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05.05.2015

Mit Gleichgesinnten Kirche gestalten

Pfarrgemeinderat St. Ursula: Gute Gründe für ein Engagement

OBERURSEL/STEINBACH ? Die katholische Kirche in Oberursel und Steinbach hat in der Öffentlichkeit eine Stimme  ? ob sie sich gegen einen vierten verkaufsoffenen Sonntag ausspricht, eine Kundgebung gegen Billigtextilien organisiert oder nach den Ereignissen in Paris ein Statement heraus gibt. „Das hätten wir als kleine Gemeinde nicht hinbekommen“, ist sich Marcelline Schmidt vom Hofe (67), Vorsitzende des Pfarrgemeinderates von St. Ursula, sicher. Mehr als drei Jahre ist es her, das sich hier acht Kirchengemeinden als erste im Bistum Limburg zu einer sogenannten Pfarrei neuen Typs zusammengeschlossen haben. Wer heute mit Schmidt vom Hofe und zwei Kolleginnen aus dem  Vorstand spricht, merkt schnell: Sie sind von der Sache wirklich überzeugt. „Wir vernetzen uns als katholische Gemeinde ganz anders“, benennt Dr. Ruth Funk (54) einen der Vorteile und Dr. Margret Koschel (67) resümiert: „ Es wird immer besser.“ 

Keine Strukturdebatten mehr 

Natürlich hat es vorab auch Bedenken gegeben. Auf Informationsveranstaltungen in anderen Bezirken werden sie heute als Gäste mit ihren eigenen anfänglichen Befürchtungen konfrontiert: ob die Gemeinden nicht ihre Identität verlieren und alles anonym wird und verödet. „Es geht nichts verloren“, antworten sie auf diese Sorgen, wobei der Erfolg laut  der PGR-Vorsitzenden auch eine Frage der Einstellung ist: „Wir wollten was Gutes daraus machen.“ Über diese positive Haltung hinaus sei es das Verdienst aller Beteiligten, dass die Pfarreiwerdung funktioniert habe, angefangen bei Pfarrer Andreas Unfried, den damals beteiligten rund 50 Gemeindemitgliedern in den Projektgruppen bis zu den Hauptamtlichen, „mit denen wir heute auf Augenhöhe zusammenarbeiten.“  Für das weitere Gelingen mitentscheidend sei eine bewusste Entscheidung der Ehrenamtlichen gewesen. Ein Jahr nach Einführung der neuen Struktur erfüllten sich die im PGR Engagierten den dringenden Wunsch: „Keine Strukturdebatten mehr und endlich wieder inhaltlich arbeiten!“   

Kirche in Entwicklung 

Es sei eine regelrechte Sehnsucht da gewesen, sich wieder mit dem Glauben zu beschäftigen, Neues zu entwickeln, Projekte anzustoßen, beschreibt Schmidt vom Hofe die Aufbruchstimmung, die sich inzwischen in zahlreichen Aktivitäten widerspiegelt. Weltkirchliche Lebendigkeit, Café Heiliger Geist, Alternative Gemeindeleitung und der Visionsprozess sind nur einige Stichworte für das, was sie in St. Ursula „Kirche in Entwicklung“ nennen. Die Caritasarbeit wurde neu ausgerichtet und ein Netzwerk Familienpastoral gegründet. Neu ist auch das Forum St. Ursula, offen für alle Gemeindemitglieder, in dem gemeinsam Themen diskutiert und Antworten gesucht werden. Dahinter steht ein Anliegen, das den PGR-Mitgliedern sehr am Herzen liegt: „Wir wollen möglichst viele  Gelegenheiten zur Teilhabe schaffen“, sagt  Koschel.  

