Suchwort eingeben

FRANKFURT, 15.06.2016

Ein Stück Heimat in Frankfurt

Italienische katholische Gemeinde feiert 50. Geburtstag.

Gefeiert wurde der 50. Geburtstag, aber eigentlich ist die Geschichte der italienischsprachigen katholischen Seelsorge in Frankfurt viel älter: Schon 1950, als die ersten italienischen Gastarbeiter an den Main zogen, begann auch die Pionierarbeit italienischer Geistlicher. Am Sonntag, 12. Juni, wurde zwar das offizielle Jubiläum mit einem großen Fest in St. Antonius im Frankfurter Westend gefeiert, aber die Erinnerung an die Anfänge in den 50er Jahren schwang immer mit. 

Mit missionarischem Eifer, so schreibt der Limburger Weihbischof Thomas Löhr in der Festschrift zum 50-jährigen Gemeindejubiläum, führten die italienischen Priester die Gläubigen über mehrere Bistümer hinweg zu Gottesdiensten in italienischer Sprache zusammen und sorgten mit außerordentlichem Einsatz für pastorale und karitative Strukturen. 

Engagierte Seelsorge und Sozialarbeit

Am 1. Juli 1966 zollte der damalige Bischof Wilhelm Kempf diesen Vorarbeiten Respekt und gründete offiziell die „Italienische Katholische Mission Frankfurt“. Engagierte Priester nahmen fortan nicht nur die geistlichen Aufgaben wahr, sondern sorgten auch für die sozialen Bedürfnisse der Gemeindemitglieder, etwa im Blick auf Ausbildung, Arbeit, familiäre Situation, Wohnung oder Integration: „Die intensive Sakramentenkatechese, eine engagierte Jugendarbeit, der bilinguale Kindergarten, die Sorge um kranke und ältere Menschen“ trugen laut Löhr zur fruchtbaren Entfaltung des kirchlichen Lebens bei.

Mittlerweile haben mehr als 9.000 Katholiken italienischer Herkunft ihren Lebensmittelpunkt am Main. Für sie gibt es drei italienische Gemeinden in und um Frankfurt. Die Gemeinde Frankfurt-Mitte, die das Jubiläum ausrichtete, ist im Westend angesiedelt. Wie die Pastoralreferentin der Gemeinde, Schwester Laura Knäbel erzählt, hat sich die Gemeinde in den vergangenen Jahren vielfach gewandelt. Mittlerweile sei auch die anhaltende Migration Realität in der Gemeinschaft. Nachdem die Mitgliedszahlen in den 90er Jahren zunächst sanken, sei jetzt eine anhaltende Steigerung zu beobachten, die ungewohnte Unterschiede mit sich bringe. „Italienische Migranten kommen heute sowohl aus Süd- als auch aus Norditalien und bringen verschiedene kulturelle Kontexte mit“, erklärt Sr. Laura. Es gebe die „Gastakademiker“, die für einige Jahre hier beruflich Station machten, ebenso wie die „Wirtschaftsflüchtlinge“, die sich in Deutschland neue Perspektiven erhofften. Zum Kern gehörten aber immer noch die Migranten der ersten Stunde, Gastarbeiter, die vor 60 Jahren gruppenweise nach Deutschland zogen, weil sie dem Ruf der deutschen Industrie gefolgt waren.  

Gastarbeiter und Gastakademiker

Arbeitsmigration ist nach Beobachtung von Sr. Laura immer noch der Hauptgrund für den Länderwechsel, allerdings nicht mehr so sehr in der Industrie und Gastronomie ? man denke nur an all die Eisdielen und Pizzerien der ersten Stunde ? sondern mehr im Dienstleistungssektor und im akademischen Bereich. Auch heute ist es deshalb eine der vordringlichen sozialen Aufgaben der italienischen Gemeinde, mittellose Landsleute zu unterstützen, etwa mit der Casa San Antonio, einem von der katholischen Stadtkirche und drei muttersprachlichen Gemeinden unterstützten Angebot für Neumigranten aus Südeuropa.

Weihbischof Löhr würdigte dieses Engagement auch in seiner in italienischer Sprache gehaltenen Predigt beim Festgottesdienst am Sonntag: Oft werde heute ? auch in anderen Ländern ? gefragt, ob es überhaupt noch muttersprachlicher Gemeinden bedürfe. Darin komme ein verkürztes Verständnis zum Ausdruck, das früher von den „Gastarbeitern“ sprach und heute die Flüchtlinge sieht. Migration aber sei ein viel umfassenderes Thema, das immer wieder neu zeige, wie sehr die katholische Kirche eine Kirche in vielen Völkern und Nationen, mit vielen Sprachen und Kulturen sei.

In Frankfurt leben etwa 149.000 Katholiken, 46.000 davon sind Katholiken anderer Muttersprache. 24 verschiedene Sprachgemeinden mit sieben verschiedenen liturgischen Riten greifen die Sehnsucht auf, den Glauben in der eigenen Sprache auszudrücken und zu feiern. (dw)

Zum Anfang der Seite springen