19.06.2014
Gott gehört mitten in die Welt
LIMBURG - Fronleichnam ist für Weihbischof Dr. Thomas Löhr das kirchliche Hochfest, das deutlich macht, dass Gott in den Alltag der Menschen gehört und mitten in der Welt ist. "Draußen! Draußen wird Fronleichnam gefeiert. Unter freiem Himmel. Fronleichnam ist Eucharistiefeier und eucharistische Prozession, eucharistische Anbetung und eucharistischer Segen. Und das alles mitten in unserer Stadt", sagte Löhr vor hunderten Gläubigen auf dem Kornmarkt im Herzen der Limburger Altstadt.
Oft, so sagte Löhr in seiner Predigt, werde heute beklagt, dass von Gott in der Gesellschaft keine Spur mehr sei. Es gebe einen Fortschritt ohne Verantwortung, Medizin ohne Ethik, einen Markt ohne Moral oder eine Politik ohne Gewissen. "Wer so klagt, kann heute an Fronleichnam eine andere Erfahrung machen. Und kann kritisch fragen, ob nicht wir Menschen selber Gott so weltlos machen, dass die Welt am Ende gottlos ist", sagte Löhr. Gott dürfe nicht in Kirchen eingesperrt werden, damit er die Kreise der Menschen nicht störe. Jesu Botschaft von der Liebe gehöre unbedingt in die Welt und es genüge eben nicht, sich mit Gerechtigkeit zu begnügen. Wer die Liebe abschaffen wolle, sei dabei den Menschen als Menschen abzuschaffen, so Löhr.
Fronleichnam mache deutlich, dass der Herr, der die Liebe verkündet und verkörpere in der Eucharistie, dem Sakrament der Liebe, unter den Menschen ist. "Jesus zieht mit uns durch unsere Straßen, entlang an den geschmückten Häusern, über unsere malerisch gestalteten Plätze. Er ist bei uns, weil ihm an dieser Stadt liegt", sagte der Weihbischof. Jesus Christus liebe die Stadt und die Menschen, die in ihr wohnen. Diese Liebe müsse auch die Kirche drängen, sich den Menschen zuzuwenden, die in schwerer Krankheit, in Trauer, in Not oder Armut leben.
Löhr erinnerte an die schmerzliche Erfahrung der Diktaturen des vergangenen Jahrhunderts. Damals war der Kirche der Weg in den Alltag der Menschen verwehrt. Abgesehen von den Gottesdiensten in den Kirchen, sei das kirchliche Leben in die Sakristeien verbannt gewesen. Gottesdienst und Gebete im Freien, waren undenkbar. Heute mache die Kirche jedoch oft den Eindruck, bequem, müde und selbstgenügsam geworden zu sein. "Bisweilen scheint es, als sei eine erschöpfte Kirche aufgewacht und habe festgestellt, dass sie alt geworden ist und die Welt sich verändert hat", so Löhr. Die Kirche erfahre die Lebendigkeit und Wachheit des Evangeliums, wenn sie sich hinaus in Schulen und Kindertagesstätten, in Krankenhäuser und Pflegeheimen sowie in Büros und Betriebe, wage. (StS)
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