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LONDON/LIMBURG, 27.12.2018

Von Limburg ans Royal Opera House

Zwei Jahre London und Birmingham: Für Thomas Jung aus Limburg ist dieser Traum wahr geworden. Auch dank der Unterstützung der Stiftung DEY des Bistums Limburg. Der Dirigent erzählt, warum sich Tänzer und Dirigenten ähnlich sind und was ihn am Ballett fasziniert.

Es ist Weihnachten, das Wohnzimmer festlich geschmückt. Ein Mädchen drückt ihr neues Spielzeug an sich: einen Nussknacker. Dann ertönt Musik und ein Balletttänzer springt grazil in die Luft… Thomas Jung beobachtet diese Szene aus Peter Tschaikowskis „Der Nussknacker“ in einem roten Samtsessel im Londoner Royal Opera House. Er sitzt in der ersten Reihe, vor ihm ein Pult mit Noten, die er während der Ballett-Proben aufmerksam verfolgt. Seit September ist der 34-Jährige Dirigent für das Royal Ballet am Royal Opera House in London, gleichzeitig arbeitet er für die Schwesterkompanie in Birmingham. Jung stammt aus Limburg und ist während seines Musikstudiums in Köln und Cambridge von der Stiftung DEY des Bistums Limburg unterstützt worden. „Als Student bin ich mit dem Zug oft nach London gefahren, um mir am Royal Opera House Ballette und Opern anzuschauen. Ich habe in dieser Zeit wunderbare Aufführungen gesehen. Wenn ich hier jetzt als Mitarbeiter das Haus betrete, muss ich mich ab und zu kneifen.“

Um die Stelle zu bekommen, musste sich Jung einem strengen Auswahlverfahren stellen. Seine Konkurrenten hatten viel mehr Erfahrung mit Ballett als er. Als er die Zusage bekam, wollte er wissen, warum gerade ihm der Vorzug gegeben worden sei. „Wir suchen keinen Ballett-Dirigenten, wir suchen einen Musiker“, lautete die Antwort. Diese Haltung habe ihn sehr gefreut, erzählt der 34-Jährige. Es gebe das Vorurteil, wonach beim Ballett der Tanz auf der Bühne das Bestimmende sei, „aber das ist am Royal Opera House definitiv nicht so“, sagt er. „Das Motto lautet: Music first!“ Bereits wenn er Balletttänzer, die er noch nicht einschätzen könne, zum ersten Mal beobachte, könne eine Einschätzung getroffen werden. „Wenn sich Tänzer schon beim Aufwärmtraining genau im Takt zur Musik bewegen, dann weiß man sofort, dass diese zu den ganz Großen gehören.“

Frog into Clara

„Ballett ist eine neue Welt für mich“, sagt er. Wenn der Ballettmeister zum Beispiel bei Proben eine Szene auf der Bühne wiederholen lasse und den Tänzern sage, es gehe weiter von „frog into Clara“, habe er zunächst nichts verstanden. Mit „frog“ sei eine tänzerische Darstellung gemeint, die an einen Frosch erinnere, und Clara sei der Name einer der Figuren. „Du musst als Dirigent eines Ballettstücks dieses Vokabular kennen und eine Vorstellung von den Inhalten des Stücks haben, dann weißt du auch, wo es in der Partitur weiter geht“, sagt Jung.

Tänzer würden im Idealfall Musik genauso verkörpern wie ein Dirigent, sagt Jung. Im Grunde gebe es drei Sparten für Dirigenten, erklärt er. Das pure Konzert sei sozusagen der „Urkern“, der bei der Oper mit Gesang und Schauspiel und beim Ballett mit Tanz kombiniert werde. Alle Sparten seien sehr reizvoll, aber die Verkörperung von Musik durch Tanz findet Jung besonders spannend. Im Augenblick arbeitet er für den Musikdirektor des Hauses, der den „Nussknacker“ leitet. „Er ist mein Chef, ich unterstütze und vertrete ihn, wenn er verhindert ist“, sagt er.

