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07.11.2013

St. Martinsempfang der Bistümer

Demografischer Wandel: Wichtige Zukunftsaufgabe der Kirche

MAINZ "Die Bewältigung des demografischen Wandels ist eines der wichtigsten Probleme bei der Gestaltung unserer Zukunft." Das sagte der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, beim St. Martins-Jahresempfang am Mittwochabend, 6. November, im Erbacher Hof in Mainz.

Das Land Rheinland-Pfalz habe dies "stärker als Herausforderung erkannt als andere Bundesländer", sagte Lehmann. Er wies darauf hin, dass Ministerpräsidentin Malu Dreyer dieses Thema in ihrer Regierungserklärung im Januar "in die Mitte aller Aufgaben der politischen Verantwortung gerückt" hat. In seinem Referat mit der Überschrift "Ein Blick mit der Bibel auf die Demografie" ging der Kardinal auf die theologische Dimension des demografischen Wandels ein.

Plädoyer für eine Generationensolidarität

Als einen "Grundgedanken der Heiligen Schrift über die Generationensolidarität" benannte er das vierte Gebot des Dekaloges: "Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit du lange lebst in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt (Ex 20,12; Dtn 5,16)". Wörtlich sagte er: "Wir sind im Verständnis dieses Gebotes verunsichert, weil wir dieses Gebot seit langer Zeit vor allem in der Unterordnung der Kinder unter die Eltern deuten und dabei besonders die Aspekte der Autorität und des Gehorsams hervorgehoben haben." Dem ursprünglichen Sinn nach habe sich die Pflicht, Vater und Mutter zu ehren, an die erwachsenen Kinder zur Sicherstellung der Versorgung der alten Eltern gerichtet, erläuterte Lehmann. "Nächst Gott ist jeder seinen Eltern Ehre schuldig, weil er ihnen sein Leben schuldet. Im Grunde geht es hier nicht um das Verhältnis von Kindern zu Eltern, sondern von Erwachsenen zu Alten. Es gab damals keinerlei außerhäusliche Altersversorgung. Die Alten, Kranken und Schwachen waren allein auf die Versorgung durch die Jüngeren angewiesen." Und weiter: "Nach der Bibel ist also das rechte Generationenverhältnis in unserer heutigen Sprache wirklich ein kultureller Grundwert, der wenigstens anfänglich alles andere einbegreift. Die Bibel weiß also um den tiefen irdischen, ja säkularen Gehalt dieser Verheißung. Auch und zuerst unser irdisches Wohlergehen steht auf dem Spiel."

Es sei immer wieder darauf aufmerksam gemacht worden, "in welch hohem Maß der Generationenvertrag im Sinne der Generationensolidarität heute bereits von den ökonomischen Grundlagen her erschüttert wird", sagte der Kardinal. "Es wäre jedoch fatal, wenn die zweifellos tiefgreifende Veränderung der Lebensverhältnisse auch eine Aufkündigung der Generationenzusammengehörigkeit nach sich ziehen würde. Wenn dies geschehen sollte, gibt es keine Solidarität und Verantwortung mehr füreinander, sondern bestenfalls einen perfektionierten Lobbyismus."

Weitergabe von Werten

Der Kardinal ging auch auf die Bedeutung der Weitergabe von Werten an die nächste Generation ein: "Diese Vermittlung mannigfacher Werte an andere Generationen geschieht nicht mechanisch, automatisch oder umsonst." Und weiter: "Es erscheint darum in diesem Lichte als ungewöhnlich, wenn eine Kultur sich von elementaren Prinzipien intergenerationeller Solidarität entfernt. Genau das aber scheint derzeit in vielen westlichen Industriestaaten zu geschehen. Dafür gibt es viele Ursachen. Weder der Markt noch die Demokratie garantieren die Rechte kommender Generationen. Die kommenden Generationen sind auch noch nicht da. Dies ist nicht nur eine selbstverständliche Banalität, sondern hat durchaus auch eine metaphysische Dimension, denn es geht um Verantwortung gegenüber Menschen, die noch gar nicht sind und deren Bedürfnisse wir im Einzelnen noch nicht kennen, die wir aber eben doch als künftige Menschen in einem uneingeschränkten Sinne erwarten."

