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03.12.2014

Mut für die Zukunft

Podiumsdiskussion in Bad Homburg zum Stand der Aufarbeitung

BAD HOMBURG. ? Diesmal gebe es sicher weniger Grund zum Streiten als vor einem Jahr, hatte Moderator Meinhard Schmidt-Degenhard bei der Begrüßung vorab festgestellt. Doch ganz so einig waren sich seine Gäste auf dem Podium dann doch nicht. „Ein Jahr Bistum ohne Bischof“ lautete am Dienstag, 2. Dezember, in Bad Homburg das Thema der Runde, die sich in derselben Zusammensetzung bereits im November 2013 mit der damals eskalierten Krise im Bistum Limburg beschäftigt hatte. Während die Teilnehmer gleichermaßen die bereits geschehene Aufarbeitung und ihre Ergebnisse würdigten, wurden die zugrunde liegenden Probleme, die Maßnahmen und der aktuelle Stand durchaus unterschiedlich gewertet.

Herausforderung und Knochenarbeit 

Als Herausforderung und „Knochenarbeit“ bezeichnete Pfarrer Wolfgang Rösch, Ständiger Vertreter des Apostolischen Administrators, den Aufarbeitungsprozess, der einfach noch mehr Zeit brauche. Es gehe darum, mit Menschen guten Willens, die integer seien, etwas zu gestalten, das Liebenswürdigkeit habe, Vertrauen verdiene und es ermögliche, dass die Kirche im Bistum Limburg wieder ihrem eigentlichen  Auftrag nachkommen könne. Angesichts von Erwartungshaltungen, „die durch die Decke schießen“, plädierte er für eine realistischere Einschätzung sowie eine Abkehr vom Schwarz-Weiß-Denken und einer Freund-Feind-Einstellung: Die Wirklichkeit sei differenzierter und Lösungen hätten immer etwas mit Haltung und gelebtem Leben zu tun.

Änderungen im System 

Deutlich wandte sich Rösch gegen die von Britta Baas, Theologin und Redakteurin von Publik Forum, erhobene Forderung nach mehr personellen Konsequenzen. Ein einfacher Austausch von Personen greife zu kurz, sagte Rösch, es gehe stattdessen um Wahrhaftigkeit und Umkehr, zumal sich viele Beteiligte zerrissen fühlten in ihrer Rolle als Opfer und zugleich Mitwirkende. Baas hatte sich verwundert darüber gezeigt, „wie wenig Leute eigentlich zurück getreten sind“ und dies mit einem „starken Beharrungswillen“ innerhalb der katholischen Kirche begründet. Über den personellen „Kollateralschaden“ hinaus müsse es Änderungen im System geben, sagte Baas.

Intensive Gespräche 

„Ohne Loblieder singen zu wollen“, äußerte sich Pfarrer Reinhold Kalteier, Sprecher des ehemaligen Priesterrates, positiv zur Aufarbeitung, die er als besonderes Anliegen von Weihbischof Manfred Grothe bezeichnete. Mit ihm und Pfarrer Rösch gebe es intensive Gespräche darüber, wie es weiter gehen könne. Wichtig sei ihm im Rückblick, dass der Priesterrat schon im Jahre 2010 das kritische Gespräch mit dem damaligen Bischof gesucht habe im Blick auf dessen Leitungsstil. Dieser sollte „als Frage des Systems“ auch im Nachhinein im Fokus der Kritik stehen, nicht nur die Millionen Baukosten, meinte Kalteier.

Aufbruch mit neuem Bischof 

Die Durchhängephase sei noch nicht so ganz überwunden, lautete die Diagnose von Dr. Paul Freiling, Vorsitzender der Bezirksversammlung, der gleichwohl bei den Laien ein neues Selbstbewusstsein festgestellt hat und sich für die Durchführung einer Diözesansynode im Bistum aussprach. Aufbruch sei für ihn mit Personen verbunden, sagte Freiling, der wie Pfarrer Kalteier gerne baldmöglichst einen neuen Bischof hätte, der neue Akzente setzen könne. Kontrovers angesprochen wurde auf dem Podium die Rolle des Frankfurter Stadtdekans Johannes zu Eltz, der von Dr. Freiling als illoyal kritisiert und dessen Mut zum Widerspruch von Pfarrer Kalteier gewürdigt wurde.

Gesunde Streitkultur 

Ob das bereits ein Beitrag zu der „gesunden Streitkultur“ war, die sich Pfarrer Rösch wünscht, konnte das interessierte Publikum selbst entscheiden, aus dem heraus seinerseits der Wunsch nach einer „Auseinandersetzung auf Augenhöhe“ geäußert wurde. Die Qualität des Redens miteinander habe sich bereits deutlich verändert, hatte Rösch festgestellt. Dieser Zustandsbeschreibung stimmte ausdrücklich auch der Moderator zu. Wer habe noch vor einigen Monaten gedacht, so Schmidt-Degenhard, dass ein so offenes  Gespräch mit einem Vertreter der Bistumsleitung möglich sei. Im kleinen Bistum Limburg sei etwas geschehen, meinte er ? und das mache Mut für die Zukunft. (rei)  

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