesetzt. Ich fühle mich dabei durch die Diskussionen und Beschlüsse des Synodalen Weges gestärkt und auch von unserem Bischof  Georg unterstützt.

Befürchten Sie irgendwelche Konsequenzen durch diesen offenen Verstoß gegen Anweisungen aus Rom? Wenn ja, welche?

Christine Mai: Ich kann mir nicht vorstellen, dass Rom sich massiv gegen die predigenden Frauen ausspricht. Ich selbst habe beispielsweise noch erlebt, dass ich nicht Messdienerin sein durfte, weil ich ein Mädchen war. Letztlich setzte sich die Praxis durch. 

Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass es beispielsweise zwischen der Antike um Augustinus und der Neuzeit keine dunkelhäutigen Bischöfe gab. 1953 wurde Bischof Kiwanuka von Uganda geweiht – man traute es jahrhundertelang den Afrikanern schlichtweg nicht zu!

Mittlerweile finden sich immer mehr Priester, die Frauen die Möglichkeit geben ihrer Berufung zu folgen. Interessanterweise wurde in keiner Zeit des tadelnden Schreibens aus dem Vatikan die Qualität der Laienpredigt infrage gestellt. Es geht allein um Amt und Vorrechte des Amtes.

Was sagen Sie den Kritikern, die einwenden, man dürfe nicht gegen die klare Weisung des Papstes handeln?

Christine Mai: Das Predigtverbot ist nicht biblisch begründet, sondern eine Folge der von Männern geprägten Kirchengeschichte. Wir Frauen sind die Hälfte der Kirche und es ist wichtig, dass wir unsere Gedanken und Talente gleichberechtigt einbringen.

Was meinen Sie, warum gibt es überhaupt Widerstand gegen Frauen, die predigen? Schließlich leidet ja auch die Katholische Kirche unter Fachkräftemagel – nur wenige fühlen sich heutzutage zum Priester berufen. Da könnten Frauen bei der Predigt doch einspringen…

Christine Mai: Ich bekräftige: auch wir Frauen sind berufen Gottes Wort zu verkünden. Wir werden nicht als „Notlösung“ agieren, sondern aus dem Bewusstsein des „Gerufen Seins“. Dass es vielfach noch Widerstand gibt, hat meines Erachtens auch mit der Machtfrage zu tun.

Haben Sie schon einmal in einer Kirche gepredigt? Beschreiben Sie das Gefühl – was macht das mit Ihnen?

Christine Mai: Ich habe schon in Wort-Gottes-Feiern gepredigt. Mir hat es viel Freude bereitet, die Lesungen des Gottesdienstes, ihre Botschaft in der Predigt umfassender darzustellen und den Menschen Gottes Zusage zuzurufen.

Welches Feedback haben Sie für Ihre Predigten bisher bekommen?

Christine Mai: Ich habe in Frauengottesdiensten gepredigt und viele positive Rückmeldungen erhalten. Dankbarkeit für das Gesagte. Dass es Mut machte und Lebendigkeit erfahren wurde. Kritische Stimmen hörte ich noch nicht. Die Frauengottesdienste sind vielfach lebendiger und wir greifen andere Gestaltungsmöglichkeiten auf. Das kommt gut an.

Denken Sie, dass aus dem Vatikan tatsächlich jemals grünes Licht zur Frauenpredigt oder gar Frauenweihe kommen wird?

Christine Mai: Ja, ich glaube daran, dass wir eine Wandlung der Kirche erleben werden und letztendlich erleben müssen. In weltlichen Zusammenhängen sind die Menschen mit mehr Rechten ausgestattet als in der Kirche. Das wird in der heutigen Zeit langfristig nicht zu halten sein. Kirche ist in Bewegung und es muss Veränderungen geben. Es könnte sein, dass dies schneller geschieht als wir glauben. Dass die Berliner Mauer fällt, war auch lange undenkbar.

Gott geht den Weg mit uns und ich glaube daran, dass er noch einiges mit uns vorhat. Allerdings fürchte ich, dass vorher viele Frauen und auch Männer, die uns wertvoll Zeugnis geben können, aufgeben und austreten.

(Interview: A. Krumpholz/ KEB)

 

Hintergrund

Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) gehört zu den Mitgliedsverbänden der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB). Die Verbände der Katholischen Kirche in Deutschland tragen wesentlich zum Leben der Kirche und zur Gestaltung der Gesellschaft bei.

 

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