Über den Kirchturm schauen

Andockstellen bieten für Menschen, die Anschluss suchen, einladend sein, das ist ihnen wichtig: „Kurzfristig reagieren, darauf  hören, was die Leute brauchen, was sie von uns wollen.“, beschreibt Ruth Funk diesen Ansatz. Was das im Blick auf die katholische Kirche in Oberursel und Steinbach ganz konkret ist, das will jetzt eine eigene Projektgruppe herausfinden, die auf großes Interesse stößt. Und die Ergebnisse sollen wieder in die Arbeit des gesamten Pfarrgemeinderates zurückfließen. Dass diese Arbeit insgesamt vielfältiger geworden ist, darin sind sich die drei Frauen einig, das sei auch Konsens im PGR: „Wir drehen uns nicht mehr nur im Kreis und um uns selbst“, sagt die Vorsitzende, „sondern gucken über den Kirchturm hinaus.“ Dazu gehört ganz selbstverständlich die Frage danach, „welche Vision wir überhaupt für unsere Kirche haben“,  so Koschel, ebenso wie das Einbeziehen anderer Orte christlichen Lebens, wie zum Beispiel das Alfred-Delp-Haus, das Hospiz, die Schulen.  

Kommunikation ist alles 

Entgegen aller  Ängste sei das Leben in fast allen Gemeinden vor Ort sogar vitaler geworden, sagt Schmidt vom Hofe. Schwieriger stelle sich die Situation in der Innenstadt dar, wie Ruth Funk kritisch anmerkt, die einen deutlichen Trend hin zur gemeindeübergreifenden Projektarbeit sieht. Positiv beurteilen die drei die Arbeit in den Ortsausschüssen, in denen jeder einfach „mitschaffen“ könne. Hier setzten sich Leute ein,  die ganz unmittelbar vor der Haustür etwas bewegen wollten. „Solange es dort Menschen gibt, die Augen und Ohren haben und Interesse, muss man keine Angst haben“, meint die PGR-Vorsitzende. Nach ihrem Erfolgsrezept gefragt, nennen die drei Ehrenamtlichen sofort die Kommunikation: „Wenn´s knirscht, die Themen gezielt angehen“, auch in der Zusammenarbeit mit den Hauptamtlichen.

Verantwortung übernehmen 

Bei so viel Begeisterung wundert es nicht, dass den drei Ehrenamtlichen auf Anhieb viele Gründe für ein Engagement im Pfarrgemeinderat einfallen. Um mitbestimmen zu können, sagt Ruth Funk: Da sie selbst Mutter sei, sei es ihr wichtig, dass Kinder und Jugendliche vor Ort auch künftig Kirche erlebten. „Christlichen Glauben leben, das geht nur in Gemeinschaft“, ist Marcelline Schmidt vom Hofe auch nach dreißig Jahren Einsatz noch überzeugt: Mit Gleichgesinnten etwas zu gestalten, das mache ihr Freude wie am ersten Tag. „Wenn mir am Leben in der Gemeinde was liegt, muss ich auch Verantwortung übernehmen“, betont Margret Koschel: „Wir können und müssen als Laien mitreden“, schließlich gehe es um nichts weniger als „die Kirche der Zukunft.“ (rei) 

Der Pfarrgemeinderat der Pfarrei St. Ursula besteht aus 16 Mitgliedern (je zwei aus den acht Kirchengemeinden), einem Vertreter der Hauptamtlichen und Pfarrer Andreas Unfried, der zusammen mit vier PGR-Mitgliedern ? vierter im Bunde neben den drei Frauen ist Heinz Leber - den Vorstand bildet. Die Sitzungen alle zwei Monate sind öffentlich, eingeladen werden dazu auch die Vorsitzenden der PGR-Ausschüsse, die Vorsitzenden der Ortsausschüsse und diejenigen, die sich zur Wahl hatten aufstellen lassen, aber nicht gewählt worden waren. Termin der nächsten Sitzung in Liebfrauen ist der 15. Juni.  Weitere Informationen über die Pfarrei unter www. kath-oberursel.de. Im Bistum Limburg sind die nächsten Pfarrgemeinderatswahlen am 7./8. November. 

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