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LIMBURG, 16.12.2019

Der vergessene Konflikt

Die humanitäre Situation im Limburger Partnerbistum Kumbo ist kritisch. Im Dezember war nun Father Oliver Ndi Shey zu Gast in Limburg.

Die humanitäre Situation im Limburger Partnerbistum Kumbo ist kritisch. Mehr als 530.000 Menschen sind auf der Flucht vor Gewalt und Unterdrückung – ausgelöst durch die jahrelange Auseinandersetzung der frankophonen Regierung und den englischsprachigen Separatisten der „Amba-Boys“ im Nordwesten Kameruns. Im Dezember war nun Father Oliver Ndi Shey aus dem Partnerbistum zu Gast in Limburg und hat unter anderem mit Bischof Georg Bätzing und Winfried Montz, Leiter der Abteilung Weltkirche, über Hilfen gesprochen. Die Kirchenzeitung „Der Sonntag“ hat Father Oliver getroffen und mit ihm über Kidnapping in der Krisenregion gesprochen.

„Die Entführer wissen, dass bei mir kein Geld zu holen ist “, berichtet der 46-jährige Priester. Father Oliver Ndi Shey hält die Fälle der gekidnappten Opfer im anglophonen Konfliktgebiet Kameruns im Blick und kennt Wege wie diese wieder frei verhandelt werden. Im Fall von Kumbos Bischof George Nkuo, der im August von Rebellen verschleppt wurde, gelang die Freilassung innerhalb von fünf Stunden.

Seit drei Jahren sind in Kamerun bewaffnete Konflikte an der Tagesordnung. Es begann damit, dass die französischsprachige Zentralregierung ihre kulturelle Übermacht ausbauen wollte. Der Protest der englischsprachigen Provinzen blieb nicht aus, die Spirale der Gewalt drehte sich immer weiter. Brandschatzung von Häusern und Geiselnahmen sind nur einige der Konsequenzen. Das Militär, aber vor allem die Unabhängigkeitskämpfer „Amba-Boys“ nehmen willkürlich Menschen fest, um Lösegeld zu erpressen.

Father Oliver Ndi Shey skizziert die Vorgehensweise: „Entweder melden sich Zeugen oder die Kidnapper selbst sich im Bischofshaus Kumbo, nennen den Namen des Entführten. Dann wird versucht, sich zu informieren, ob die Nachricht stimmt, wo sich die Person aufhält und welche Umstände zu der Entführung geführt haben.“ Im Fall von Bischof Nkuo war das eine Predigt, in der er offen die Menschenverachtung und die Schulschließungen im englischsprachigen Kamerun angesprochen hatte: „Wir hören unentwegt grausamste Geschichten entführter, gefangener und gefolterter Menschen, für deren Freilassung Lösegeldforderungen artikuliert werden,“ predigte Bischof Nkuo.

„Das ist aber nicht erwünscht und zieht harte Konsequenzen nach sich“, erläutert Father Oliver. „Und das ist auch ein Grund dafür, warum der bewaffnete Konflikt in Kamerun in der Weltöffentlichkeit kaum bekannt ist.“

Es gilt den Entführern zu verdeutlichen, dass ihr Handeln mit dafür verantwortlich ist, dass ihre Kinder seit drei Jahren in keine Schule mehr gehen können, dass Hunderttausende von Menschen auf der Flucht sind, dass die, die es sich leisten können, lieber in den französischsprachigen Teil Kameruns gehen, um dort ihren Kindern eine Ausbildung zu ermöglichen. Bischof George Nkuo beklagte: „Unsere Kinder können in Kumbo nicht zur Schule gehen, die Familien fliehen in andere Landesteile und werden dort ausgenutzt. Ja, es gibt Menschen, auch in der Kirche, die dazu beitragen, dass keine Schulen mehr öffnen. Ich wage zu sagen, die Geschichte wird darüber urteilen, in welcher Weise Sie die Zukunft unserer Kinder opfern.“ Bischof Nkuo kam nach fünf Stunden frei. In der Lesart der „Amba-Boys“ deswegen, weil sie ihn „aus pastoralen Gründen“ in ihr Camp geholt haben.

Winfried Montz, Leiter der Abteilung Weltkirche im Bistum Limburg, bedauert, die Partner in Kamerun nur begrenzt unterstützen zu können. „Wir sollten jedoch nicht unterschätzen, welche Wirkung es hat, wenn wir für sie beten, wenn wir Kontakt halten durch Briefe, durch soziale Medien.“ Gemeinsam mit Misereor sorgt das Bistum für humanitäre Hilfe, die die Caritas Kumbo koordiniert. „Wir stehen in Kontakt mit Politikern, um auf die Dringlichkeit einer Lösung aufmerksam zu machen und drängen auf den in Kamerun erwarteten Beitrag Deutschlands. Und wir informieren die Öffentlichkeit über die Situation in Kamerun, damit es kein vergessener Konflikt bleibt.“ (Der Sonntag - Heike Kaiser)

 

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Der Konflikt in Kamerun

Der seit Dezember 2016 herrschende Konflikt zwischen der französischsprachigen Zentralregierung in Yaoundé und den anglophonen Provinzen im Nord- und Südwesten Kameruns hat sich mittlerweile zu einem Bürgerkrieg entwickelt. Aus dem friedlichen Protest gegen die Unterdrückung entwickelte sich ein gewaltsamer Kampf für die Unabhängigkeit des anglophonen Landesteils als „Ambazonien“. Dieser Kampf zwischen den Separatisten, die als Amba-Fighters bezeichnet werden, und dem kamerunischen Militär dauert nun seit über drei Jahren an. Durch die Gewalt wurden bisher etwa 3.000 Menschen getötet. Mehr als 530.000 Menschen befinden sich auf der Flucht. Die Lebensbedingungen der Binnenflüchtlinge sind sehr schlecht. Fehlende Lebensmittel, unzureichende Sanitäranlagen und klimatische Veränderungen auf der Flucht führen zu gesundheitlichen Problemen. Seit Beginn des Konflikts sind die Schulen geschlossen, Verwaltung und Justiz sind mittlerweile zusammengebrochen. Um den Binnenflüchtlingen, aber auch anderen Betroffenen zu helfen, ist im Dezember 2018 ein Hilfsprojekt der Caritas Kumbo angelaufen, das nun bis Juli 2020 verlängert wurde. Ziel des Projektes ist, die Lebenssituation der Menschen zu verbessern und damit eine stabile Gemeinschaft als Grundlage für die Beendigung des Konflikts zu schaffen. (clm/Weltkirche) 

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