Suchwort eingeben

22.03.2014

Den Geist der Bußfertigkeit bewahren

Ökum. Friedensgottesdienst erinnert an Krieg und Leid

FRANKFURT.- Den „Geist der Bußfertigkeit bewahren“ und immer wieder um Barmherzigkeit ringen, das ist auch 70 Jahre nach den verheerenden Bombenangriffen auf Frankfurt die Verantwortung der Menschen in dieser Stadt. Darauf hat der katholische Stadtdekan von Frankfurt, Johannes zu Eltz, am Samstagabend, 22.März, in einem ökumenischen Friedensgottesdienst in der evangelischen Katharinenkirche hingewiesen. Gemeinsam mit der evangelischen Pröpstin für Rhein-Main, Gabriele Scherle, und dem Kirchendezernenten der Stadt, Uwe Becker, erinnerte er an die Zerstörung der Frankfurter Altstadt vor genau 70 Jahren und den Tod von mehr als 1000 Menschen. 

Stadtdekan zu Eltz erinnerte aber auch daran, dass - während die Bomben der Alliierten auf Frankfurt fielen ? gleichzeitig von deutscher Seite die „Vernichtungswelle im Osten raste und die Kinder Abrahams in Stücke riss“. 1001 Menschen seien in dieser Nacht in Frankfurt umgekommen, Abermillionen andernorts „damals und heute“. Dieser ursächliche Zusammenhang dürfe bei allem Leid niemals vergessen werden.  

Bußfertigkeit meine die Haltung eines Menschen, der mit der eigenen Schuld vertraut sei und wisse, dass ihm Entschuldigungen nicht weiterhelfen: „Vergebung ist Geschenk, kein Recht“, hob zu Eltz hervor, wer bußfertig sei, gebe die Rache aus der Hand und wolle doch nicht, dass Gott Rache nimmt: „nicht weil die Zeit alle Wunden heilte, das tut sie nicht, sondern weil der Mandelzweig doch wieder blühte, weil das Leben nicht verging“, zitierte der Stadtdekan das Lied "Das Zeichen" von Schalom Ben-Chorin von 1942, das die Gemeinde in der Katharinenkirche zuvor gesungen hatte.  

Der jüdische Journalist und Religionswissenschaftler Ben-Chorin, 1913 als Fritz Rosenthal in München geboren, emigrierte 1935 nach Palästina und setzte sich nach dem Zweiten Weltkrieg für den jüdisch-christlichen Dialog und die Überwindung des Antisemitismus ein.  

Sorge um den Frieden heute 

Pröpstin Scherle betonte, der ökumenische Friedensgottesdienst, der seit fünf Jahren unter dem Leitwort „klagen und hoffen“ an die Zerstörung der Altstadt am 22. März 1944 erinnert, wolle nicht nur die Leiden von damals beklagen, er drücke auch die Sorge um Frieden heute aus, gerade auch angesichts der aktuellen Lage in Syrien und der Ukraine. Während des Gottesdienstes, genau um 21.40 Uhr, läuteten die tiefsten Glocken der Frankfurter Innenstadtkirchen und markierten so die Zeit der Bombenangriffe vor genau 70 Jahren.

„Der 22. März steht nicht singulär, sondern im Kontext von unfassbarem Leid, das in der Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges über viele Millionen Menschen in Frankfurt, Deutschland, Europa und der Welt gebracht worden ist“, sagte Kirchendezernent Becker. Deshalb seien im Gedenken an die Opfer des 22. März 1944 und der Bombennächte davor und danach auch all jene Menschen eingeschlossen, die in den Jahren zuvor und den Monaten danach unermessliches Leid und Tod ertragen mussten.  

Mehr als 11.000 Juden, die in Frankfurt lebten und diese Stadt nachhaltig geprägt haben, sind in den Vernichtungslagern der Nationalsozialisten ermordet worden. „Der 22. März steht daher auch im Kontext dieses Schreckens, doch jedes einzelne Schicksal, jedes erfahrene Leid, jedes einzelne Opfer der Bombennächte darf erwarten, dass einzeln getrauert werden darf und auch getrauert wird“, betonte Becker.  

Auch die Stadt selbst hat der Bombenangriff stark verändert. Rund 7.000 Gebäude wurden von den Bomben und den daraus entstehenden Bränden zerstört. Mehr als 12.000 Menschen verloren ihr Zuhause. „Die Narben dieser schrecklichen Nacht prägen auch heute noch das Frankfurter Stadtbild.“ Aber es seien nicht nur die baulichen Narben, sondern vor allem die „zerstörten Leben, zerstörten Familien, zerstörte Zukunft“, die bis heute Verpflichtung blieben, sich jeder Form von Gewalt entgegenzustellen. (dw)

Zum Anfang der Seite springen