Vom Schlagzeuger zum Dirigenten

Warum er Dirigent geworden ist? Einen einzigen Schlüsselmoment gab es für ihn nicht, aber trotzdem ein besonderes Erlebnis, erzählt er. „Als kleines Kind war ich einmal mit meinen Eltern bei einem Konzert und ich weiß noch genau, dass ich vom Stab des Dirigenten fasziniert war. Meine Eltern erzählen immer, wie ich anschließend Zuhause mit einem Gesangbuch und einem chinesischen Essstäbchen in der Hand den Dirigenten nachgespielt habe.“ Aber einen Plan, Dirigent zu werden, habe es für ihn nicht gegeben. „Musik hat mich schon immer fasziniert“, sagt er. Im Alter von sechs Jahren fing er an, Schlagzeug zu spielen. „Das ist mein Instrument. Ich wollte aber nie in kleineren Bands spielen, sondern immer im Orchester. Und dort hat mich von Anfang an fasziniert, was ein Dirigent macht.“ Dabei wurde er an der Kreismusikschule Limburg von Musiklehrer Günter Dedy-Stibani unterstützt, der dort das Orchester geleitet „und mir von Anfang an die Möglichkeit gegeben hat, mich als Dirigent auszuprobieren. Dafür bin ich ihm sehr dankbar.“ Später habe er in vielen Jugendorchestern gespielt und immer wieder die Dirigenten angesprochen und gefragt, ob er bei ihnen Unterricht bekommen könne.

Während seines Studiums ist Jung von der Stiftung DEY des Bistums Limburg und der Studienstiftung gefördert worden. Dafür ist er sehr dankbar. „Die Aufnahme in der Stiftung DEY hat für viel Entspannung gesorgt. Damit meine ich nicht nur die finanzielle Unterstützung. Auch der Aspekt der Beratung ist wichtig. Ich selbst bin von Krisen während meines Studiums zum Glück weitgehend verschont geblieben, aber bei einigen Mit-Stipendiaten war das anders. Die Betreuer in der Stiftung helfen dir, wenn du Probleme hast. Und die Aufnahme in der Stiftung ist eine Bestätigung, auf dem richtigen Weg zu sein.“ Außerdem habe ihn die Stiftung dabei unterstützt, im Bistum Konzerte zu geben.

Familie lebt in Deutschland

Jung ist verheiratet und Vater einer zweieinhalbjährigen Tochter. Seine Familie wohnt in Köln, während er in London arbeitet. „Diese Trennung ist schon sehr schwer für uns“, sagt er. „Das geht nur mit einer Ehefrau, die weiß, worauf sie sich bei einem Mann als Dirigenten einlässt, und das auch unterstützt; ich würde schon sagen, fast bedingungslos unterstützt. Anders geht das auch gar nicht.“

Viel freie Zeit bleibt ihm als Dirigent nicht. „Ich muss viele Partituren studieren. Auf meinem Schreibtisch zu Hause liegen gerade vier Stücke: Der Nussknacker, Romeo und Julia, Don Quichote, Die Schöne und das Biest. Das sind acht Stunden Musik, die ich lernen muss. Das beansprucht viel Zeit.“ Ansonsten liebe er die Natur. Vor kurzem sei er mal wieder in Cambridge gewesen, um dort Freunde zu treffen, am Fluss Cam entlang zu spazieren und ein Konzert in der King's College Chapel zu besuchen, in der er auch geheiratet hat. In London hingegen sei es fast unmöglich, die Natur zu genießen. „Ich bin froh, wenn es still ist, und habe das Glück, in einer Seitenstraße zu wohnen, die für Londoner Verhältnisse sehr ruhig ist. Da kann ich sogar morgens die Vögel im Garten zwitschern hören.“

Während seines Studiums ist Thomas Jung unter anderem von der Begabtenförderung des Bistums Limburg, der Stiftung DEY, gefördert worden. Ansprechpartner und Geschäftsführer der kirchlichen Stiftung ist Martin W. Ramb. Die Bewerbungsfrist für eine Aufnahme von Stipendiaten für das Jahr 2019 endet am 31.01.2019.

