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10.09.2011

Orgelmusik in der Fußgängerzone

Mitreißende Klänge beim Tag der Kirchenmusik

WIESBADEN. ? Bei machtvollen Orgelklängen unter blauem Himmel die Sonne genießen ? diese seltene Chance hat der Diözesankirchenmusiktag am Samstag, 10. September, den Passanten in der Fußgängerzone in Wiesbaden geboten. Hinter der Bonifatiuskirche war eine große Freiluftorgel aufgebaut und Kirchenmusiker sorgten dort für manch ungewohnten Einblick. „Sonst sieht man vom Organisten nur Hinterkopf und Rücken: Heute können Sie ihm auch mal auf die Füße schauen“, sagte Moderator Stefan Herok. „Das ist gar nicht so schwer, wer Klavier spielen kann, kann auch Orgel spielen!“, warb der Wiesbadener Organist und Chorleiter Gabriel Dessauer für das Instrument. Denn dass das fröhliche Programm beim einen oder anderen Zuhörer die Lust am Orgelspielen wecken könnte, war durchaus ein erwünschter Nebeneffekt der Publikumsattraktion, wie Diözesankirchenmusikdirektor Andreas Großmann erklärte: „Wir brauchen immer neue Organisten.“

Für die Musiker selbst enthielt der fremde Spielort allerdings einige Tücken: der Wind versuchte beharrlich, die Noten zu verwirbeln, sacht fielen vom Baum die ersten herbstlichen Blätter hinunter und das Publikum wechselte ständig: „Das war schon merkwürdig“, kommentierte David Dessauer aus Montabaur seinen Auftritt. Der 18-jährige Gymnasiast will im nächsten Jahr seine Ausbildung zum Organisten abschließen, aber auch nach der Prüfung das Orgelspiel nicht als Beruf, sondern ehrenamtlich betreiben. Ebenso wie die frisch gebackene Orgel-Schülerin Anka Cordes-Leick (48) aus Schlossborn: „In der vorgesehenen Zeit von zwei bis drei Jahren schaffe ich das sowieso nicht“, sagte die vierfache Mutter, die zudem einen kleinen Kinderchor leitet und in der Kronberger Band „Maleachis“ mit singt. „Musik hat auf allen Kanälen etwas Verbindendes“, meinte sie und lobte die Atmosphäre rund um den Kirchenmusiktag.

Auch Diözesankirchenmusikdirektor Großmann zeigte sich angetan von der heiteren Stimmung: „Das ist hier eine gute Gelegenheit, sich zu begegnen, sich kennen zu lernen und die Kirchenmusik im Bistum zu vernetzen.“ Rund 80 Teilnehmer nutzten zudem die Fortbildungsangebote, angefangen bei der Präsentation neuer Musikstücke für die Orgel über die Kantorenschulung bis zu neuen Methoden zum Orgelüben. „Wie ein schöner Gottesdienst klingt“, darüber referierte der Stuttgarter Domkapellmeister Martin Dücker. Die Praxis dazu bot gleich am Abend der Abschlussgottesdienst mit Weibhischof Thomas Löhr und Kirchenchören aus dem ganzen Bistum.

Aber auch schon am hellen Nachmittag gab es einen kirchenmusikalischen Höhepunkt: das neue Kindermusical „Rabbuni ? der Mann aus Galiläa“ von Dietmar Fischenich und Joachim Raabe, aufgeführt von den Kinder- und Jugendchören St. Bonifatius, Wirges, und St. Peter und Paul, Hofheim. „Kinderchorarbeit ist in der Regel ehrenamtlich“, hatte Großmann vor der Aufführung festgestellt. Gerade im Blick auf größer werdende Pfarreien aber müssten auch in diesem Bereich Festanstellungen möglich werden. Es sei wichtig, dass mit Kindern gesungen werde und die Chorarbeit sei auch ein pastoraler Anknüpfungspunkt, betonte er. So etwas wie den lebenden Beweis für diese These lieferten die Kinder und Jugendlichen ab, die im Roncalli-Haus sichtlich mit Begeisterung und großem Einsatz das neue Singspiel aufführten. Geschichten von Jesus, kindgerecht, pfiffig und ein bisschen frech erzählt und kommentiert, mitreißende und anrührende Musik mit regelrechten Hits zum Mitklatschen und Aufhorchen sorgen garantiert für gute Laune, bei Kindern wie Erwachsenen. Ganz im Sinne von Jesus, wie Chorleiter Matthias Braun „im Abspann“ meinte, denn der Mann aus Galilä habe bestimmt auch gerne gelacht. (rei)

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