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LIMBURG, 28.09.2018

Sexuellem Missbrauch entschiedener begegnen

„Die Ergebnisse der MHG-Studie tun weh und gehen einem nahe. Die Zahlen machen das Ausmaß der Wirklichkeit deutlich, der wir uns zu stellen haben", nahm Generalvikar Wolfgang Rösch zur MHG-Studie Stellung.

Die Bischöfe haben zum Abschluss der Herbstvollversammlung am 27. September eine Erklärung zum Thema Missbrauch veröffentlicht und darin konkrete Schritte der Aufarbeitung angekündigt. So wollen die Bischöfe unter anderem für die anstehenden Aufarbeitungsprozesse stärker als bisher den Kontakt zu Betroffenen und externe Fachleute suchen. Neben diözesanen Ansprechpartnern sollen unabhängige, externe Anlaufstellen für Betroffene eingerichtet und ein überdiözesanes Monitoring eingerichtet werden, das die Arbeiten und Fortschritte in den Bistümern überprüft und bewertet.  Darüber hinaus soll das Verfahren zu Leistungen in Anerkennung zugefügten Leids überprüft und weiterentwickelt werden. 

Sie finden die Erklärung der Bischöfe sowie die MHG-Studie hier zum Download.

---------- Es folgt die Originalmeldung vom 25. September 2018 ----------

„Die Ergebnisse der MHG-Studie tun weh und gehen einem nahe. Die Zahlen machen das Ausmaß der Wirklichkeit deutlich, der wir uns zu stellen haben. Die Kirche ist ihrem Anspruch nicht gerecht geworden. Sie hat sich an Menschen schuldig gemacht und ihnen großes Unrecht angetan. Im Bistum Limburg sind wir in der Vergangenheit falsche Wege gegangen, uns diesem Thema wirklich zu stellen. Dafür entschuldige ich mich bei allen Betroffenen. Ich ermutige die Opfer ihr erlittenes Leid zur Sprache zu bringen, damit wir ins Gespräch kommen können.“ Das hat Domkapitular Wolfgang Rösch, Generalvikar des Bischofs von Limburg, am Dienstag, 25. September, in Limburg betont. Mit Blick auf die am selben Tag in Fulda veröffentliche Studie „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ machte Rösch bei einem Mediengespräch in Limburg deutlich, welche Kenntnisse zum sexuellen Missbrauch es im Bistum Limburg gibt, wie die Diözese dem Thema begegnen will und wie mit den Erkenntnissen der Studie weitergearbeitet werden soll.

Opferschutz muss vor Täterschutz stehen

„Die Studie zeigt uns, dass wir aus Sorge um das Ansehen der Kirche die Folgen des Missbrauchs und das Leid der Opfer nicht genug wahrgenommen haben. Dies darf sich nicht wiederholen. Der Schutz der Opfer muss oberste Priorität haben“, stellte Rösch klar. Für ihn ist dies ein wichtiger Punkt, um als Kirche nicht noch mehr Glaubwürdigkeit zu verlieren. Nichts dürfe mehr vertuscht oder verschleiert werden. „Wir brauchen Transparenz und wir brauchen als Kirche Mut, den Weg der Aufarbeitung weiterzugehen und uns den Themen, die direkt oder indirekt im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch stehen, zu stellen“, sagte Rösch. Die Kirche müsse daran arbeiten, sexuellen Missbrauch zu verhindern. „Wir haben hier in den vergangenen Jahren viel gelernt, werden aber noch viel lernen müssen“, so der Generalvikar. Es brauche die offene und ehrliche Auseinandersetzung mit Themen wie Klerikalismus, Macht, Umgang mit Sexualität und dem Zölibat. Die Studie mache beispielsweise deutlich, dass die Verpflichtung zum Zölibat keine alleinige Erklärung für sexuellen Missbrauch an Minderjährigen ist. „Wir müssen uns damit befassen und klären, in welcher Weise der Zölibat für bestimmte Personengruppen in spezifischen Konstellationen ein möglicher Risikofaktor für sexuelle Missbrauchshandlungen sein kann“, sagte Rösch. Sexueller Missbrauch stehe immer im Widerspruch zur Botschaft des Evangeliums. „Gott will das Glück und die Freiheit des Menschen und nicht Unterdrückung, Machtmissbrauch und Gewalt“, so Rösch. Die MHG-Studie werde jetzt im Bistum bekannt gemacht und in den Gremien beraten. Nach den Beratungen sollen Konsequenzen gezogen werden.