Wen fördert die Stiftung DEY?

Ramb: Die Stiftung versteht sich als Türöffner. Zum einen fördert sie Stipendiaten – das sind momentan um die 40 – mit einer monatlichen finanziellen Zuwendung sowie ideell. Es können aber auch einzelne Projekte wie zum Beispiel ein Konzert, Musikunterricht, ein Chinesisch-Kurs oder ein Freiwilligendienst nach dem Abitur finanziell unterstützt werden. Wir verstehen uns in erster Linie als Biographie-Förderung. Ein Stipendiat wird nach einem längeren Einzelgespräch aufgenommen und dann begleitet ihn die Stiftung im Idealfall über mehrere Jahre. Auch treffen sich alle Stipendiaten ein Mal im Jahr zu einem Jahrestreffen. Wir beginnen oder beenden unser Treffen immer mit einem Gottesdienst, in dem wir auch den Stiftern gedenken. Im Zentrum des Treffens steht ein Themenschwerpunkt. Dieses Jahr waren wir in Mainz und wurden von der Altstipendiatin, Dr. Anja Lempges, durch die Domschatzkammer und den Dom geführt. Frau Lempges ist dort Wissenschaftliche Mitarbeiterin. 2019 bieten wir erstmal an, an einer Sommerakademie in Salzburg zum Thema „Heimat Europa?“ teilzunehmen. Im Übrigen können sich nicht nur Studierende um eine Förderung bewerben, auch Kinder, Jugendliche, Auszubildende und Studierende aus katholischen Familien sind willkommen. Die Stiftung fördert einkommens- und vermögensunabhängig. Ein Bewerber darf nicht älter sein als 35.

Was muss ein Bewerber mitbringen?

Ramb: Bei der Auswahl schauen wir auf drei Säulen: auf die überdurchschnittliche Begabung, das Engagement und auf den kirchlichen Hintergrund. Als kirchliches Engagement zählt zum Beispiel die Mitarbeit als Pfadfinder, Messdiener, im Hospizwesen, als Lektor oder Kommunionhelfer und vieles mehr. Die Stifter, Joseph und Elisabeth DEY, wollten durch die Gründung einer Stiftung junge Menschen dazu ermutigen, ihre Begabungen und Talente in ihren Berufen zum Wohle aller einzubringen und dadurch Zeugnis für die Botschaft des Evangeliums zu geben. Im Übrigen möchte ich betonen, dass wir niemanden wegen seiner Abiturnote allein fördern: Wir fördern Talente. Aktuelle Stipendiaten studieren beispielsweise Jura, Psychologie oder Musik. Ein bekannter Altstipendiat neben Thomas Jung ist beispielsweise Prof. Dr. Markus Hilgert, er war bis vor kurzem Direktor des Vorderasiatischen Museums im Pergamonmuseum in Berlin und ist zurzeit Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder.

Wie läuft der Bewerbungsprozess ab?

Ramb: Zunächst müssen die Bewerber bis zum 31.01.19 ihre Bewerbung einreichen. Dazu gehören ein Bewerbungsbogen, ein ausführlicher Lebenslauf, eine Zusammenstellung der bisherigen Ausbildungs- und Studienschwerpunkte sowie gegebenenfalls eine Darstellung des Dissertationsvorhabens und Abschlusszeugnisse und Nachweise sonstiger Qualifikationen und Tätigkeiten. Nicht vergessen sollten die Bewerber eine Referenz durch einen Priester oder pastoralen Mitarbeiter. Bewerber, die in die engere Auswahl einbezogen werden, lädt die Stiftung zu einem Gespräch ein. Die endgültige Entscheidung trifft das Kuratorium der Stiftung. Zunächst fördert die Stiftung für ein Jahr. Diese Förderung kann dann jeweils um ein Jahr bis zum Ende des Ausbildungswegs verlängert werden.

Unter www.stiftung-dey.de finden Bewerber weitere Informationen zur Stiftung und den Bewerbungsunterlagen.

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