Zum Musterbrecher werden
Konventionen hinterfragen und schädliche Muster durchbrechen: Bischof Dr. Georg Bätzing hat Christinnen und Christen an Gründonnerstag, 18. April, aufgerufen, wie Jesus Christus zu „Musterbrechern“ zu werden. „Das Alte soll uns nicht länger fesseln, Neues will in uns und durch uns wachsen“, ermutigte Bätzing die Gläubigen im Limburger Dom. Gott lege es in diesen heiligen Tagen darauf an, „unser Spiel zu drehen, unser Denken zu ändern, uns zu neuen Haltungen und Perspektiven zu bewegen.“ Es gelte, Jesu Beispiel der Fußwaschung zu leben und weiterzugeben.
Jesus überzeugt mit einer Geste
Mit der Fußwaschung vor dem Letzten Abendmahl sei Jesus selbst zum „Musterbrecher“ geworden: „Der Meister nicht oben am ersten Platz, sondern ganz unten zu den Füßen seiner Jünger. Diese prophetische Zeichenhandlung Jesu ist für den Evangelisten Johannes so stark, so überzeugend, dass er darüber hinaus sozusagen ,vergisst‘, von der Einsetzung der Eucharistie beim Letzten Abendmahl zu berichten“, sagte Bätzing. Bereits vorher habe Jesus mit Worten versucht, den Jüngern ein neues Bild vom Messias zu vermitteln. Musterbrecher hätten es aber schwer zu überzeugen. „Worte richten wenig aus. Gesten bringen mehr“, betonte der Bischof. Dennoch hätten seine Jünger nicht verstanden, „dass ein Zeichen genügt; ein Sakrament, um sich die Erlösungstat Jesu, seine Haltung der Hingabe anzueignen; dass das wenige Wasser der Taufe genügt, um ganz neu zu werden, ein erlöster freier Mensch.“
Kirchenentwicklung braucht Musterbrecher
In seiner Predigt ging Bätzing auf das Buch „Musterbrecher“ ein, in dem vier Organisationsberater von ihren Erfahrungen mit Blick auf Veränderungsprozesse in Unternehmen und öffentlicher Verwaltung berichteten. Auch im bistumsweiten Prozess der Kirchenentwicklung, mit dem das Bistum Veränderungen in der Kirche anstoßen will, seien Musterbrecher gefragt, „denen es gelingt, das Spiel für alle sichtbar zu drehen“. Für Veränderungen und Innovationen brauche es nicht „Bewahrer oder Systemdenker, dazu braucht es Querdenker, Andersmacher, Umbauer, Renovierer: Menschen, die bereit und in der Lage sind, aus den gängigen Klischees auszubrechen, zu experimentieren und die scheinbar selbstverständlichen Dinge gründlich zu hinterfragen.“
Das Muster von Leben und Tod durchbrechen
Christinnen und Christen rief er auf, in ihrem gesellschaftlichen Umfeld zu Musterbrechern zu werden. Der Bischof nannte hier die Pfarrei St. Pius in Frankfurt als Beispiel. Statt sich über die Schmiererei „Jesus is fake“ an der Kirchentür zu ärgern und den Schaden schnell zu entfernen, hätte sich die Pfarrei dafür entschieden, daraus eine über Wochen gehende Kunstaktion zu machen. „Eine wunderbare Idee. Muster durchbrochen“, findet der Bischof. Ein weiteres Beispiel betrifft für den Bischof die Pegida-Demonstrationen, bei der die Protestierenden lautstark „die Werte des christlichen Abendlandes“ für sich reklamieren würden. Mit einer pfiffigen Aktion der Kirche in den sozialen Medien sei das Muster der Pegida-Anhänger entlarvt worden. Bätzing betonte, wie kostbar die österliche Zeit mit Jesus sei: „Er hat mit uns nicht weniger im Sinn, als das tief in uns sitzende Muster von Leben und Tod zu brechen, den Sog umzukehren, der uns immer weiter nach unten zieht.“
- Feier des Letzten Abendmahls an Gründonnerstag am 18. April 2019
Predigt von Bischof Dr. Georg Bätzing
Die Feier am Gründonnerstag
Die Feier des Abendmahls am Gründonnerstag steht am Beginn der Passionsgeschichte Christi, die die Kirche in besonderer Weise von Gründonnerstag bis zur Osternacht feiert. Am Abend seiner Gefangennahme versammelten sich Jesus und seine Jünger zu einem letzten gemeinsamen Mahl. Jesus teilte Brot und Wein und bat seine Jünger darum, dies auch künftig in seinem Andenken zu tun.
Besondere liturgische Riten prägen die Liturgie: Nach dem Glorialied schweigen Orgel und Glocken bis zur Feier der Auferstehung in der Osternacht. Außerdem werden in einer Prozession im Anschluss an das Schlussgebet die geweihten Hostien aus dem Tabernakel in eine Nebenkapelle gebracht, der Altarschmuck entfernt und alle Kreuze verhüllt.
Die Fußwaschung geht auf einen orientalischen Brauch zurück. Beim Betreten eines Hauses wuschen Diener den Gästen die Füße. In der Bibel wäscht hingegen Jesus selbst seinen Jüngern die Füße. Die Fußwaschung ist ein Beispiel dafür, wie Menschen miteinander umgehen sollen: Sich im Alltag unterstützen und helfen, sich nicht über andere stellen, sondern dem Nächsten dienen.