Ministerpräsidentin Malu Dreyer würdigte die Kirche in Rheinland-Pfalz als "einflussreiche Stimme in der öffentlichen Wahrnehmung". Sie dankte für "den offenen und konstruktiven Dialog" mit der Landesregierung. Dreyer sagte, sie sei froh, dass die katholische und die evangelische Kirche in Fragen der Demografie mit der Landesregierung kooperierten. Die Kirchen hätten "ein großes Potenzial, die Fragen der Gesellschaft im demografischen Wandel gut zu bearbeiten", sagte die Ministerpräsidentin. Sie beglückwünschte Dieter Skala zu seiner neuen Aufgabe. Die Landesregierung freue sich darauf, die langjährige vertrauensvolle und kooperative Zusammenarbeit mit ihm als neuem Leiter des Katholischen Büros fortzusetzen.

Einführung von Dieter Skala als Leiter des Katholischen Büros

Nach seinem Referat stellte Kardinal Lehmann den neuen Leiter des Katholischen Büros Mainz, Ordinariatsdirektor Dieter Skala, vor und überreichte ihm zusammen mit dem Trierer Bischof Stephan Ackermann die Ernennungsurkunde. Er hat zum 1. Oktober die Leitung des Katholischen Büros Mainz, Kommissariat der Bischöfe Rheinland-Pfalz, übernommen. Sein Vorgänger Bernhard Nacke hatte am 1. März 2013 die Aufgabe als Beauftragter der rheinland-pfälzischen Landesregierung für ehrenamtliches Engagement angetreten. Seitdem leitete Skala das Katholische Büro kommissarisch. In seinem Schlusswort dankte Skala den Bischöfen in Rheinland-Pfalz für das entgegengebrachte Vertrauen und würdigte die gute Zusammenarbeit mit der Landesregierung und den staatlichen Stellen.

Dieter Skala wurde 1960 in Rüsselsheim geboren. Nach dem Abitur studierte er ab 1979 Katholische Theologie und Geschichte für das Lehramt an Gymnasien an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Sein Referendariat absolvierte er von 1985 bis 1987 in Kaiserslautern. Es schlossen sich in Frankfurt Tätigkeiten als wissenschaftlicher Museumsangestellter am Historischen Museum der Stadt Frankfurt sowie ein Lehrauftrag an der Frankfurter Johann Wolfgang Goethe-Universität zur Stadtgeschichte an. 1990 wechselte er als Religionslehrer an das Gauß-Gymnasium in Worms. Am 1. September 1997 übernahm er die Aufgabe des Pädagogischen Referenten im Katholischen Büro in Mainz. Zum 1. März 2013 wurde er mit der kommissarischen Leitung des Katholischen Büros betraut. Er ist seit 1983 mit Gabriele Skala verheiratet. Das Paar hat sechs erwachsene Kinder.

200 Gäste aus Politik, Kirche und Verwaltung

Zu der traditionellen Begegnung waren rund 200 Gäste aus Politik, Kirche und Verwaltung gekommen. Neben Ministerpräsidentin Dreyer waren unter anderen die Staatsminister Irene Alt, Carsten Kühl, Jochen Hartloff, Roger Lewentz und Margit Conrad sowie Landtagspräsident Joachim Mertes und Landtagsvizepräsident Heinz-Hermann Schnabel gekommen; außerdem die Fraktionsvorsitzenden des Landtags: Julia Klöckner (CDU), Hendrik Hering (SPD) und Daniel Köbler (Bündnis 90/Die Grünen).

Aus den rheinland-pfälzischen Bistümern waren neben Kardinal Lehmann und Bischof Ackermann unter anderen der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann und der Limburger Generalvikar Wolfgang Rösch gekommen sowie der emeritierte Speyrer Bischof Anton Schlembach. Musikalisch gestaltet wurde der Abend von Johannes Christ (Oboe), Johannes Weiler (Trompete) und Julian Walter (Klavier) vom Mainzer Willigis-Gymnasium unter Leitung von Oberstudienrätin Hannelore Swartman. (Blum/Bistum Mainz)

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