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AULHAUSEN, 24.01.2016

Die Kunst im Einfachen

Gottesdienst mit Franz Kamphaus zur Wiedereröffnung der Marien Kirche.

Die Kunst im Einfachen entdecken: Dazu lädt nach den Worten von Bischof em. Franz Kamphaus die komplett sanierte und von sieben Künstlern aus dem Frankfurter Atelier Goldstein gestaltete Marien Kirche in Aulhausen auf dem Gelände des Sankt Vincenzstiftes ein. So genüge zum Beispiel der Engelsflügel auf dem Boden, um all das wach zu rufen, was darin an Beistand, Schutz und Erfahrung der Nähe Gottes ausgesagt sei, sagte  der emeritierte Bischof am Sonntag, 24. Januar, im Gottesdienst zur Wiedereröffnung. Für das ungewöhnliche Projekt, eine ganze Kirche von Künstlern mit Beeinträchtigung gestalten zu lassen, und für das Ergebnis drückte Peter Gorschlüter, stellvertretender Direktor des Museums für Moderne Kunst (Frankfurt), Respekt und Anerkennung aus.

Wir alle stellen das Kreuz dar

Bei der Neugestaltung der aus dem frühen 13. Jahrhundert stammenden Zisterzienserkirche sei mit sparsamen Mitteln der Platz frei gegeben worden für die Kunst des Einfachen, lobte Kamphaus in seiner Predigt. Die einzelnen Arbeiten müssten jede für sich entdeckt werden. Die massive Christusgestalt habe die Arme weit ausgestreckt als wolle sie rufen: „Kommt in meine Arme.“ Der Bildhauer, der dieses Kreuz gestaltet habe, sei als Künstler mit Beeinträchtigung „jemand, der weiß, wovon er spricht“, sagte der frühere Limburger Bischof: Weil er das Kreuz seines Lebens zu tragen habe. „Wir alle stellen das Kreuz wahrhaftig dar.“ Der einfache Raum sammle die Besucher und lade zur Sammlung, er sei ein offener Raum, der aufschließe. „Die Fenster möchten uns öffnen auf eine andere Welt hin.“ Nicht auf die der handfesten Realitäten, mit Tisch und Stuhl und Hocker, sondern auf eine hin, „die uns vom Hocker reißen kann.“

Sieben Jahre lang experimentiert

Vor seiner Predigt war das Thema des Evangeliums, die gute Nachricht für die Armen, von Bewohnern des Sankt Vincenzstiftes szenisch dargestellt worden. „Wie es bei uns üblich ist“, erklärte Kamphaus, der als Seelsorger im Stift lebt und arbeitet. Humorvoll hatte der 83-Jährige die Stehenden in der übervollen Kirche mit dem Hinweis darauf getröstet, dass er selbst ja auch stehen müsse. Im Anschluss an den Gottesdienst dankte Dr. Caspar Söling, Geschäftsführer des Stiftes, dem emeritierten Bischof dafür, dass „wir die Kirche sieben Jahre lang zum Experimentieren nutzen konnten“. Großer Dank kam auch von Christiane Cuticchio, der Leiterin des Ateliers Goldstein, für das enorme Vertrauen, das den Künstlern im Sankt Vincenzstift entgegengebracht worden sei: Das sei einmalig und werde für alle Beteiligte unvergesslich sein.

Intensivität des Unternehmens

Die immense Bandbreite der künstlerischen Ausgestaltung hob Peter Gorschlüter hervor, der die gedankliche Tiefgründigkeit und die faszinierende Farbigkeit der Werke ebenso würdigte wie die Kunstfertigkeit der beteiligten Handwerker. Die Intensität dieses Unternehmens suche ihresgleichen, sagte er. Die Gottesdienstteilnehmer schlossen sich mit stehenden Ovationen diesem besonderen Lob an.

Dass der Abschluss der Arbeiten an der Kirche zugleich ein Anfang sei, hob Pfarrer Kurt Weigel bei der Annahme eines der Schlüssel hervor. Er wird künftig für die Kirche zuständig sein, auch als Pilgerseelsorger für den geplanten Klostersteig, und jeden Sonntagabend um 18 Uhr hier eine Messe feiern. Die Kirche wird jederzeit zugänglich sein. Alle Informationen dazu und zu Veranstaltungen und Terminen unter www.marienkirche-aulhausen.de. (rei)

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