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31.12.2016

Christsein mitten in der Gesellschaft

Bischof Dr. Georg Bätzing predigt zum Jahresabschluss.

FRANKFURT.- Bischof Dr. Georg Bätzing lädt die Christen in Deutschland ein, sich selbstbewusst gegen den Trend der Kirchenkrise und Gottvergessenheit zu stellen. "Zunehmend mehr Menschen bezweifeln, dass Religion für die Entwicklung und den guten Zustand des gesellschaftlichen Gefüges wichtig ist; manche sehen in den Religionen gar den Kern allen Übels und streben die Überwindung dieses längst aus der Zeit gefallenen Reliktes an", sagte der Bischof von Limburg in seiner Predigt zum Jahresabschluss am Samstag, 31. Dezember, im Frankfurter Dom.

Das Bekenntnis zu Gott gehört zur Kirche

Die Kirche sei ein geachteter Gesprächspartner, wenn sie im Bereich der Diakonie und Caritas oder im Erziehungs- und Bildungsbereich als "Bindeglied und Kitt der Gesellschaft" funktioniere. Wo sie aber auf Gott verweise und ihre Kernbotschaft verteidige, schauten viele verschämt an ihr vorbei. Gott dürfe nicht nur da erlaubt sein, wo er sich nützlich mache und die Kirche sei nicht nur dann gut, wenn sie sich sozial engagiere und funktioniere. "Wenn Gott wirklich existiert, wenn Jesus Faktum ist, dann soll der christliche Glaube bitte auch weiter Religion bleiben dürfen: Bekenntnis zu Gott, Freude am Leben mit ihm und am Gottesdienst, Hoffnung in schweren Zeiten, Staunen über den Sinn des Lebens der sich finden lässt und uns gefunden hat", sagte Bätzing. In Zeiten von Kirchenkrise und Gottvergessenheit halte er es für dringlich, dass das Christsein seine religiöse Mitte selbstbewusst lebe und herzeige. In Christus, der Mensch wurde in einem Stall in Bethlehem an Weihnachten, sei das Leben und das Licht der Menschen. Aus dieser Glaubenserfahrung könne der Mensch leben und Gesellschaft gestalten.

Genauigkeit wahren und Unterscheidungsfähigkeit üben

Bischof Bätzing blickte auch auf die Ereignisse der vergangenen zwölf Monate zurück: 2016 sei ein Jahr gewesen mit vielen irritierenden Ereignissen, mit schrecklichen Naturkatastrophen, mit zähen ungerechten Kriegen und vielen unschuldigen Opfern, mit wachsender Irrationalität und Unmutsbekundungen gegen die etablierten politisch Verantwortlichen bei Wahlen. Bei all diesen Entwicklungen ließen sich die Menschen von positiven Meldungen, die es auch in 2016 gab, kaum noch berühren. Statt Hoffnung und Optimismus seien eher Sorgen und Ängste wahrzunehmen. Wenn diese Sicht sich mit dem Blick auf eine angeblich großartige Vergangenheit verbinde, dann verlören Menschen die Sicht auf die Wirklichkeit und es komme zum Ruf nach Abgrenzung, Ausgrenzung und Ablehnung alles Fremden, das überfordernd erlebt werde. "Überforderung, Verunsicherung, Entwicklungen, die Ängste hervorrufen, haben die Tendenz, der eigenen Gefühlslage mehr zu trauen, als den Fakten", so der Bischof. "Postfaktisch", das Wort des Jahres, habe genau diese Bedeutung. Die Welt werde jenseits der Fakten oder gar gegen die Tatsachen gesehen. Mehr und mehr komme es vor, dass Menschen ihre Ansichten als absolut setzen, Zweifel ausblendeten und die gröbsten Vereinfachungen wieder für zulässig hielten. "Ja, auch ich empfinde die Zustände heute ziemlich kompliziert, aber dennoch glaube ich, dass wir Komplexität nicht einfach holzschnittartig vergröbern dürfen. Ganz im Gegenteil müssen wir Genauigkeit wahren und Unterscheidungsfähigkeit üben", so Bätzing.

Alternativer Akzent gegen postfaktischen Überschwang

Der christliche Glaube, gerade auch in der Weihnachtszeit, setze einen alternativen Akzent gegen den Trend zum postfaktischen Überschwang der Emotionen. "Christsein steht und fällt mit dem Glauben an eine Wirklichkeit, die Gott in die Welt gesetzt hat", erklärte der Bischof. Gott sei Mensch geworden. Dies sei der Kern von Weihnachten und nicht bloß eine gefühlte oder geträumte Innenwelt. Es sei ein "Faktum" und damit Wahrheit und Wirklichkeit mitten in der menschlichen Geschichte. Bischof Georg Bätzing sieht darin den größten Schatz und einen unverlierbaren Orientierungspunkt für alles im Leben. "Ich bin überzeugt, dass Jesus uns diesen Platz in der Wirklichkeit zuweist: die Mitte und die Tatsache", sagte Bätzing. (StS)

 

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