Zahlen aus dem Bistum Limburg

Das Bistum Limburg hat Kenntnis von 85 Personen, die von sexualisierter Gewalt durch Priester, Diakone und kirchliche Mitarbeiter betroffen sind. Es sind 60 Prozent männliche und 40 Prozent weibliche Kinder und Jugendliche. Die Betroffenen haben sich entweder beim Bistum gemeldet oder es gab Hinweise in den Akten. „Für die Studie sind insgesamt 627 Personalakten von Priestern, hauptamtlichen Diakonen und Ordensgeistlichen mit Gestellungsvertrag, die zwischen Anfang 2000 und Ende 2015 im Bistum Limburg eine Funktion ausübten oder sich im Ruhestand befanden, untersucht worden“, erklärte Rösch. Bei insgesamt 49 Diözesanpriestern des Bistums Limburg wurden Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs oder sexuell übergriffigen Verhaltens gegenüber Minderjährigen vorgebracht. Vorwürfe gab es zudem gegen zwei Diakone des Bistums, gegen 15 Ordensgeistliche im Bistumsdienst und gegen Priester anderer Diözesen. Mit Blick in die Akten wurden zudem Vorwürfe gegen 21 hauptamtliche pastorale Mitarbeiter, Ordensschwestern, Kirchenmusiker oder sonstige Laien im Kirchendienst laut. Auch gegen fünf Ehrenamtliche wurden Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs erhoben.

Täter sind Priester, Diakone und Laien

Nach Aktenlage liegen gegen 13 Diözesanpriester, gegen einen Diakon und gegen sieben Ordenspriester und gegen zwei Laien begründet Vorkommnisse von sexuellem Missbrauch und sexuell übergriffigem Verhalten vor. Begründet heißt, dass die Taten eingeräumt oder durch staatliche bzw. kirchliche Stellen festgestellt wurden. Bei fünf Priestern des Bistums Limburg liegt ein eingeräumtes übergriffiges Verhalten unterhalb der Strafbarkeitsschwelle vor, beziehungsweise waren die eingeräumten Vorwürfe nach staatlichem Recht verjährt. „Bei den durch Urteil oder durch eigene Aussagen strafrechtlich als Täter bekannten Personen handelt es sich um 20 Priester, einen Diakon und zwei Laien“, fasst Rösch die Aktenlage zusammen. Die dem Bistum bekannten Anschuldigungen reichen bis in die 1940er Jahre zurück. Ein großer Teil der Anschuldigungen bezieht sich auf die 1960er bis 1980er Jahre. „Aus den 1990er Jahren sind nur wenige Anschuldigungen bekannt. Die Anschuldigungen seit der Jahrtausendwende beziehen sich einerseits auf Fälle von Besitz von kinder- und jugendpornografischen Materials durch Geistliche und andererseits auf Vorwürfe sexuellen Missbrauchs gegen Laien im Kirchendienst, die nicht zu einer strafrechtlichen Verurteilung führten“, erklärte Rösch. Auch wenn diese Vergehen unterhalb der Strafbarkeitsschwelle lagen, handle es sich hier um ein Fehlverhalten, das nach den Standards im Bistum nicht akzeptabel ist. Das Bistum ist hier den Leitlinien entsprechend vorgegangen.

Im Bistum Limburg wurden in den vergangenen Jahren immer wieder auch Gespräche mit Betroffenen geführt. Erster Gesprächspartner war hier der Bischöfliche Beauftragte, dem diese Aufgabe nach den Leitlinien zukommt. Auch der Bischof und der Generalvikar haben mit Opfern gesprochen.

Materielle Hilfen in Anerkennung des Leids

Bis Juli 2018 wurden vom Bistum Limburg insgesamt 166.000 Euro materielle Hilfen in Anerkennung des Leids gezahlt. Hinzu kommen 59.000 Euro, die vom Bistum für die Finanzierung von Therapien und sonstigen Hilfen gezahlt wurden. Von diesen Zahlungen wurden 27.500 Euro durch Dritte (andere Bistümer und Ordensgemeinschaften) erstattet. Die höchste Zahlung als Leistung zur Anerkennung des Leids waren 15.000 Euro. Die niedrigste Einzelfall-Leistung lag bei 2.000 Euro. Vom Bistum wurde bislang kein Antrag auf Leistungen in Anerkennung des Leids abgewiesen. Den Betroffenen von sexuellem Missbrauch standen und stehen der Missbrauchsbeauftragte des Bistums, der Bischof und der Generalvikar als Gesprächspartner zur Verfügung.

Das Bistum Limburg hat im Oktober 2010 begonnen, eine systematische Präventionsarbeit in der Diözese zu etablieren. „Besonders wichtig ist uns der stetige und nachhaltige Ausbau einer Kultur der Aufmerksamkeit, des Hinschauens und der Vermeidung von Gefahrenquellen hinsichtlich sexualisierter Gewalt“, sagte Rösch. Es gelte Kindern, Jugendlichen und erwachsenen Schutzbefohlenen sichere Räume zu bieten.

Methodisch hat sich das Bistum Limburg seit Beginn seiner Präventionsarbeit für den Aufbau eines diözesanen Netzwerkes „Prävention vor sexualisierter Gewalt“ entschieden. In der Breite des Bistums gibt es auf der Ebene der Rechtsträger „Geschulte Fachkräfte zur Prävention vor sexualisierter Gewalt“, die vor Ort Sorge für die Belange der Prävention tragen.  

Weitere Informationen zum Thema und zur Präventionsarbeit im Bistum gibt es im Internet unter www.praevention.bistumlimburg.de.

Stephan Schnelle

Pressesprecher

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