FRANKFURT, 30.11.2017
Das religiöse Fundament tut der Gesellschaft gut
Deutschland hat immer von Veränderung und Vielfalt profitiert. Dabei tut der Gesellschaft das religiös fundierte Engagement der vielen Christen gut, die sich für Land und Leute einsetzen. Darauf hat der Bischof von Limburg, Georg Bätzing, am Donnerstag, 30. November, in der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt hingewiesen. Auf Einladung der Katholischen Erwachsenenbildung - Bildungswerk Frankfurt diskutierte der Bischof mit dem hessischen Staatssekretär Kai Klose (Bündnis 90/Die Grünen), der seit Anfang Oktober auch Landesbeauftragter für Integration und Antidiskriminierung in Hessen ist, über die Frage, ob Integration „mit, trotz oder ohne Religion“ gelingen kann.
Beide Gesprächspartner waren sich einig, dass Religion zum Wertefundament auch in einem säkularen Staat in erheblichem Maße beiträgt. Hier komme dem Religionsunterricht in den staatlichen Schulen, auch dem deutschsprachigen Islamunterricht unter staatlicher Aufsicht, eine hohe Bedeutung zu, unterstrich Klose. Für Bischof Bätzing trägt der Religionsunterricht zu einem friedlichen Zusammenleben in der Gesellschaft bei, weil er vor konfessionellem Hintergrund Lebensfragen von Kindern und Jugendlichen aufgreift, die mit einer neutralen Religionskunde nicht zu beantworten wären.
Fundamentalismus ist besorgniserregend
Doch auch wenn der Glaube ein wichtiger Faktor im persönlichen und öffentlichen Leben ist, darf nach Ansicht des Bischofs nicht verkannt werden, dass Religion auch zu extremistischen Verformungen neigt. Der Salafismus, aber auch fundamentalistische Strömungen im Christentum, seien besorgniserregend. Dennoch schätze er die integrative Kraft des Religiösen als weitaus höher ein als die Gefahren. Allerdings müsste gerade auch vom Islam gefordert werden, seine Integrationsbereitschaft unter Beweis zu stellen, sodass es nicht zu Parallelgesellschaften und Ausgrenzung komme, betonte der Bischof, der in der Deutschen Bischofskonferenz für den Dialog zwischen Christentum und Islam zuständig ist. Ernannt worden sei er dazu vor einem Jahr auch, weil die multikulturelle Großstadt Frankfurt, in der Integration relativ gut gelinge, zu seinem Bistum gehöre, sagte Bätzing.
Integration verändert auch die Aufnahmegesellschaft
Bätzing verteidigte die Willkommenskultur, die von vielen christlich geprägten Ehrenamtlichen in den vergangenen zwei Jahren mit großem Einsatz aufgebaut und mit Leben gefüllt worden sei: „Diese Offenheit der Gesellschaft muss da sein, eine Abschottung führt nach innen und außen nur zu Blockaden“, unterstrich er, ohne zu vernachlässigen, dass der Euphorie und Wellen der Hilfsbereitschaft in den ersten Monaten der Flüchtlingskrise ein Stück Ermüdung und eine realistischere Einschätzung der Möglichkeiten gefolgt seien: „Wir merken jetzt, dass Integration auch uns verändert.“
Vielfach herrsche Angst vor dieser Veränderung und Unsicherheit, wenn Orientierung verloren geht. Dabei beginne jetzt die tatsächliche Integration der Geflüchteten: „Die eigentliche Aufgabe liegt noch vor uns“, warnte auch Staatssekretär Klose. Beide Gesprächspartner unterstrichen, dass das Erlernen der deutschen Sprache, Wohnmöglichkeiten, ein Beruf, vor allem aber auch die psychosoziale Stabilisierung vielfach traumatisierter Menschen dabei im Vordergrund stehe. „Keiner kommt einfach so, alle sind aus Not und Bedrängnis nach Europa gekommen“, betonte Bätzing. Er unterstrich die große Kraft gerade der katholischen Kirche, wenn es um Integration gehe. „Die katholische Kirche ist aus sich heraus vielfältig und bunt.“ So leisteten die rund 30 muttersprachlichen katholischen Gemeinden in Frankfurt ungeheuer viel für Geflüchtete, egal ob Christen oder Muslime. (dw)