25.09.2012
Einsatz für eine legale Möglichkeit einer Beschneidung
WETZLAR. Christen aus der Region Wetzlar bringen sich nun in die bundesweite Debatte zu Beschneidung und Religionsfreiheit ein. In einer gemeinsamen Stellungnahme solidarisieren sich Kirchenvertreter beider christlichen Konfessionen mit den Mitbürgerinnen und Mitbürgern jüdischen und muslimischen Glaubens. "Wir sind für die legale Möglichkeit einer Beschneidung von muslimischen und jüdischen Jungen bei Einhaltung einer fachgerechten Durchführung und fordern den Gesetzgeber zu einer transparenten Regelung auf, die die Rechtsunsicherheit beseitigt", so die Unterzeichner der Stellungnahme.
Im Mai 2012 hat das Landgericht Köln festgestellt, dass die Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen als Körperverletzung zu werten ist. Die Richter wogen das Grundrecht der Religionsausübung und das elterliche Erziehungsrecht gegen das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit ab. Sie gaben dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit den Vorzug. "In einigen Beiträgen wurde die Beschneidung von Jungen in diffamierender Weise mit weiblicher Genitalverstümmelung und sexuellem Missbrauch auf eine Stufe gestellt", so die Stellungnahme. Auch der Ruf, die Taufe sowie jegliche religiöse Sozialisation von Kindern von Staats wegen zu unterbinden sei aufgekommen. Die Religionsfreiheit werde so negativ als "Freiheit von Religion" definiert. Damit werde die Grundlage der pluralen Gesellschaft in Frage gestellt und indirekt jede religiöse Wertorientierung für überflüssig erklärt. "Selbstverständlich akzeptieren wir, dass auch Religionsfreiheit ihre Grenzen hat, kein Freibrief für Straftaten ist und in den Rahmen der für alle geltenden Rechte und Gesetze eingebettet ist", so die Unterzeichner. Allerdings gehörten die positive Religionsfreiheit und der Schutz der Familie vor staatlicher Bevormundung, ebenso wie die körperliche Unversehrtheit, zu den hohen Gütern der deutschen Rechtskultur.
Unterzeichner der Stellungnahme sind Pfarrerin Ute Kannemann (Superintendant Kirchenkreis Wetzlar), Pfarrer Dr. Christof May (Bezirkdekan Bezirk Wetzlar), Pfarrerin Annegret Puttkammer (Pröpstin Propstei Nordnassau), Pfarrer Roland Rust (Superintendent Kirchenkreis Braunfels), Pfarrer Peter Kollas (Priesterlicher Leiter Pastoraler Raum Stadt Wetzlar), Pfarrer Roland Jaeckle (Dekan Dekanat Dillenburg), Pfarrer Andreas Müller-Eidam (Synodalbeauftragter Christlich-islamisches Gespräch), Heinrich Arndt (Geschäftsführer Caritasverband Wetzlar/Lahn-Dill-Eder), Pfarrer Andreas Friedrich (Dekan Dekanat Herborn), Pfarrer Heiko Ehrhardt (Synodalbeauftragter Christlich-islamisches Gespräch), Hermann Bernhard (Bezirksreferent Bezirk Wetzlar), Pfarrer Matthias Ullrich (Dekan Dekanat Gladenbach), Pfarrer Andreas Engelschalk (Synodalbeauftragter Christlich-jüdisches Gespräch), Heidi J. Stiewink (Berufenes Synoden-Mitglied Kirchenkreis Braunfels), Pfarrer Frank-Tilo Becher (Dekan Dekanat Gießen), Pfarrer Wolfgang Grieb (Synodalbeauftragter Christlich-jüdisches Gespräch), Pfarrer Hermann Wilhelmy (Flüchtlingsseelsorge Gießen), Pfarrer Michael Karg (Propstei i.R. Propstei Nordnassau), Diakon Harald Würges (Synodalbeauftragter Migration und Integration). (StS)