05.12.2014
Gegen eine Kultur des Vergessens
KELKHEIM. - Selten sieht man Schüler so fasziniert wie im Gespräch mit Menschen, die von ihren persönlichen Erfahrungen aus einer Zeit berichten, von der die Jüngeren sonst nur im Geschichtsunterricht gehört haben. Ein solches Zeitzeugengespräch hat der Bund der katholischen Jugend (BDKJ) Limburg in Zusammenarbeit mit der Katholischen Fachstelle für Jugendarbeit Taunus (KFJ) jetzt an der Eichendorffschule in Kelkheim organisiert. Rund 120 Schüler der Jahrgangsstufe 12 hatten dabei die Möglichkeit, mit Zeugen aus der Zeit des Dritten Reichs ins Gespräch zu kommen.
Die eingeladenen Gäste konnten dabei von ganz unterschiedlichen Erfahrungen berichten: Einige von ihnen litten als Juden, Sinti oder Roma unter Diskriminierung und Verfolgung bis hin zur Deportation von Familienangehörigen. Einer der Anwesenden vermittelte den Schülern, dass er die nationalsozialistische Propaganda als kleiner Junge nicht kritisch hinterfragt hatte und sich ihr daher nicht entziehen konnte. Im Gegensatz dazu schilderte ein anderer Mann, der den zweiten Weltkrieg als Jugendlicher erlebt hatte, wie er und ein Großteil seiner Lehrer und Mitschüler sich sehr entschieden gegen diese menschenverachtende Propaganda einsetzten. Gebannt verfolgten die Schüler die lebendigen, detaillierten und nicht zuletzt emotionalen Erzählungen, die eine betroffene Stimmung hinterließen.
„Gerade in einer Zeit, in der das Wahlverhalten in einigen europäischen Ländern nach rechts tendiert, ist es wichtig, nicht nur junge Menschen dafür zu sensibilisieren, was undemokratische Regimes anrichten können“, sagt Jugendbildungsreferent Alexander Mack vom BDKJ Limburg, der die Veranstaltung zusammen mit Melanie Zieger von der KFJ Taunus und Geschichte-Lehrer Roland Struwe von der Eichendorffschule vorbereitet hat. Alle Beteiligten waren sich einig, dass die Arbeit mit Zeitzeugen ein wichtiger Bestandteil von schulischer sowie außerschulischer Bildungsarbeit ist und auch weiterhin intensiviert werden soll.
Am 27. Januar des kommenden Jahres jährt sich die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz zum 70. Mal, in dem durch den geplanten Holocaust des nationalsozialistischen deutschen Regimes zwischen 1941 und 1945 über eine Million Menschen ermordet wurden. Eine Studie des Magazins Stern aus dem Jahr 2012 zeigt, dass jeder fünfte junge Mensch in Deutschland nichts mehr mit dem Begriff Auschwitz anfangen kann und nicht ausreichend über die dortigen Geschehnisse informiert ist. Der BDKJ Limburg engagiert sich zusammen mit Kooperationspartnern oder Schulen bereits seit Jahren gegen eine solche Kultur des Vergessens und ermöglicht jungen Menschen die Begegnung und den Austausch mit Zeugen aus dieser Zeit.