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OBERURSEL, 02.11.2017

Im Hospiz geht es um das Leben

Einrichtung der Caritas in Oberursel besteht seit fünf Jahren.

Für sie ist der Tod kein Novemberthema: Astrid Piesker, Leiterin des Hospiz St. Barbara, und ihre 30 Mitarbeiter begleiten das ganze Jahr über Menschen, die bald sterben. Dass trotzdem „bei uns das Leben im  Fokus steht“, ist für Piesker kein Widerspruch: „Sterben gehört zum Leben wie Geborenwerden“, sagt sie und wünscht sich für diese Selbstverständlichkeit wieder eine größere Akzeptanz in der Gesellschaft und einen würdevolleren Umgang mit dem Lebensende: Damit einher geht für sie mehr Verständnis für Trauernde ebenso wie das Bemühen um eine gute Abschiedskultur.

Die Verantwortung abgeben 

In den fünf Jahren, in denen das Hospiz besteht, sind in dem hell und freundlich ausgestatteten Gebäude am grünen Rand von Oberursel über 550 Menschen begleitet worden. 28 Tage ist die Verweildauer im Durchschnitt: Einige von ihnen sind nur wenige Stunden vor ihrem Tod eingezogen, andere sogar Monate geblieben. Sie kommen aus dem Hochtaunuskreis und Frankfurt, aber auch aus anderen Bundesländern, wenn vor Ort ihnen nahestehende Menschen wohnen. Hochbetagte sind darunter, aber auch Menschen zu Beginn des Rentenalters und jüngere Schwerstkranke. Ihnen, vor allem aber ihren Angehörigen gemeinsam ist am Anfang die Angst, wie Vera Thöne berichtet. Sie ist für den Sozialdienst zuständig und beruhigt im Erstgespräch Partner, Kinder, Familien: „Sie können jetzt die Verantwortung abgeben und gemeinsame Zeit erleben.“

Noch einmal die Sterne sehen 

Wer ins Hospiz kommt, für den ist das Thema Abschied sehr präsent: „Bei manch einem beginnt es schon bei der Diagnose“, weiß Pflegedienstleiterin Bettina Krellner. Im Haus wird nach ihren Worten das letzte Wegstück gemeinsam mit dem Gast und seinen Angehörigen entlang individueller „Lebensbausteine“ gestaltet. Ein Kreis, der sich hier schließt. Manchmal, nicht immer, gelinge es in diesem Prozess, noch etwas auszusprechen,  „was lange im  Raum stand“. Immer aber gelte der Anspruch, den Gast wahrzunehmen mit seinem ganzen Leben. Zum liebevoll begleiteten Abschiednehmen gehört auch die Erfüllung letzter Wünsche. Ein Ausflug ins Disneyland nach Paris, zu dem eine Mitarbeiterin des Hauses eine todkranke Frau begleitete, ist dabei allerdings die  Ausnahme. Vielfach sind es kleine Dinge: Noch einmal im Bett auf der Terrasse den nächtlichen Sternenhimmel sehen, ein schönes Essen mit einem Glas Wein, ein wohlriechendes Bad oder, wenn all das nicht mehr möglich ist, einfach nur ein Eiswürfel mit gefrorenem Sekt.

Die Dankbarkeit ist unsere Energiequelle 

Die individuelle Persönlichkeit des Gastes steht auch nach seinem Tod im Vordergrund: Er wird nach Wunsch angezogen, „ob Tracht oder Jogginghose“, Rosenblüten liegen auf dem Bett, Fotos werden aufgestellt, vor der Tür brennt eine Kerze und die Angehörigen haben viele Stunden Zeit zum Abschied. Wie viel ihnen die Begleitung in den zurückliegenden Tagen und Wochen bedeutet hat, wird vor allem bei den Gedenkfeiern deutlich, zu denen das Hospiz jährlich einlädt. „Ihre Dankbarkeit ist unsere Energiequelle“, sagt Krellner. Die Emotionalität, die da zu spüren sei, „berührt uns sehr“, bekennt sie.

Seelsorgerische Begleitung 

Das Verhältnis der Pflegenden zu den Gästen ist eng: „Wir lassen sehr viel Nähe zu“, sagt Astrid Piesker. Dafür brauche es neben der nötigen palliativen Zusatzausbildung eine innere Bereitschaft, eine „respektvolle, christliche Haltung mit viel Empathie“. Das Gefühl, dabei mitunter an eine Grenze zu kommen, kennt sie wie alle aus dem Team. Angesichts der großen emotionalen Belastung reiche der intensive gegenseitige Austausch und die monatliche Supervision nicht aus, da herrscht große Einigkeit: „Wir wünschen uns eine seelsorgerische Begleitung“, sagt die Hospizleiterin, einen Ansprechpartner, der für die Mitarbeiter regelmäßig da sei.

Sterbende sind keine Belastung 

Beruflich im Hospiz arbeiten: Das stoße bei den meisten Menschen, die davon hörten, immer noch auf Erschrecken, zumindest auf Befremden. „Dabei sind Sterbende keine Belastung“, sagt Piesker mit Nachdruck. „Wir können von ihnen lernen, einen anderen Blickpunkt auf das eigene Leben zu werfen“ ? und immer wieder Bilanz zu ziehen: „Bin ich noch auf dem Spielplatz, auf dem ich sein will.“ (rei) 

Das Hospiz St. Barbara ist eine Einrichtung des Caritasverbandes. Weitere Informationen finden sich hier.      

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